Trotz Krisen„Das Handwerk hat immer noch goldenen Boden“
Kreis Euskirchen – Er weiß ja selbst, dass es nicht gerade originell ist. Doch befragt nach seinem Fazit nach 37 Jahren als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, sagt Uwe Günther: „Handwerk hat goldenen Boden.“ Das mag angesichts der Krisen wie das Pfeifen im Walde klingen, doch Günther ist davon überzeugt.
„Betriebe, die die Nachfolge geregelt bekommen, haben gute Aussichten.“ Das Handwerk werde immer gebraucht: „Sie montieren die Energiewende“, nennt er ein Beispiel für die Arbeitsfelder der Zukunft. Computer könnten ja vieles – Steine aufeinanderlegen, Dächer decken oder Fliesen legen könnten sie aber noch nicht.
Seit 1976 arbeitete Uwe Günther für die Kreishandwerkerschaft
Uwe Günther sitzt am Schreibtisch, eigentlich ist er seit 1. Oktober „Rentner in Probezeit“, wie er sagt. Nicht, dass er nicht loslassen könne, doch viele wollten Abschied nehmen – und so bleiben viele Mails noch unbeantwortet.
Seit 1976 arbeitete Günther für die Interessensvertretung der Handwerker: seit 1985 als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, bis 2005 im Kreis Euskirchen, nach der Fusion 2005 zusätzlich für die Mitglieder im Kreis Düren, bevor in diesem Jahr noch der Kreis Heinsberg dazukam.
Sinkende Mitgliederzahlen hätten die Fusionen nötig, digitale Arbeitsabläufe sie möglich gemacht. Derzeit betreuen die 29 Beschäftigten der Kreishandwerkerschaft Rureifel 2200 Unternehmen vom Selfkant bis Losheim. „Bei uns sind die Mitglieder ja freiwillig“, macht Günther den Unterschied zu Handwerkskammer und IHK deutlich.
Große Solidarität nach der Flutkatastrophe beiendruckt Uwe Günther immer noch
Da sei man den Mitgliedsbetrieben, die je nach Größe zwischen 250 und 12.000 Euro Jahresbeitrag zahlen, natürlich im besonderen Maße Rechenschaft schuldig. So zählt Günther es zu den schönen Erfahrungen, dass die zunächst befürchtete Austrittswelle nach der Flutkatastrophe nicht eingetreten ist.
800 der 2200 Betriebe seien von der Flut betroffen gewesen, einige könnten heute noch nicht produzieren. Doch statt Abkehr wurde der seit Jahren anhaltende Negativtrend sogar unterbrochen. „Es war einfach schön zu sehen, wie das Handwerk in der Krise zusammenrückt“, sagt der Kreuzweingartener.
Fachkräftemangel wird wohl noch weitere zehn Jahre ein Thema bleiben
Und berichtet von der großen Hilfe von Betrieben aus ganz Deutschland. Weniger schön seien die Erinnerungen an Pleiten und hohe Arbeitslosenzahlen in den 1980ern, als einige Bauunternehmen auch im Kreis Euskirchen die Segel streichen mussten. Froh sei er wiederum, dass der Meisterbrief inzwischen in der Politik wieder den Stellenwert habe, der ihm gebühre.
Qualität sei schließlich das wichtigste Kriterium fürs Handwerk. Herausforderungen habe es viele gegeben, die meisten wurden gemeistert. Ein Problem begleitete Günther aber durch viele Jahre: der Fachkräftemangel.
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„Das wird uns sicher auch noch zehn Jahre begleiten“, so Günther, der mit Verweis auf die Bevölkerungsexperten darauf setzt, dass ab 2033/34 wieder mehr junge Menschen in den Arbeitsmarkt kommen. Das beobachtet der 64-Jährige, der sich auf mehr Zeit mit der Familie, für Reisen und im Garten freut, mit mehr Distanz – wenn er denn mal die letzte Mail beantwortet und den Dienstlaptop endgültig zuklappt hat.