Zwei Tage ProgrammKronenburger Kunst- und Kulturtage standen im Zeichen der Natur
Dahlem-Kronenburg – Nach der Corona-Pause und dem Transient-Festival im vergangenen Jahr sind die Kronenburger Kunst- und Kulturtage (KKK) in 27. Auflage wieder da. Im ganzen historischen Burgort waren Ausstellungen zu sehen, einige wenige der alten Häuser dazu geöffnet. Ein fulminantes Konzert bildete den musikalischen Höhepunkt des zweitägigen Programms.
Einige Neuerungen
Erstmals in der Geschichte der KKK gab es ein Vorprogramm aus Kraftorte- und Wildkräuter-Wanderung sowie Filmen in der Tenne der Dr. Axe-Stiftung zum Leitmotiv des Kreativ-Wochenendes. Das lautete Natur. Und es wurde in den einzelnen Ausstellungsorten und Programmpunkten variiert.
Die KKK haben dafür sogar einen neuen Ausstellungsort dazugewonnen. Der im Burgort lebende Architekt Ulrich Böttger hat den Dachstuhl eines wegen seiner Größe und eines hochherrschaftlichen Kamins am Kopfende sogenannten Rittersaals – tatsächlich war es wohl einst eine Scheune – als Veranstaltungsort umgebaut. Er wurde für eine Gruppenausstellung unter dem Leitspruch Naturkraft genutzt.
Bekannte Adressen
Eine bekannte KKK-Adresse ist im Vergleich dazu das Haus Pallandt eine Ecke weiter am Burgbering, wo unter anderem Gerlinde Warler spielerische Skulpturen aus Alu-Schrott und Metallresten oder auch Fundstücken wie einer Puppenkrone aus Blech zeigte.
Schräg gegenüber hatte Forusan Nikmanesh aus Köln im Atelier Böttger das Motto „Natur fragile Schönheit“ genial umgesetzt. Die Künstlerin ist nach Ausbildung am Royal Botanical Garden in Edinburgh zertifizierte „Botanische Illustratorin“. In penibel genauer, akademischer Tradition etwa eines Alexander von Humboldt botanisiert sie Pflanzen und stellt sie in Aquarellen dar. Eine Kaiserkrone oder auch ein Johanniskraut, am Eingang zur U-Bahnhaltestelle Hermeskeiler Platz in Köln gefunden, sind einige ihrer Sujets.
Im Burghaus wies das auch hier aufgestellte große rote K der Kunst- und Kulturtage zur Gruppenschau unter dem Stichwort „Naturformen und Naturblicke“. Acht von 40 KKK-Künstlern stellten dort aus, darunter Brigitte Maxrath-Enger ihren bearbeiteten Larvik. Der südnorwegische Stein wirkte auf einer Stele vor den großen Fenstern des Burghausanbaus mit dem weiten und tiefen Blick ins Kylltal.
Die Rückkehr des Kunststalls
Der Kunststall ist wieder da. Nach Corona-Pause und vor allem dem schmerzlichen Tod seiner Frau Gisela hatte sich Wolfgang Martens eine Auszeit verordnet. Nun ist die Sonderschau von 2019 mit vor allem surrealistischen Arbeiten des heute 86-Jährigen erneut zu sehen. „Ich lasse sie noch hängen, bis ich eine neue Ausstellung zu Ehren meiner verstorbenen Frau fertig habe“, so Martens.
1988 erwarb das Ehepaar als Zweitwohnsitz das mutmaßlich mehr als 300 Jahre alte Bauernhaus vor dem Nordtor. Im Anbau, dem ehemaligen Kuhstall aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, kann man ein Beispiel historischer Lehmbauweise erleben.
Das Ehepaar Martens war Mitbegründer der Kronenburger Kulturtage vor rund 30 Jahren. Wolfgang Martens erzählt gerne auch die Geschichte, ebenso die Historie des Hauses. Vor allen Dingen ist er ein kreativer Kopf, der unermüdlich Zeichnungen anfertigt, über Motive und Konzepte für Gemälde nachdenkt und sich in seinen familiären Wurzeln dem Burgort besonders verbunden fühlt. Doch das alles lässt man ihn am besten selbst erklären.
Geöffnet ist der Kunststall freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 13 und von 15 bis 18 Uhr, sonntags von 11.30 bis 13 und von 15 bis 17 Uhr. (sli)
Begeisterte Gründer
Die Perspektive genossen auch Maria Kaiser-Lambertz und Hans-Dieter Lambertz. Das Ehepaar war einst unter anderem mit Kronenburgs Alt-Ortsbürgermeister Reinhold Rader, Gisela und Wolfgang Martens sowie Hans-Henning und Husch Steffen Mitbegründer der KKK. Maria Kaiser-Lambertz war begeistert: „Was aus den Kunst- und Kulturtagen mittlerweile geworden ist! Wir haben damals noch 30 D-Mark von den Künstlern genommen, um die Kosten decken zu können, und wir hatten nur Garagen und unsere Privathäuser, um die Werke zu zeigen.“
27 Jahre später sind die KKK immer mal wieder gefährdet, erst vor wenigen Jahren stand ihr Fortbestand auf der Kippe. Mit mehr Musik, auch mehr Inklusion über die zum dritten Mal beteiligten Kreativen der Aachener Lebenshilfe-Werkstatt „Willsosein“, legten die Veranstalter einen vielversprechenden Neustart hin.
Hans-Henning und Husch Steffen, die bei der Vernissage von der Gemeinde Dahlem für 21 Jahre ehrenamtliche Pflege der alten Streuobstwiesen am Burgberghang geehrt wurden, haben alle diese Zeiten miterlebt und immer wieder ihr kleines Barockhaus am Burgbering für die KKK geöffnet. Diesmal waren Arbeiten von Christine Schirrmacher und des verstorbenen Merlin Flu zu sehen. „Fluss des Lebens“ war das Motto ihrer Schau, eine makabre Erinnerung an die Flutschäden, die Schirmmacher in Atelier und Wohnhaus in Oberhausen erleben musste. Nach Notunterkunft unter anderem in einem Wohnwagen ist Schirrmacher derzeit bei Freunden in Antweiler untergekommen.
Musik als Höhepunkt
Neben der Kunstschau war Musik, vor allem ein Konzert am Samstag im Haus für Lehrerfortbildung, ein Höhepunkt. Ein elfköpfiges Projektorchester aus erfahrenen Big Band-Musikern unter Leitung des in Kronenburg lebenden Jazzkomponisten Frank Reinshagen spielte als Uraufführung die Auftragskomposition „Kronenburger Sketches“ – nach nur einer zweieinhalbstündigen gemeinsamen Probe.
Unumstrittener Star des Abends war die Schweizer Cellistin Valerie Fritz, die zuvor mit Werken des Minimal-Music-Komponisten Steve Reich, Johann Sebastian Bach und vor allem einem mitreißend intensiv gespielten „Industry“ des Komponisten Michael Gordon das Publikum begeisterte.
Unsichere Zukunft
Auftragsarbeit sowie Künstlergagen konnten die Veranstalter nur dank der Unterstützung von Sponsoren und der Deckung von 50 Prozent der Kosten aus dem Corona-Sonderfonds „Neustart Miteinander“ des Landes NRW finanzieren. Doch wie sieht die Zukunft aus? Die sei derzeit eher ungewiss, sagte Mitveranstalter Martin Schöddert, ohne auf Details einzugehen.
So gingen die 27. KKK mit einer gewissen Verunsicherung beim Publikum zu Ende. Dabei war vieles so wunderbar: Etwa die sensible Einbeziehung der schönen Pfarrkirche. Hier hatte Maria Hill vor der gotischen Pieta „Chronos 21“ installiert, eine Assemblage aus Bronzemaske, historischem Rad und 500-jähriger Ormonter Eiche.
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Dazu waren Sonnenblumen auf dem Boden des Mittelgangs arrangiert, weitere künstlerische Arbeiten schmückten den Altarraum. Ein solches Spektrum für den Austausch zwischen Kunst und Publikum an einem Ort gibt es in der Region nicht allzu oft.