Hitzige DiskussionAlte Steinbach-Brücke ohne Ankündigung abgebrochen
Euskirchen-Kirchheim – Jahrzehntelang führte in der Nähe von Kloster Schweinheim eine Brücke über den Steinbach. Sie wurde von Wanderern und Spaziergängern genutzt, ebenso von Pilgern, die auf dem Jakobsweg unterwegs waren. Dass sie vor einigen Wochen verschwunden ist, macht eine Reihe von Kirchheimer Bürgern regelrecht wütend. Sie fordern nun einen Ersatzbau.
Die steinerne Brücke, die der Stadt Euskirchen gehörte, ist von einem Privatmann abgebrochen worden, dem die Flächen in der unmittelbaren Umgebung gehören. Er handelte mit dem Einverständnis der Stadtverwaltung, wie deren Pressesprecherin Silke Winter mitteilte. Das Bauwerk sei einsturzgefährdet gewesen, ergänzte sie.
Besagter Grundeigentümer, so Winter, habe „Interesse bekundet“, von der Stadt Wirtschaftswege zu erwerben, die über sein Gelände verliefen. Der Grund: Die Wege hätten „nur noch eine Funktion für seine Flächen“, also nicht mehr für die Öffentlichkeit. So führe auf der rechten Bachseite ein Pfad durch den Wald zu einem höher gelegenen Wirtschaftsweg. „Es besteht keine Möglichkeit, den Waldbesitzer zum Aufrechterhalten einer solchen Verbindung zu verpflichten“, so Winter.
Anlieger beseitigt einsturzgefährdete Brücke
Weiter erklärte sie: „Der Anlieger war bereit, die einsturzgefährdete Brücke zu beseitigen, womit die Stadt einverstanden war.“
Mehrere Kirchheimer beklagen, die Stadtverwaltung habe weder die Öffentlichkeit noch politische Gremien über den Abbruch informiert. Winter äußerte sich dazu trotz einer entsprechenden Anfrage nicht.
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Nachdem die Redaktion nachgehakt hatte, übernahm dies der Leiter des Fachbereichs 8 (Tiefbau und Verkehr), Bernd Kuballa. Politische Gremien seien nicht beteiligt worden, schrieb er. Und: „Politische Gremien und/oder die Öffentlichkeit werden beteiligt, wenn es um einen hohen wirtschaftlichen Wert geht oder öffentliche Sachen betroffen sind.
Öffentlich ist eine Sache, wenn sie als solche gewidmet oder in einem Planverfahren als ,öffentlich’ ausgewiesen ist. Die Brücke hatte weder einen hohen wirtschaftlichen Wert, noch war sie eine öffentliche Sache. Sie war ,nur’ öffentlich zugänglich und führte in ein privates Waldgrundstück.“
Ärger über Abriss „historischer Brücke“
Die Kirchheimer Roger Handt, Christiane von Houwald und Elmar Giernich können diese Argumentation nicht nachvollziehen. Viele Dorfbewohner seien sehr erschrocken darüber, dass die „historische“ Brücke „einfach so abgerissen werden konnte“, schrieb Giernich in einem Protestbrief an die Stadt.
Die Brücke habe mehr als 150 Jahre existiert und sei Bestandteil des Jakobsweges gewesen. Es sei ein Unding, dass man Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer mit dem nicht angekündigten Abriss vor vollendete Tatsachen gestellt habe.
Dass die Brücke einsturzgefährdet gewesen sein soll, überrasche ihn, sagt Roger Handt. „Sie war zwar uralt. Aber marode? Davon war nichts zu erkennen.“ Dagegen heißt es in der Mitteilung von Stadtsprecherin Winter: „Bei der letzten Brückenkontrolle wurde festgestellt, dass die Brücke einsturzgefährdet ist. Die Schäden befanden sich unterhalb der Brückenplatte, so dass sie nicht offensichtlich waren.“
Der Anlieger, der den Abbruch übernahm, wollte auf Anfrage noch keine Stellungnahme zu der Angelegenheit abgeben. Er werde sich später äußern, kündigte er an.
Unklare Geschichte der Steinbach-Brücke
Die Angaben zum Alter der Brücke unterscheiden sich. Die Bürger berichten, aus historischen Landkarten gehe hervor, dass die Brücke schon im 19. Jahrhundert den Steinbach überspannt habe. Derweil teilte Fachbereichsleiter Kuballa mit, sie stamme „mit Sicherheit aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg“. Wie auch immer: Roger Handt verweist darauf, dass sie für viele Kirchheimer Bestandteil eines Rundweges im Steinbachtal war, der nun in der alten Form gekappt sei. Für einige Dorfbewohner habe sie den kürzestmöglichen Zugang zu ihren Kleinparzellen im Wald sichergestellt.
Der Wanderweg, der lange Zeit über die alte Brücke führte, ist verlegt worden. Er führt nun über ein neueres Exemplar, das ein Stück weiter nordöstlich den Steinbach überquert. Die Route sei durch den Eifelverein neu markiert worden, so Fachbereichsleiter Kuballa. Sie komme ohne die Nutzung privater Waldflächen aus.
Der neue Weg sei zwar ein wenig länger, dies dürfte aber „bei einer Wanderung zumutbar sein“. Ob die alte Route häufig genutzt worden sei, „kann die Stadt nicht bestätigen“, erklärte Kuballa. „Offenkundig war dies aus Sicht der Stadt nicht.“
Der Hauptwegewart des Eifelvereins für die Nordeifel, Wolfgang Müller, sagte dazu auf Anfrage, dass der betroffene Abschnitt zum Krönungsweg zwischen Bonn und Aachen gehöre. Seinen Informationen zufolge werde er ähnlich wie viele andere Hauptwanderwege des Eifelvereins frequentiert: „Nicht besonders stark, aber auch nicht besonders schwach.“
Für den Verein sei wichtig, dass es eine neue Wegeführung gebe. Allerdings, so Müller, sei unbestritten, „dass die alte Strecke durch den Wald schöner war als die jetzige, die über einen von Autos befahrenen Weg verläuft“.