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Alter SchlachthofDas Ende einer Ära in Bildern erzählt

Lesezeit 4 Minuten

Stricke, mit denen die Tiere in das Gebäude geführt wurden, erinnern an die Arbeit im Schlachthof.

Euskirchen – Aufnahmen von Tieren tauchen nicht auf in der Ausstellung, die an diesem Freitag in der Reihe „Kunst im Rathaus“ eröffnet wird. Und doch sind sie auf vielen der Fotografien präsent, die Rolf A. Kluenter im stillgelegten Euskirchener Schlachthof gemacht hat.

Nach der Einstellung des Betriebs, 2017, hatte Kluenter das Gebäude an der Erftstraße gut zwei Wochen lang mit Film- und Fotokameras durchstreift: „Ich habe mich in die Rolle der Menschen hineinversetzt, die dort beschäftigt waren, und mir die Räume erarbeitet – vom Sehen und vom Fühlen her.“

168 Tierkonturen

190 der rund 5000 Aufnahmen, die so entstanden, fasste er in dem Buch „Schlacht.Meister“ zusammen. 29 davon sind nun unter dem gleichen Titel mit der Ergänzung „Augen-Blicke im Schlachthof“ in den Rathausfluren zu sehen.

In der Ausstellung dokumentieren zudem einige Fotos von Wolfgang-M. Boer eine Kunstaktion von Kluenter und dem indisch-ladhakischen Maler Kunzang Rangdol: Vor einem Jahr zeichneten sie 168 Tierkonturen auf geflieste Wände im Schlachthof, um sie anschließend mit Sprühfarbe zu kolorieren. „Tierwanderung/Animal Migration“ nannten sie die Aktion.

Die Bilder in den Rathausfluren hat Kluenter so aufhängen lassen, dass sie „wie eine Erzählung von innen nach außen wirken“. Die Serie beginnt mit der Backsteinfassade und dem markanten Turm, bevor der Betrachter nach und nach den Weg nachempfinden kann, den früher das Schlachtvieh nach der Anlieferung durchlief.

Mit Entwurf für Ärztehaus Ideenwettbewerb gewonnen

Noch ist unklar, was die Baugesellschaft Eugebau mit dem Areal an der Erftstraße anfangen wird. Anregungen kann sie den Arbeiten entnehmen, die Architektur-Studierende der TH Köln in einem Ideenwettbewerb erstellt haben. Das Unternehmen hatte dafür den Titel „Umnutzung des Alten Schlachthofs“ vorgegeben.

15 Master-Kandidaten reichten Entwürfe ein, wie die städtische Denkmalschützerin Corinna Relles berichtete. Sie war Mitglied einer Jury, die die Arbeiten bewertete. Die Teilnehmer hatten zunächst gemeinsam eine Analyse erstellt, und zwar zu den Themen Bildung, Gewerbe, Gastronomie, Kultur, Freizeit und Wohnen in Euskirchen. Darauf basieren ihre individuellen Ideen für eine denkbare Neugestaltung der Anlage aus dem Jahr 1903, die zu großen Teilen unter Denkmalschutz steht.

Der Siegerentwurf stammt von Götz Hinüber. Er hat darin den Schlachthof mit Neubauten zu einem Ärztehaus erweitert. Auf Platz zwei setzte die Jury ein Sport- und Gesundheitszentrum, wie Martin Thomas es sich vorstellt. Rang drei belegte das Medizinische Gesundheitszentrum von Mark Zweibäumer.

Alle Entwürfe werden am Tag des offenen Denkmals, Sonntag, 8. September, im Schlachthof zu sehen sein. (ejb)

An die Tiere erinnert ein Foto von am Boden liegenden Stricken, mit denen die Rinder vom Transporter in das Gebäude geführt wurden. Kluenter nennt die Stricke „eine Metapher für das Leid des Tieres“. Gleich daneben: ein Paar Gummistiefel des fiktiven „Schlachtmeisters“. Er musste, so der Fotograf, Tag für Tag die Entscheidung treffen, Tiere zu töten, sorgte damit aber gleichzeitig dafür, dass Menschen zu essen bekamen.

Von der Töte-Box bis zur Kühlung

Die Ausstellung ist voll von solchen Polaritäten, wie Kluenter es nennt. Er verweist etwa auf einen Büroraum im Obergeschoss, der penibel aufgeräumt worden ist, und eine Ecke, in der Unordnung herrscht – „so, als würde im Schlachthof am nächsten Tag weitergearbeitet“.

Der Weg des Schlachtviehs verläuft von der Töte-Box über die Räume für Zerteilung und Verarbeitung bis in die Kühlung mit ihren Stahlhaken, an denen die Körperteile hingen. Andere Bilder zeigen Laufkatzen und Knochenbrecher. Oft entsteht durch das Spiel von Licht und Schatten eine besondere Atmosphäre.

45 Bilder für das Stadtarchiv

Kluenter (63), der in Bürvenich aufwuchs und seinen Hauptwohnsitz in Shanghai hat, bezeichnet sein Ausstellungskonzept als erzählerische Fotografie: „Sie liegt an der Grenze zwischen fotografischer Malerei und Fotodokumentation.“ 45 Bilder wird er nach der Ausstellung dem Stadtarchiv überlassen. Dessen Leiterin Dr. Gabriele Rünger, die auch die Ausstellung organisiert hat, freut sich: „Den Schlachthof wird es so, wie Rolf Kluenter ihn fotografiert hat, nie mehr geben. Seine Bilder sind ein Zeitdokument und gehören nun zum Kulturgut der Stadt.“

Seit 2017 ist der frühere Schlachthof Eigentum der Baugesellschaft Eugebau. Sie rief einen Ideenwettbewerb für Studierende ins Leben, um Anregungen für die künftige Nutzung des Areals zu erhalten. Die drei Siegerentwürfe sind, als zusätzlicher Teil der Ausstellung, im zweiten Obergeschoss des Rathauses zu sehen.

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Kluenter ist froh, dass die Arbeiten der Studenten, die Dokumentation der Aktion „Tierwanderung“ und seine Fotografien unter einem Dach präsentiert werden. Rünger glaubt, dass die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Schlachthof dazu beiträgt, dass er sein negatives Image abstreifen kann. Dies sei wichtig für einen Neubeginn auf dem Gelände.

Die Ausstellung wird am Freitag um 19 Uhr eröffnet und ist bis zum 6. September zu den üblichen Öffnungszeiten der Stadtverwaltung, Kölner Straße 75, zu sehen. Zur Einführung spricht Dr. Reinhold Weitz.