Vor DürresommerStreit um Trinkwasser im Kreis – Bis zu drei neue Brunnen geplant
- CDU, SPD und FDP haben den Weg für den Bau von mehr Brunnen in der Wassergewinnungsanlage Engelbertusbrunnen freigegeben.
- So soll den Kreis auf einen neuen Dürresommer, wie er wohl vor der Tür steht, vorbereitet werden.
- Aber die Entscheidung ist nicht unumstritten. Vor allem welche Rolle die Molkerei Hochwald dabei spielt, ist noch unklar.
Kreis Euskirchen – D 84 duldete keinen Aufschub. Es ging schließlich um die Trinkwasserversorgung, und mutmaßlich stand ein weiterer trockener Sommer vor der Tür. Aus diesem Grund unterschrieben Vertreter der Kreistagsfraktionen von CDU, SPD und FDP die Dringlichkeitsentscheidung – und machten damit ein Stück Weg frei für den Bau von bis zu drei neuen Tiefbrunnen in der Wassergewinnungsanlage (WGA) Engelbertusbrunnen bei Arloff. Auf eine Beratung im Kreistag hätte man nicht warten können. Der tagt erst im November, dann ist der Sommer Geschichte.
Umstritten ist die Entscheidung dennoch. Denn die Brunnen liegen im Landschaftsschutzgebiet Bad Münstereifeler Tal. In solchen Schutzgebieten sind Veränderungen des Grundwasserspiegels verboten – es sei denn, die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Kreises erteilt dem Wasserversorgungsverband Euskirchen-Swisttal (WES) eine Befreiung von dem Verbot.
Engelbertusbrunnen soll WGA Arloff kompensieren
Das kann sie, „wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist“. Und genau das ist es, befand die Abteilung beim Kreis, unter anderem wegen der Trockenheit, einer Zunahme der Bevölkerung im WES-Versorgungsgebiet und des erhöhten Wasserbedarfs der Wirtschaft. Die geplante Grundwasserentnahme, so der Kreis Euskirchen, verändere nicht den Charakter des Landschaftsschutzgebietes.
Es gebe dort auch keine „grundwasserbeeinflusste Biotypen“. Außerdem würden die neuen Brunnen das Kalkarer Moor sogar schonen, denn zu dessen Schutz werde in Trockenphasen vom Betrieb der WGA Arloff abgesehen. Das wiederum soll durch die Anlage Engelbertusbrunnen kompensiert werden.
Hochland werde in gesondertem Verfahren behandelt
Nun sind 1,5 Millionen Kubikmeter jährlich kein Pappenstiel. Zur Einordnung: Der WES setzt einen Trinkwasserbedarf von 4,7 Millionen Kubikmeter im Jahr in seinem Versorgungsgebiet an. Hinzu komme ab 2021 eine Million Kubikmeter „für Industrie- und Gewerbekunden“. Also steige der Bedarf auf gut 5,72 Millionen Kubikmeter.
Unterdessen ging eine Reihe Politiker davon aus, dass sich hinter der Bezeichnung „Industrie- und Gewerbekunden“ die in Bau befindliche Hochwald-Molkerei in Obergartzem verberge. Der Kreis wollte das auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren.
Der Verband
Markus Böhm, Geschäftsführer der e-eregio, die wiederum den Betrieb des Wasserversorgungsverbandes Euskirchen-Swisttal führt, kann die Kritik nicht nachvollziehen.
Er weist darauf hin, dass die geänderten Förderbedingungen der Wassergewinnungsanlegen im Bereich „Sötenicher Kalkmulde“ laut Experten, etwa vom Erftverband, keinen Einfluss auf Grundwasserdargebot und -neubildung habe. (sch)
Doch Markus Böhm, Geschäftsführer des WES-Betriebsführers e-regio, stellte am Mittwoch klar: „Bei der geplanten Entnahme in der WGA Engelbertusbrunnen geht es nicht um die Versorgung von Hochwald. Der Trinkwasserbedarf der Firma Hochwald Foods ist nicht Bestandteil der aktuellen Verfahren im Bereich der Wassergewinnungsanlagen Sötenicher Kalkmulde, sondern bilanziell Teil der Fördermengen an der Wassergewinnungsanlage Heimerzheim zugeordnet und wird in einem gesonderten Verfahren behandelt.“
Neue Brunnen für mehr Flexibilität
Zur Sötenicher Kalkmulde gehören die vier Wassergewinnungsanlagen Nöthen, Arloff, Engelbertusbrunnen und Kalkarer Stollen, denen insgesamt zwei Millionen Kubikmeter im Jahr entnommen werden darf. Am Standort der WGA Engelbertusbrunnen seien bis zu drei Tiefbrunnen geplant – nicht für Hochwald, sondern „in erster Linie zur Kompensation der auslaufenden wasserrechtlichen Genehmigung der Wassergewinnungsanlage Arloff und zur Erhöhung der Flexibilität der Wassergewinnungsanlagen Nöthen, Engelbertusbrunnen und Kalkarer Stollen“, so Böhm.
Für den Engelbertusbrunnen sei zwar eine Höchstfördermenge von 1,5 Millionen Kubikmeter vorgesehen, das aber nur, um flexibel reagieren zu können, wenn eine der anderen WGA mal ausfalle. An der Gesamtmenge von zwei Millionen Kubikmetern ändere sich nichts, versicherte Böhm.
Kein Gesamtkonzept zur Wasserentnahme im Kreis
Dennoch ist das Vorhaben umstritten, wie dem Protokoll des Naturschutzbeirats zu entnehmen ist. Der tagte nämlich am 25. Juni und widersprach mehrheitlich der beabsichtigten Befreiung von dem Verbot. Das Gremium, dem unter anderem Vertreter von Naturschutzverbänden angehören, treibt die Sorge um den Grundwasserpegel an. Wenn es in den Unterlagen heiße, dass keine „erheblichen“ Auswirkungen zu erwarten seien, deute diese Formulierung doch darauf hin, „dass doch negative Auswirkungen damit verbunden seien“, stellte etwa Andreas Engelke von der Landesgemeinschaft Natur- und Umweltschutz fest.
Ein anderes Beiratsmitglied zeigte sich laut Sitzungsniederschrift besorgt darüber, dass der Trinkwasserbedarf in Zukunft, „insbesondere vor dem Hintergrund der Ansiedlung der Molkerei Hochwald“, weiter steigen werde. Das Beiratsmitglied plädierte dafür, sorgsamer mit Wasser umzugehen. So sei es möglich Industrieabläufe entsprechend umzuorganisieren, so dass Wasser gespart werde. Grundwasser müsse sich schließlich neu bilden. Andere Teilnehmer bemängelten, dass es kein Gesamtkonzept zur Wasserentnahme im Kreis gebe.
Widerspruch des Naturschutzbeirates „unberechtigt“
Nach der Ablehnung verzeichnet das Protokoll Unverständnis bei den Vertretern der Kreisverwaltung. In der Vorlage, mit der die Verwaltung die Kreistagsfraktionen um den Dringlichkeitsbeschluss bat, heißt es zur Beratung im Beirat: „Die Entscheidung wurde überwiegend mit allgemeinen, nicht vorhabenbezogenen Argumenten begründet.“ So sei im Beirat angeführt worden, dass der Pflege- und Entwicklungsplan (PEPL) Kalkarer Moor noch nicht vorgestellt worden sei. „Diese Argumentation“, so die Verwaltung, „ist schon insofern nicht nachvollziehbar, da durch den Widerspruch nun Alternativen fehlen, um die WGA Arloff zu entlasten beziehungsweise die Wassergewinnung dort einzustellen und somit das im Auswirkungsbereich der WGA Arloff liegende, grundwasserbeeinflusste Kalkarer Moor zu schonen.“
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Das überzeugte offenkundig die Unterzeichner der Vorlage D 84, in der es formell darum ging, den Widerspruch des Naturschutzbeirat als „unberechtigt“ zu erklären. Für das Grünen-Kreistagsmitglied Dorothee Kroll ist es schlicht „eine Unverschämtheit, wie hier mit dem Naturschutzbeirat umgegangen wird“. Auch die UWV hat ihre Unterschrift verweigert. Auch sie mache sich Sorgen um das Grundwasser. Die trockenen Sommer der vergangenen Jahre verhießen für den Grundwasserspiegel nichts Gutes. Die UWV Bad Münstereifel fordert, dass die Stadt mit allen Mitteln dagegen vorgeht. „Der Bau von neuen Brunnen und eine vermehrte Wasserentnahme in einem der trockensten Bereiche des Landes ist ein Unding“, schreibt Fraktionschef Edmund Daniel an Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian.
Nun blickt alles nach Köln. Dort entscheidet letztlich die Obere Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Köln über die Befreiung der Festsetzungen des Landschaftsplans. „Erst nach erteilter Befreiung darf die Förderung am neu errichteten Tiefbrunnen an der Wassergewinnungsanlage Engelbertusbrunnen starten“, erklärte Böhm. Ein Brunnen ist bereits gebaut, wird aber noch nicht genutzt. Weitere Bauanträge lägen noch nicht vor, teilte der Kreis auf Anfrage mit.