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B 51-Baustelle„Man kann nicht den Verkehr einer Autobahn durch Berk schicken“

Lesezeit 6 Minuten

Zwei Bushaltestellen und am Ende eine schlecht einsehbare Kurve: Die Ortsdurchfahrt in Berk soll Umleitungsstrecke für eine Baustelle auf der B51 werden. Im Ort wollen viele das verhindern.

Blankenheim/Dahlem – Dauerbaustelle B51: Zwischen Schmidtheim und Dahlem wird die viel befahrene Straße im kommenden Frühjahr erneut in eine Fahrtrichtung gesperrt. Das sorgt schon jetzt für Ärger. Denn dann soll eine Umleitung mitten durch Berk führen. Anwohner machen dagegen mobil.

Was sind die Probleme auf der B51?

Belastung und Wetter. „Die B51 ist für Straßenbauer eben immer ein Vergnügen.“ Andreas Groß, seit 31 Jahren beim Landesbetrieb Straßen.NRW beziehungsweise der Vorgängerbehörde, dem Straßenbauamt, rutscht der leicht ironische Seufzer eigentlich nur so heraus. Aber wenn es doch stimmt? Die B51 zwischen dem derzeitigen Autobahnende der A1 und der Grenze zwischen NRW und Rheinland-Pfalz an der Brücke über die Kyll bei Baasem ist für Groß ein Dauerthema. Die Straße sei ja schon aufgrund der Höhe über Null stärkeren Belastungen unterworfen.

„Es gibt im Winter viele Frost-Tau-Intervalle“, sagt Groß. Das erhöhe den Verschleiß. In der Folge müsse etwa alle zehn Jahre die Bundesstraße in Teilbereichen sogar grunderneuert werden. Dann reichten die Flickarbeiten an Trag- und Bindeschicht aus den Jahren davor nicht mehr aus. Auf der viel befahrenen Route müsse der darunter liegende Asphalt erneuert werden.

Was wurde bislang an der Baustelle getan?

Genau das ist gerade das Problem im Abschnitt zwischen Dahlem und Baasem, genauer sogar nur auf der Hälfte dieser Strecke. Zwei Bauabschnitte sind für die Grunderneuerung geplant. Der zweite in Fahrtrichtung Köln wurde vorgezogen und ist in wenigen Tagen fertig. Die B51 wurde deshalb auf die Gegenfahrbahn in Richtung A1 geführt. Der Verkehr in Richtung Trier nutzte eine Einbahnstraßen-Umleitung ab der Abbiegung nach Schmidtheim und durch das Gewerbegebiet oberhalb des Ortes. Nun folgt die Winterpause.

Die Rampen nach Blankenheim

Für 6,7 Millionen Euro wurde gerade der Verkehrsknoten Blankenheim an der Einmündung der B258 in die B51 komplett umgebaut. Zwei „holländische Rampen“, die selbst auf dem hier beengten Platz noch gebaut werden können, sind die neuen Abfahrten. Eine Million Euro kostete alleine die neue Brücke, die über die vier Meter tiefer gelegte B51 führt.

Die Ausfahrtrampen verlaufen parallel zur B51 hoch zur Brücke, im rechten Winkel führt die Straße dann Richtung Blankenheim und Gewerbegebiet Am Mürel. Ein neuer Kreisverkehr ordnet dort den Verkehr. Zwei Abbiegungen finanzierte die Gemeinde Blankenheim mit 900000 Euro, es sind Gemeindestraßen.

Eine kurze Umleitungsstraße wurde für die Dauer der Baustelle zwischen April und Oktober oberhalb der Tankstelle gebaut. Sie wird nicht zurückgebaut. Sie soll weitere Lkw-Stellplätze hinter der Tankstelle und eine mögliche Erweiterung des Gewerbegebietes anbinden.

Was kommt im Frühjahr auf die Autofahrer zu?

Je nach Witterung wird es im kommenden Jahr ab dem 1. März und bis Ende April haarig: Dann geht es in Gegenrichtung weiter. Der Verkehr Richtung Trier nutzt dann die Gegenfahrbahn, folgerichtig muss dann der Verkehr aus dem Süden und zur A1 umgeleitet werden. Ab der Abfahrt Kronenburg soll alles erst über die B421 nach Kronenburg, am See vorbei, dann über die L17 durch Berk, zum Kreisverkehr oberhalb von Neuhaus und von dort durch den Wald zurück zur B51 bei Dahlem geführt werden.

Das ist diejenige von zwei Varianten, die bei der Abstimmung zwischen Straßen.NRW, Gemeinde Dahlem, dem Straßenbauamt des Kreises, den ÖPNV-Trägern, Polizei und Rettungsdienst gewählt wurde. Eine Alternative durch Dahlem wurde verworfen: Verglichen mit den Belastungen für die Anwohner dort seien sie in Berk geringer, so Andreas Groß. Zudem sei die in Berk für die Umleitung benötigte Schleidener Straße in besserem Zustand als die Trierer und Kölner Straße in Dahlem. Baustelle und Umleitungsstrecke sollen rechtzeitig online gestellt werden, um die Autofahrer zu informieren.

Wie reagieren die Anwohner auf die Pläne?

Das ist allerdings nicht im Sinne zahlreicher Anwohner im 380-Einwohner-Ort Berk, die sich seit Mitte Oktober mit ihrem Protest an Ortsbürgermeister Manfred Braun wenden. Der hat den Widerstand ernst genommen und am 16. November einen Brief an Gerhard Decker, Leiter von Straßen.NRW in Euskirchen, geschrieben. Darin fordert Braun, dass es „eine andere, für uns alle erträglichere Lösung geben muss“. Die Gründe: Zum einen die schiere Masse des erwartbaren Verkehrs, der dann durch den Ort rollen würde – nahezu 24 Stunden am Tag. Sorgen bereiten vor allem die Lkw.

Manfred Braun, Ortsbürgermeister in Berk sagt: „Man kann nicht den Verkehr einer Autobahn durch Berk schicken.“

Was genau sind ihre Befürchtungen?

Aktuelle Verkehrszählungen durch Straßen.NRW bestätigen Brauns Befürchtungen: Demnach sind auf der B51 – wenn auch in Höhe des Verkehrsknotens von Blankenheim gemessen – 17300 Fahrzeuge pro Tag unterwegs, davon 3000 Lkw. Im unteren Bereich der B51 auf NRW-Gebiet, also in Höhe von Baasem und Dahlem, seien es zwar 3000 Fahrzeuge weniger, so Andreas Groß. Aber: „Die Tendenz speziell beim Lkw-Verkehr ist leider immer noch steigend.“

„Man kann nicht den Verkehr einer Autobahn durch Berk schicken“, empört sich Ortsbürgermeister Braun. Er steht gerade an einer der beiden Bushaltestellen im Ort. Wenn jetzt Mitte März 2021 wäre, die Umleitung eingerichtet sei und die Schulkinder zum Schulbus eilten? Wenn aus einer der einmündenden, kleinen Ortsstraßen ein Anwohner mit seinem Auto einfahren wolle? Wenn Senioren mit Rollator die Hauptstraße überqueren wollten?

Er will gar nicht an die Gefahren denken. Kurzum meint Braun – auch mit Blick auf die erwartbare hohe Lärmbelästigung für die Anwohner: „Das geht so nicht!“ Groß und auch die Gemeinde Dahlem verstehen die Verunsicherung. Ein zweiter Infotermin für die Anwohner entlang der geplanten Umleitung ist geplant, steht aber noch nicht fest. Dafür ist die B51-Umleitung am 15. Dezember erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderates.

Gibt es Alternativen zu der Umleitung?

„Wir müssen unsere Straßen in Schuss halten, und es gibt eben keine Baustelle ohne Ärger bei den Umleitungen“, betont Andreas Groß. Was wäre denn eine Alternative? Die Variante durch Dahlem wurde abgelehnt.„Eine Ampelschaltung führt sofort zu einem kilometerlangen Rückstau“ (Groß). Die früher übliche Insellösung – an der Baustelle wird der Verkehr vorbeigeführt – sei mangels Platz aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen verboten, so der Straßenbauer.

Andreas Groß von Straßen.NRW sagt: „Wir müssen unsere Straßen in Schuss halten, und es gibt eben keine Baustelle ohne Ärger bei den Umleitungen."

Was soll für die Berker getan werden?

In Berk selbst soll – wenn es bei der geplanten Umleitung bleibt – in den absehbaren, kritischen Wochen im März und April nächsten Jahres die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h herabgesetzt werden. Und es könnten schützende Absperrungen zwischen die stellenweise schmalen Fußgängerwege und die Straße aufgestellt werden. Ob das reichen wird?

Was machen Ortskundige und Navis?

Was er wie Berks Ortsbürgermeister nun genauso fürchtet, ist der Schleichwegverkehr über enge Kreisstraßen oder schlimmstenfalls die Wirtschaftswege, die für die Tonnagen Tausender Lkw nicht gebaut sind und zudem oft zu enge Radien aufweisen.

Was tun, um Schlupflochfinder zu stopfen? Man werde an von der ausgeschilderten Umleitung abgehenden Abkürzungen Einfahrt-Verboten-Schilder aufstellen, die nur Anliegern die Durchfahrt erlauben, so Groß. Dass das vielleicht nicht reichen wird, sei ihm klar. Und, so Groß: „Unser größtes Problem sind die Navis. Bei der Voreinstellung ,kürzeste Route wählen’ werden die Autofahrer bei Google Maps sogar über Radwege geschickt.“ Das funktioniere, so Groß, dank eines lernenden Algorithmus: Fahren genügend Ortskundige die schnelle, aber verbotene Strecke, merke sich die Software über die Standortbestimmung des Smartphones die Route und empfehle sie schließlich allen.

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Und was kommt noch auf die Anwohner zu?

Leider ist das noch nicht alles, was auf Anwohner von Durchgangsstraßen in der Gemeinde Dahlem im kommenden Jahr zukommen dürfte: Im Frühjahr 2021 muss „zweimal für zwei Wochen“, so Andreas Groß von Straßen.NRW, zwischen Dahlem und Schmidtheim die B51 komplett gesperrt werden. Die Brücke über die Eisenbahntrasse oberhalb von Dahlem muss ertüchtigt werden. Und das, so der Straßenbauer, „geht nur, wenn die Baustelle absolut erschütterungsfrei ist.“