Nach Corona-PauseRurseeschifffahrt darf wieder starten
Heimbach-Schwammenauel – Die gute Nachricht des Heimbacher Ordnungsamtes erreicht die Rurseeschifffahrt am Donnerstagmorgen: Ab dem heutigen Samstag dürfen die vier weißen Boote auf Rursee und Obersee wieder fahren. Aber nur im Linienverkehr und laut Fahrplan.
„Wir sind erleichtert!“ Waltraud Heuken, Inhaberin und Geschäftsführerin der Rurseeschifffahrt, wirkt am Telefon, als ob ihr ein Stein vom Herzen falle. „Das ist doch der Lohn der ganzen Wartungs- und Reparaturarbeiten über den Winter, dass wir im Frühjahr wieder fahren können“, bestätigt Prokurist Martin Conzelmann wenig später an der Fahrgastbrücke in Schwammenauel.
Mit dem Ordnungsamt hat das Unternehmen das bestehende Hygienekonzept für die „weiße Flotte“ überprüft und eine „für uns wirklich gute Lösung gefunden“, so Conzelmann. Um 11 Uhr heißt es „Leinen los“ am Anleger in Schwammenauel für die Stella Maris und die Aachen. Eine Stunde später gilt das gleiche Kommando in Rurberg am Obersee für Seensucht und St. Nikolaus.
Maskenpflicht an Bord
Doch bis es soweit ist, waren Conzelmann und seine Kollegen noch einmal besonders gefordert. „Was wir sonst vor dem Saisonstart an Schlussputz in vielleicht 72 Stunden erledigen, musste jetzt in nur 48 Stunden geschehen“, sagt Conzelmann. Da habe etwa an Bord der Stella Maris Chaos geherrscht – „aber das organisierte Chaos“, sagt der Mann im Blaumann, während er noch einmal die Schrauben an den Schlössern der Schiebetüren der Stella Maris überprüft und bei Bedarf nachzieht.
Linienverkehr
Im Paragraf 10 bringt die neue Corona-Schutzverordnung keine Neuregelung: Ausflugsfahrten mit Schiffen, Kutschen und historischen Eisenbahnen sind nicht erlaubt. Das betrifft jedoch nur reine Ausflugsfahrten. Ein Liniendienst auf dem Wasser, wie ihn die Rurseeschifffahrt betreibt, ist Teil des ÖPNV und damit erlaubt. Daher starten die Schiffe auch nicht zu den Sonderfahrten.
Der Fahrplan aus der Vorsaison für Stella Maris und Aachen auf dem Rursee sowie St. Nikolaus und Seensucht auf dem Obersee ist bis zum 30. April gültig. Die Anlegestellen werden am Wochenende im Stundentakt (erste Abfahrt ab Schwammenauel 11 Uhr, letzte 16 Uhr; Rurberg erste 12 Uhr, letzte 17 Uhr) angesteuert. Unter der Woche gilt ein Zwei-Stunden-Takt. Auch die Rursee- Bahn nimmt am heutigen Samstag ihren Liniendienst auf. (sli)
www.rursee-schifffahrt.de
In der Ecke des Fahrgastraums, vor der Küche, steht am Freitag noch ein Staubsauger, ein paar Meter weiter ein Wischmopp. Doch alles wirkt blitzeblank: Die Tische, Stühle innen, die Bänke auf den Decks sind geputzt und glänzen in der Frühlingssonne. Tiefer im Schiffsbauch sind die Dieseltanks seit Tagen gefüllt, das Wasser, etwa für Toilettenanlagen und Waschbecken, ist entchlort. Die Sanitärräume sind für die Passagiere geöffnet. Anderes bleibt geschlossen. „Wir dürfen die Bordküche nicht öffnen. Es wird keinen Verkauf von Speisen oder Getränken geben“, so Conzelmann. Zudem gibt’s keine touristischen Hinweise durch den Kapitän über die Bordlautsprecher. Der am Umfeld wie dem Nationalpark interessierte Fahrgast tut also gut daran, sich vor Fahrtbeginn zu informieren.
Denn an Bord herrscht, was man auch vom Linienbus kennt: die Nüchternheit des ÖPNV. Als solcher ist der Fahrplan der Rurseeschifffahrt klassifiziert und erlaubt. Zudem gilt das ausgearbeitete und vom Ordnungsamt genehmigte Hygienekonzept an Bord. Das heißt: Maskenpflicht überall, unter und über Deck – egal, wie schön das Sönnchen lacht oder wie frisch die Brise über den Rursee weht.
„Dafür entfällt die Abstandspflicht“, so Conzelmann. Aus seiner Sicht ist das eine wesentliche Erleichterung gegenüber dem Corona-Frühjahr 2020: „Damals galt mal die Maskenpflicht, dann, je nach Passagierzahl, auch die Abstandspflicht. Das war schon etwas kompliziert“, so Conzelmann.
Neuer Job für Thekencrew
An Bord ist neben den Passagieren das Mindestaufgebot aus Schiffsführer, Steuermann und Matrose sowie die Thekencrew. Die wird jedoch nicht wie gewohnt eingesetzt: „Die putzen und desinfizieren regelmäßig die Tische, Stühle und Sitzbänke wie vorgeschrieben, reinigen die Toiletten und kontrollieren die Maskenpflicht an Bord“, erklärt Waltraud Heuken zum Dienstprogramm auf ihren vier Schiffen. Ob jeder die Maske trägt, wird auch von Mitarbeitern des Heimbacher Ordnungsamtes überwacht, kündigt Heuken an.
Doch werden auch genügend Fahrgäste kommen? Zumindest die für den Umsatz wichtigen Veranstalter von Busreisen halten sich bisher zurück, so Heuken. Die Anbieter der Ausflugsfahrten zu den Rurseen seien schlicht verunsichert, „wie lange wir den Betrieb jetzt offenhalten können“, zeigt sie Verständnis.
Das könnte Sie auch interessieren:
Im gesamten vergangenen Jahr war der Wegfall der Gruppenreisen für die Rurseeschifffahrt ein großes Problem. Das am Ende die Bilanz nicht völlig verhagelt war, sei dem dafür umso stärkeren Anstieg bei den Individualreisen zu verdanken gewesen, so Conzelmann: „Es kamen viele Einzelfahrgäste, Familien oder kleine Gruppen.“ Wie dieses Jahr wird, ist jetzt zwar noch unklar, doch die üblichen Buchungen von Reiseveranstaltern bis in den Sommer hinein fehlen schon.
Schiffsführer Klaus Blumberg jedenfalls hat erfahrungsgemäß andere Sorgen: „Der ständig wechselnde Wasserstand des Rursees. Dann müssen wir immer mal wieder die Fahrgastbrücke verlegen. Mal nach oben, mal tiefer.“ 2011 etwa, es war ein besonders trockener Sommer, sei das alleine am Anleger Schwammenauel an die 30-mal der Fall gewesen, so Blumberg.
Dann geht er auf die Brücke der Stella Maris und hängt zur neuen Saison die frisch polierte, in der Sonne funkelnde Schiffsglocke das erste Mal an ihren Haken. Blumberg läutete sie schon zu zwei Dienstfahrten: Die Anlegerbrücken Woffelsbach und Eschauel, über den Winter in Schwammenauel zwecks Frostschutz und Reparaturarbeiten zwischengelagert, wurden, an der Längsseite der Stella Maris sicher vertäut, zu ihren Bestimmungsorten gebracht.
Und während Blumberg gut gelaunt sein Schiff über das leicht gekräuselte Wasser des Rursees steuert, ist Conzelmann schon wieder im Telefoneinsatz: „Die Leute wollen einfach wissen, ob wir wirklich starten.“