SiedlungsmonitorIn Dahlem wird händeringend nach Bauland gesucht
Dahlem – Auf rund 14 Hektar beziffern die Ortsbürgermeister der vier kleineren Orte in der Gemeinde Dahlem mögliches Bauland. Die Verwaltung hat die Daten jetzt an die Bezirksregierung Köln mit der Bitte um Prüfung weitergeleitet – und erhielt eine klare Absage. Das verschärft exemplarisch das grundsätzliche Problem der anhaltenden Nachfrage nach Bauland in den Eifelkommunen und lenkt den Blick auf die anstehende Novellierung des Regionalplans der Bezirksregierung, dem nach dem Landesentwicklungsplan zentralen Steuerungsinstrument zur Flächennutzung.
Ortsansässige Familien bekommen keinen Platz zum Bauen
„Müssen ortsansässige Familien, die hier bleiben wollen, wegziehen, weil sie in ihrem Heimatort kein Bauland finden?“ SPD-Ratsfrau Marion Freyaldenhoven aus Berk hatte das Problem schon im Frühjahr im Dahlemer Gemeinderat auf den Punkt gebracht. Ein halbes Jahr später müssen sie, die vier Ortsbürgermeister aus Berk, Baasem, Frauenkron und Kronenburg sich eingestehen: Bis auf weiteres ja, wenn es um öffentliches Bauland geht.
Denn die Bezirksregierung hat erhebliche Probleme, gerade in den vier kleineren Orten der Gemeinde neues Bauland ausweisen zu lassen – und ansonsten gilt: ausverkauft! „Wir haben pro Woche an die fünf Anfragen nach Bauplätzen im Gemeindegebiet“ so Bürgermeister Jan Lembach: „Die letzten haben wir fast am Telefon verkauft.“
Öffentlich ist das Angebot also mau, und privates Bauland wird nicht auf dem Markt angeboten – eine verzwickte Lage. „Natürlich haben viele kleinere Orte im Kreis das Problem, wir eben auch“, so Manfred Braun, Ortsbürgermeister von Berk.
Möglicher Ausweg: Agrarfläche zu Bauland umwidmen
Die Initiative der Gemeinde gegenüber der Bezirksregierung, nach Vorarbeit durch die vier Ortsbürgermeister, ging nun dahin, zu prüfen, ob sich nicht doch Optionen fände, wenn man nur genauer die Flächennutzungspläne unter die Lupe nehmen und auch an möglichen Flächentausch – etwa landwirtschaftliche Fläche gegen Bauland – denken würde.
In Baasem, wo sich Ortsbürgermeister Martin Kinnen die Mühe machte, wurden so 1,8 Hektar ermittelt, ein „Sondergebiet Wochenendhausgebiet“ am Ortsrand. In Berk, Frauenkron und Kronenburg wurden unter anderem derzeit landwirtschaftlich genutzte Flächen als Potenzialflächen gefunden. Insgesamt sind es in den vier Orten rund 14 Hektar, die im sogenannten Freiraum außerhalb des im aktuellen Regionalplan als Siedlungsschwerpunkt ausgewiesenen Gebiet rund um den Ort Dahlem liegen.
Aufsichtsbeehörde sieht Bedarf als bereits gedeckt an
Die Antwort der Bezirksregierung war eindeutig. „Für die beabsichtigten Wohnbauflächenentwicklungen kann eine Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung nicht bestätigt werden“, so das für Regionalentwicklung und Raumplanung zuständige Dezernat 32. Eine vorgeschlagene Ausweisung als „Siedlungsflächen im Bereich von Ortsteilen im Freiraum“ sei nach den Zielen der Landesentwicklungsplanung „wie des Erhalts der landwirtschaftlichen Nutzfläche nur möglich, wenn es bedarfsgerecht an die vorhandene Infrastruktur erfolge“.
Und dann das entscheidende Argument aus Sicht der Aufsichtsbehörde: „Die in der Gemeinde Dahlem aktuell bestehenden Wohnbauflächenreserven gemäß Siedlungsflächenmonitoring übersteigen den nach der Landesentwicklungsplanung zugrunde zu legenden Bedarf.“ Doch stimmt diese Annahme überhaupt?
Zunächst lässt die Bezirksregierung der Gemeinde eine Option offen: „Durch Umwandlung bestehender Bauflächen in Freiflächendarstellungen können – auch ortsübergreifend – Entwicklungen ermöglicht werden.“ Natürlich nur dann, wenn die Vorgaben des Regionalplans erfüllt werden. Hier geht es etwa um Belange des Naturschutzes.
Rathaus will Schmidtheim als zweiten „Allgemeinen Siedlungsschwerpunkt“
Geht man ins Detail, bleiben aus Sicht der Aufsichtsbehörde in Berk und in Baasem mögliche Optionen – hier könnte grundsätzlich eine Entwicklung von Bauland möglich sein. Etwa als Änderung der Ortsabrundungssatzung. Doch die von den Ortsbürgermeistern in Frauenkron und in Kronenburg markierten möglichen Baulandflächen – im Burgort hatte Johannes Fahling die Gemarkungen Kleebusch und Hodebuschheck markiert – fallen aus dem Raster.
Beispiel Kronenburg: „Die vorgeschlagenen Entwicklungen widersprechen aufgrund ihrer bandartigen, vom baulichen Bestand losgelösten Struktur den Zielen zum Schutz des Freiraums und den Zielen zum Schutz und zur Entwicklung von Natur und Landschaft“, so die Fachleute vom Dezernat 32.
Das schreibt für die Gemeinde Dahlem zunächst den Status quo fest. Sie kann in größerem Stil nur rund um den „Siedlungsschwerpunkt“ Dahlem selbst wachsen. Das Land will – das ist eines der übergeordneten Ziele der Raumplanung – im ländlichen Raum Zersiedelung vermeiden.
Im neuen „R-Plan“, der 2022 in das formelle Beteiligungsverfahren mit den Kreisen und Kommunen geht und 2025 mit einem Planungshorizont bis 2043 aufgestellt werden soll, will man aus dem Rathaus nun Schmidtheim als zweiten „Allgemeinen Siedlungsschwerpunkt“ ausweisen lassen. Dort ist Ortsbürgermeister Hans Josef Bohnen sicher, dass auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein wird: „Wenn wir jetzt auf einen Schlag 30, 40 Bauplätze mehr hätten, die wären in spätestens zwei Jahren weg.“
Regelmäßige Überprüfung durch Siedlungsflächenmonitoring
Doch zurück zur Aktenlage. Denn die Bezirksregierung kommt zu ihrer Einschätzung, dass es im Dahlemer Gemeindegebiet ja durchaus ausreichende öffentliche Flächenreseven für Bauland gebe, auch aufgrund der im Siedlungsflächenmonitoring gesammelten Daten, ein landesweit einheitliches Dateninstrument. „Wenn zum Beispiel eine Reservefläche des Flächennutzungsplans bebaut wird, kann die Gemeinde die in das System des Siedlungsflächenmonitorings einpflegen. Dies wird dann seitens der Regionalplanung nach Überprüfung zeitnah aktualisiert“, so ein Sprecher der Aufsichtsbehörde auf Anfrage.
Bürgermeister Jan Lembach sieht das kritisch: „Natürlich machen wir ein solches Update nicht jeden Tag, aber einmal im Monat sicherlich. Für die Beurteilung der Bezirksregierung gilt aber nur bebautes Land, nicht die verkaufte, noch nicht bebaute Fläche.“ Daher hinke das Messinstrument, das der Regionalplanung wichtige Hinweise geben soll, wie hoch wo welcher Baulandbedarf tatsächlich ist, den Realitäten immer hinterher.
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Das weist die Aufsichtsbehörde über einen Sprecher zurück: „Die Aktualität der Daten hängt davon ab, inwiefern die jeweilige Kommune die aktuelle Veränderung der Flächensituation weitergibt. Der Vorwurf veralteter Daten richtet sich insofern nicht an die Bezirksregierung.“
Für Dahlem bedeutet die Absage aus Köln am Ende nur, dass man nach wie vor den Mangel an öffentlichem Bauland verwalten muss. Lembach versucht, das Beste daraus zu machen: „Wir brauchen jetzt auch mal etwas Luft.“ Schließlich müsse zum Beispiel die Kindergartenplanung den wachsenden Einwohnerzahlen im Gemeindegebiet angepasst werden. Ein Nebeneffekt ist aus Sicht des Bürgermeisters fast schon zu bedauern. Der Titel der „kleinsten Kommune in NRW“ ist nach mehr als 60 Jahren futsch. Heimbach hat ihn übernommen.