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Drei Kandidaten im Kreis EuskirchenWelches ist das beste Dorf im Land?

Lesezeit 4 Minuten
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Großer Tag fürs Dorf: Beim Besuch der Bewertungskommission, hier in Freilingen, ist auch die Bevölkerung dabei.  

Kreis Eusirchen – Drei Dörfer auf dem Weg zu Gold. Den Auftakt ihrer Bereisung von 32 Dörfern, die sich für den Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ qualifiziert haben, machte die Kommission im Kreis Euskirchen. Und möglicherweise haben die Juroren in Schweinheim, Billig oder Freilingen schon den Landessieger gesehen.

Billig will künftig Touristen anlocken

„En Bellech daheem“. Diese T-Shirts trugen die Mitglieder der Dorfgemeinschaft, deren Vorsitzender Rudolf Keul die Kommission durchs Dorf führte. Die Marienkapelle, die mittelalterliche Motte-Befestigungsanlage, der zum Ausstellungs- und Gedenkort hergerichtete ehemalige Luftschutzbunker oder der „Generationengarten“ waren einige Besuchsstationen.

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Projekte zur Baukultur in Billig stellte Kristina Schmitz  der Kommission  vor.

Im 560-Einwohner-Ort Billig gibt es zahlreiche Arbeitsplätze. Man setze eben ganz auf das Konzept „Leben und Arbeiten in Billig“, so Martin Dederichs. In einigen restaurierten und ausgebauten alten Bauernhöfen sei diese Mischnutzung umgesetzt. Zudem gibt es vier hauptberufliche Landwirte im Dorf.

Die örtlichen Betriebe engagieren sich auch in ihrem Dorf. Der Bau der Boulebahn oder der Bänke für die Ausstellung im Bunker gehören dazu. Ein Ehepaar aus Billig steuert die historischen Fotos der aktuellen Dokumentation zur Erntezeit bei. Ein Billiger stellt sein Grundstück für den öffentlichen Generationenpark zur Verfügung.

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Gute Idee in Billig: Im ehemaligen Luftschutzbunker ist jetzt eine Ausstellung zur historischen Erntezeit im Ort zu sehen. 

Man wolle künftig verstärkt auf Tourismus setzen und plane etwa den Anschluss an das „Römerstraßen-Netz“, die Einbindung des Billiger Walds als Eifelschleifen-Rundweg und den Ausbau des Radwegenetzes.

Schweinheim plant seine Zukunft nach der Flut

Im wenige Kilometer entfernten Schweinheim ist die Vorgabe des Wettbewerbs, im Dorf die wirtschaftliche, soziale, ökologische und kulturelle Entwicklung voranzutreiben, sich als Dorfgemeinschaft zu engagieren und nachhaltige Konzepte zu entwickeln, noch klarer zu erkennen. Aus der Not.

Denn Schweinheim muss praktisch neu gebaut werden, um eine Zukunft zu haben. Nach der Flutnacht geht es um nicht weniger als diese Grundsatzfrage. Die Schäden sind noch gut sichtbar und beeindrucken die Kommission sichtlich.

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Das Wiederaufbaukonzept für das durch die Flut im vergangenen Jahr hart getroffene Schweinheim erläuterte  Stephan Brock (l.) den  Juroren. 

Am Zusammenfluss von Steinbach und Sürtsbach ist durch die bis zu zwei Meter hohe Flutwelle ein Toter zu beklagen gewesen. 120 der 130 Wohnhäuser sind teilweise so stark zerstört worden, dass sie abgerissen werden mussten. Die Kommission trifft eine Anwohnerin, die ihr Wohnhaus abreißt und an anderer Stelle ein neues bauen will – dem Hochwasserschutz ihres Dorfes zuliebe.

In Schweinheim dreht sich in den kommenden Jahren alles darum, das, was man vor gut einem Jahr erlebt hat, nicht noch mal erleben zu müssen. Der Dorfplatz wird tiefer gelegt, um im Notfall Überflutungsflächen zu haben, die Bachbette werden verbreitert. „Fünf Millionen Kubikmeter Wasser haben in unserem Dorf in fünf Stunden verheerende Schäden angerichtet“, so Stephan Brock, Sprecher der Arbeitsgruppe Infrastruktur Schweinheim. Intensiv setze man sich nun mit Themen wie dem Hochwasserschutz und Starkregenereignissen auseinander. Dem Dorfumbau dient auch die jetzt nötige komplette Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses.

Der Wettbewerb

Die Kommission

Die Bewertungskommission des 27. Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ besucht bis zum 2. September 32 Dörfer in NRW. Im schwarz-grünen „Preußen Münster“-Vereinsbus fuhren die Kommissionsmitglieder vor, was manche Borussia Mönchengladbach-Fans aus Billig – deren Vereinsfarben sind ebenfalls schwarz-grün – kurz irritierte. Doch schnell war klar, dass keine Fußballer kommen, sondern es nun ernst wird: Billig war die erste Station im ganzen Bundesland.

Die Golddörfer

Als „Golddorf“ im Kreiswettbewerb 2020 haben sich Schweinheim, Freilingen und Billig qualifiziert. Und wie alle 32 Dörfer haben auch die drei aus dem Kreis 90 Minuten Zeit, die Kommission zu überzeugen.

Die Entscheidung

Ob das alles gereicht hat, entscheidet sich am 11. September. Dann werden in Bad Sassendorf die Sieger in den Medaillenkategorien und bei den Geldpreisen gekürt. Die besten vier Dörfer können 2023 am Bundeswettbewerb teilnehmen. (sli)

Waldemar Gruber von der die Bewertungsfahrten organisierenden Landwirtschaftskammer NRW wird gegenüber den Schweinheimern deutlich: „Wir waren schon sprachlos, als wir hierhingekommen sind. Wie haben gesehen, wie Sie sich als Bürgerschaft wirklich Gedanken machen, wie man die Zukunft Ihres Dorfes gestalten kann!“ Der starke Beifall der Kommissionsmitglieder war unmissverständlich: Er galt einem der Favorisierten auf den Landessieg.

Freilingen setzt auf ökologische Dorfentwicklung

Dass der Erwartungsdruck beim abschließenden Besuch in Freilingen groß ist, ist verständlich. Auch dort macht man sich viele kreative Gedanken zu Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Simone Böhm, Vorsitzende des Ortskartells, führt die Gruppe durch ihr Dorf. Ohne Punkt und Komma kann sie erzählen, was sich in Freilingen rund um das Ökologische Dorfentwicklungskonzept (ÖDE) getan hat. Dafür hat man schon den diesjährigen Heimatpreis gewonnen. Dazu gehören etwa der Umbau des alten Trafohäuschens zum Artenschutzturm, der kostenlose Geschirrverleih Tischlein-Deck-Dich, die Gelbes-Band-Aktion für die kostenlose Obsternte oder auch „Kunst im Garten“, „Offene Gärten“ und Müllsammelaktionen.

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Gute Idee in Freilingen: Shirts mit  dem QR-Code zur Dorfwebseite.

Moderatoren wie Peter und Andrea Hierlwimmer oder Ortsvorsteherin Judith Maur erklärten etwa an der Kapelle, in einer Kfz-Werkstatt und an der Alten Schule die Besonderheiten. Dort eröffnet Starkoch Manuel Sanz 2023 seine Manu-Faktur als Genusstempel und Treffpunkt in Ergänzung zu benachbarten Bürgerhaus, das seit kurzem „Frellenger Dorfhus“ heißt.

Passend zum Anlass gab es am Dorfplatz erstmals MaFs: Muffins aus Freilingen. Danach wurde die Zukunft, wie sie Maur ankündigte, Gegenwart: Kinder aus dem Ort sangen ein Ständchen.