Oberfollmühle in EicherscheidEhemaliges Hotel soll Therapiezentrum für Kinder werden
Eicherscheid/Bad Münstereifel – Die Aufregung im Ort ist groß, die Anwohner sind verunsichert. Es hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass es einen potenziellen Käufer für das ehemalige Hotel Oberfollmühle in Eicherscheid gibt. Und dann kochte die Gerüchteküche: Man munkelte, dass dort demnächst straffällig gewordene Jugendliche therapiert werden.
„Das ist nicht der Fall. Wir reden über eine Einrichtung mit maximal 14 Kindern im Alter von sechs bis 14 Jahren, die keineswegs straffällig geworden sind. Das wäre auch unmöglich, weil sie noch minderjährig sind“, erklärte Dr. Manfred Jöbgen auf Anfrage. Der Golbacher ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Erziehungshilfe gGmbh – Institut für pädagogische Diagnostik aus Siegburg. Er plant in Eicherscheid ein therapeutisch-pädagogisches Zentrum.
Seit 2016 stand das Gebäude zum Verkauf
Die Oberfollmühle mit ihren 25 Zimmern wurde bereits 2016 von einem Kölner Makler für 725.000 Euro zum Verkauf angeboten. Seitdem war es ruhig um das Gästehaus geworden, das 1978 eröffnet wurde. Jöbgen bestätigte, dass er großes Interesse daran habe, das Hotel zu erwerben. Gekauft habe er die Immobilie allerdings noch nicht. Eine erste Hürde hat die Siegburger Erziehungshilfe jetzt genommen. Der Bad Münstereifeler Stadtentwicklungsausschuss gab grünes Licht für die Bauvoranfrage zur Nutzungsänderung.
„Es gab aus planungsrechtlicher Sicht keinerlei Einwände gegen das Vorhaben“, sagte Stadtsprecherin Marita Hochgürtel am Mittwoch auf Anfrage. Daher sei das Einvernehmen erteilt worden. Über den Antrag entscheide nun das zuständige Kreisbauamt in Euskirchen.
Eicherscheider zeigten sich besorgt
Zur Sitzung waren auch einige Eicherscheider gekommen, die Bauchschmerzen wegen des therapeutisch-pädagogischen Zentrums haben. Die Sitzung wurde unterbrochen, damit sich die Besucher äußern konnten. Sie wünschen sich, dass der Investor ihnen das Vorhaben erläutert. „Da spricht überhaupt nichts gegen“, sagte Jöbgen. Er wisse, dass im Ort die Gerüchteküche brodelt.
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Doch wie ist die Eicherscheider Immobilie ins Visier von Jöbgen gerückt? „Das war purer Zufall. Ein Kollege, der in der Nähe von Bad Münstereifel wohnt, hat uns den Tipp gegeben“, so der Geschäftsführer. Die Eifel sei nicht nur seine Heimat, sondern auch ein Schwerpunkt der Wirtschaftsbetriebe des Siegburger Unternehmens (siehe auch „Gästehäuser“).
Es könnte noch in diesem Jahr losgehen
Wenn alles rund läuft, könnten im ehemaligen Hotel schon in diesem Jahr Kinder therapiert werden, die laut Jöbgen aus gescheiterten Familien, Pflegefamilien oder Kinderheimen kommen: „Wenn es in den Familien nicht funktioniert, werden die Kinder von Einrichtung zu Einrichtung geschickt. Das ist kontraproduktiv. Wir stoppen diesen Verschiebe-Bahnhof und behandeln ihre Traumatisierung mit der für sie geeigneten Therapie.“ Dabei würden auch die Eltern eingebunden.
Ein hoher Personalstand sei unerlässlich. Pro Kind seien rechnerisch 1,5 Betreuer und Therapeuten notwendig. Einen größeren Umbau der Oberfollmühle hält der 63-Jährige für nicht notwendig. Lediglich einige kleinere Umbauten im Innern des Hotels seien geplant. Jöbgen kann sich vorstellen, die drei Garagen auf dem Gelände der einstigen Herberge abzureißen und dort eine Bewegungshalle zu errichten. Die könnte von den Kindern, aber auch von ortsansässigen Vereinen genutzt werden: „Das ist unser Prinzip, weil wir inklusiv arbeiten.“
Gästehäuser
Nach Angaben der Erziehungshilfe gGmbH – Institut für pädagogische Diagnostik mit Sitz in Siegburg stehen für die Kinder- und Jugendhilfe zunehmend weniger Mittel zur Verfügung. Daher habe man die Konsequenzen gezogen und Wirtschaftsbetriebe gegründet, um mit den daraus erzielten Einnahmen die gekürzten Mittel kompensieren zu können.
Dazu wurde laut Homepage die Gästehaus-Nordeifel gegründet, die eine Tochtergesellschaft der Erziehungshilfe mit ihren 80 Mitarbeitern ist. Die Erträge des Tochterunternehmens kommen nach Angaben der gGmbH uneingeschränkt der gemeinnützigen Arbeit zugute.
Die Gäste-, Ferien- und Seminarhäuser betreibt die Tochtergesellschaft im Kreis Euskirchen. So etwa das Freizeithaus in Hollerath, das vor allem für Jugendgruppen konzipiert wurde. Hinzu kommen das Gästehaus Wahlen, das Ferienhaus Golbach und der Heinrichshof in Blankenheim. In den Häusern sollen nach Angaben des Unternehmens Ausbildungsplätze in den Bereichen Bürokommunikation, Marketing, Tourismus, Landwirtschaft und Pensions-Pferdehaltung entstehen. (pws)
In den Sitzungsunterlagen zum Stadtentwicklungsausschuss ist zu lesen, dass sich im therapeutisch-pädagogischen Zentrum Kinder von den negativen Erfahrungen, die sie etwa in ihren Familien gemacht haben, erholen können. Ein Ziel der Therapie sei die Rückführungsoption der Kinder in die Familien. Sollte das nicht klappen, wären therapeutische Wohngemeinschaften eine weitere Variante.