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UpcyclingAus alter Trafostation wird Freilingens erster Artenschutzturm

Lesezeit 3 Minuten
Artenschutzturm

Bunter Turm: Der „Flivöt“-Artenschutzturm in Freilingen mit 15 Nistkästen war im vergangenen Frühjahr schon „belegt“.

Blankenheim-Freilingen – Selbst in Freilingen nimmt die Zahl natürlicher Nist- und Brutmöglichkeiten für Meisen, Mauersegler oder Fledermäuse ab. Und wie andernorts, etwa mit dem Projekt „Schwalbenfreundliches Haus“, ist die Biologische Station Euskirchen dankbar, wenn sich im Dorf Idealisten finden, die etwas dagegen tun wollen. So wie es in Freilingen der Fall ist.

Trafoturm der e-regio Netz GmbH stand ungenutzt leer

Dort stand – seit der Verlegung der Stromleitungen unter den Asphalt im Zusammenhang mit der Sanierung der Kreisstraße – der alte Trafoturm der e-regio Netz GmbH ungenutzt leer. Ein acht Meter hohes „Industriedenkmal in Freilingen“, so Simone Böhm, Vorsitzende des Vereinskartells Freilingen. Doch was mit dem Gemäuer an der Industriestraße – so heißt sie wirklich – tun?

Ein Artenschutzturm soll es werden! Die Idee sei Mitgliedern des Vereinskartells schlicht beim Wandern gekommen, als sie andernorts vergleichbare Gebäude mit entsprechenden „Neunutzungen“ sahen, so Simone Böhm. Das war 2020.

Artenschutzturm-Giefer-Bichler-Böhm

Freuen sich über die gute Lösung für den alten Trafoturm: Malermeister Franz-Josef Giefer (v.l.), Anwohner Sascha Bichler  und Vereinskartellvorsitzende Simone Böhm.

Bis zum Frühjahr dieses Jahres dauerte es dann, bis aus der Idee Realität wurde. Da waren 90 Prozent der rund 1700 Euro hohen Kosten für den ohnehin nötigen Neuanstrich des Turms dank einer 90-prozentigen Förderung durch die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt gedeckt. Zuvor hatte das Ehepaar Bichler, auf dessen Grund und Boden der Turm steht, dem Stromversorger das Gemäuer zu einem symbolischen Preis abgekauft und so vor dem Abriss gerettet. Man wolle, wenn er schon stehen bleibe, wenigstens „was Schönes beim Blick aus dem Fenster sehen“, begrüßt Sascha Bichler die Malaktion.

Franz-Josef Giefer verwandelte Trafoturm in Traumlandschaft

Die war wiederum Sache von Freilingens ehemaligem Ortsvorsteher Franz-Josef Giefer, seines Zeichens Malermeister, der schon den Trafo am Freilinger Marienplatz in eine Traumlandschaft verwandelt hatte, die aussieht wie am Freilinger See. Er besorgte den Grundanstrich am Trafoturm, strich auch die alten Stromanschlüsse neu, die erhalten bleiben, und fertigte Gemälde wie eine Baumsilhouette in größerer Höhe. Weiter unten machten sich Freilinger Kinder unter Anleitung von Judith Maur, aktuell Freilingens Ortsvorsteherin, an die Arbeit und malten Blätter, Blüten und Wolken. Demnächst folgen Insekten und mehr auf dem Putz.

Damit war der Artenschutzturm, der aus rechtlichen Gründen den flotten Namen „Flivöt“ erhalten hat, was für „Fledermäuse Insekten Vögel Turm“ steht, fertig. Fehlten nur noch die Kästen, für die er jetzt gedacht ist. Jennifer Thelen von der Biologischen Station Euskirchen wusste Rat. Über die Station konnten die Freilinger Ehrenamtlichen Nist- und Brutkästen für Mauersegler, Meisen, Spatzen, Schwalben und Fledermäuse bekommen, 15 insgesamt.

Meisenkästen, Sperlingskästen und Schwalbennester

Wo welche davon anzubringen sind, das weiß wiederum Andreas Schröder aus Nitterscheid, dessen Expertise den Freilingern über den Nabu vermittelt wurde. Schröder hat schon den Artenschutzturm in Mutscheid eingerichtet. Grundsätzlich seien nur die östliche und südöstliche Turmseite, also die im Halbschatten, geeignet, damit sich die Nistkästen tagsüber nicht zu sehr aufheizen, so sein Tipp. Speziell für Mauersegler ist zudem eine Mindesthöhe von fünf Metern zu empfehlen. Spatzen leben gerne eng zusammen, daher hängen ihre Nistkästen im Block.

An der südöstlichen Turmseite hängen so von unten nach oben Meisenkästen, Sperlingskästen und Schwalbennester, letztere direkt unter der neu gestrichenen verschieferten Attika. Eine Ecke weiter, auf der östlichen Seite, haben Mauersegler und Fledermäuse die Option sich einzurichten. Letztere können sogar aus verschiedenen, mit „Batman“-Logo verzierten Designs „wählen“.

Nistkästen schon nach wenigen Tagen belegt

„Es hat nicht lange gedauert, nach wenigen Tagen waren schon erste Nistkästen belegt“, freut sich Anwohner Sascha Bichler, der die im vergangenen Frühjahr angebrachten Kästen regelmäßig beobachtet. Und Nachbar Giuseppe Ansalone meint nur: „Das ist der schönste Turm von Freilingen!“

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Der „Flivöt“ wird in den kommenden Wochen noch komplettiert um ein in der ehemaligen Türnische eingesetztes „Insektenhotel“ und eine Informationstafel an der Wand. Dem Turm gegenüber wäre auch das geeignete Nahrungshabitat für Meise, Schwalbe & Co.: eine wilde Wiese. Das Vereinskartell hofft, dass der Besitzer sie genau so lässt, wie sie ist.