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„Schiri ich schlag dich tot“Rassismus und Gewalt sind in Euskirchens Kreisliga Thema

Lesezeit 3 Minuten

Ein aufgebrachter Spieler von Türk Gencligi musste im Spiel gegen die JSG Erft zurückgehalten werden.

Kreis Euskirchen – Die Vorkommnisse beim Spiel Türk Gencligi Euskirchen gegen TuS Zülpich waren nicht die ersten dieser Art, bei denen der Verein aus der Kreisstadt, der 1991 gegründet worden ist, eine ähnliche Rolle gespielt hat. Die Partie gegen die JSG Erft am 23. Oktober 2021 stand ebenfalls kurz vor dem Abbruch.

Mit diesem drohte zumindest der Schiedsrichter, nachdem Zuschauer aufs Spielfeld gerannt waren und den Unparteiischen bedroht hatten – genau wie einige Kicker von Türk Gencligi. Teilweise standen Schiedsrichter und Spieler Nase an Nase.

Polizei musste anrücken

Ein Jahr zuvor wurde die Partie zwischen Türk Gencligi und den Sportfreunden DHO unter Polizeischutz zu Ende gespielt. In der Anfangsphase war es zu einem unglücklichen Zweikampf gekommen, bei dem sich ein Türk-Gencligi-Akteur schwer verletzt hatte.

In der Folge kochten in dem damaligen Spitzenspiel die Emotionen so hoch, dass der Unparteiische die Partie zweimal abgebrochen hatte. „Der Schiedsrichter wurde aber so unter Druck gesetzt, das Spiel wieder anzupfeifen, dass er es auch getan hat“, sagt DHO-Trainer Gerrit Ueckert.

Im Laufe der Partie rückten gleich mehrere Polizeibeamte an. Das Spiel wurde letztlich sogar unter polizeilicher Aufsicht zu Ende gespielt. Das „Rückspiel“ in dieser Saison war dann offiziell ein sogenanntes Risikospiel und stand unter Beobachtung des Kreises – es blieb friedlich.

Gewaltandrohung nach Spielende

Nicht friedlich blieb es bei einer Partie des FC Heval. „Schiri, ich schlag’ dich tot“, hatte der Unparteiische nach dem Abpfiff von einem Zuschauer zu hören bekommen. Der Spielleiter vermerkte den Vorfall im August 2018 ordnungsgemäß im digitalen Spielberichtsbogen und setzte auch den Haken bei „Gewaltandrohung“.

„Mein Gegenspieler hat mich Neger genannt“

Es müssen aber nicht unbedingt die Fäuste fliegen, um über die Stränge zu schlagen. „Mein Gegenspieler hat mich Neger genannt“, berichtete ein zwölfjähriger Fußballer der JSG Erft im Oktober 2019 im Gespräch mit dieser Zeitung. Die rassistische Beleidigung habe ihn total aus dem Konzept gebracht, sagte er.

An Fußball sei nicht mehr zu denken gewesen. Als dann auch noch Eltern und Zuschauer in die rassistischen Beschimpfungen einstimmten, sei alles vorbei gewesen. „Ich habe geweint“, sagte der Junge, der in Deutschland geboren ist und dessen Eltern aus dem Kongo stammen.

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Wolfgang Prieß ist Trainer beim SV Metternich. Er trainierte aber auch den SV Bessenich und SV Zülpich – Teams, in der viele Akteure ausländische Wurzeln haben. „Meine Spieler mussten sich oft Dinge wie »Ihr habt hier nichts zu suchen« oder »Junge, warum bist du denn so schwarz? Willst du ein paar Bananen haben?« anhören“, so Prieß.

Rassistische Beleidigungen sind keine Einzelfälle

Bei einem Probetraining seines sechsjährigen Sohns beim 1. FC Köln sei er Zeuge eines beschämenden Ausrufs eines Zuschauers geworden: „Ein dunkelhäutiger Spieler kam etwas später auf den Platz. Da rief ein Zuschauer doch tatsächlich: »Zu lange im Ofen gewesen, oder was?«“ Ein Einzelfall? Mitnichten, so Prieß.

Auf den Plätzen seien Rassismus und Beleidigungen an der Tagesordnung. „Wenn die eigene Leistung nicht mehr ausreicht, wird eben so richtig durchbeleidigt“, erzählte er und fügte fast schon resignierend hinzu: „Das will aber von den Offiziellen keiner wahrhaben. Es wird einfach nichts unternommen.“