EuskirchenSchulen müssen auf Wunsch negatives Testergebnis bescheinigen
Kreis Euskirchen – Geimpft, genesen, getestet. Die drei „G“ sollen zurück in einen normalen Alltag führen und mehr Freiheiten bieten. Schülerinnen und Schüler können sich seit dieser Woche den Weg ins Testzentrum für den offiziellen Nachweis sparen: Das Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW hat Ende Mai angeordnet, dass „bei den Schultestungen jeder getesteten Person auf Wunsch für jede Testung, an der sie unter Aufsicht teilgenommen hat, von der Schule ein Testnachweis ausgestellt“ wird.
Für die Schulen bedeutet das einen Mehraufwand. „Die Formulare müssen ausgedruckt, ausgefüllt und von den Kollegen unterschrieben werden“, sagt Roswitha Schütt-Gerhards, Schulleiterin der Clara-Fey-Schule in Schleiden. Bei den Testungen am Montag sei die Nachfrage allerdings noch moderat gewesen, wobei deutlich mehr Schülerinnen und Schüler der Oberstufe den Nachweis anforderten als die aus der Unterstufe. Schütt-Gerhards habe das Angebot aber auch nicht groß publik gemacht, sagt sie. Das liegt auch daran, dass sie die Bescheinigungen nicht sorglos unterschreibt: „Ich habe schon leichte Bauchschmerzen dabei. Die Schüler sind kein geschultes Fachpersonal.“ Zwar würden die Selbsttests unter Aufsicht der Lehrer durchgeführt, aber die Tests sind laut Schütt-Gerhards nicht mit denen in einem Testzentrum gleichzusetzen.
Mit gutem Gewissen stellt dagegen Schulleiter Ulrich Lindner-Moog die Bescheinigungen für die Tests aus. Das liege daran, dass die Kinder der Katholischen Grundschule Mechernich einen Lolli-PCR-Test machen, der im Labor ausgewertet wird. Lindner-Moog ärgert sich, dass vor einigen Wochen seine Bitte, Bescheinigungen ausstellen zu dürfen, vom Land NRW noch abgelehnt worden sei. Bisher sei die Nachfrage gering: „Die Schüler gehen ja noch nicht in Restaurants mit Freunden, sie brauchen die Nachweise eher für den Sportverein. Dafür mache ich das gerne.“ Nach allem, was man schon wuppen musste, sei das gut machbar, so Lindner-Moog.
Bescheinigungen sind logistische Herausforderung
Bereits am Dienstag rechnete Dr. Michael Szczekalla, Leiter des Emil-Fischer-Gymnasiums in Euskirchen, damit, dass die Lehrkräfte am großen Testtag am Mittwoch viele Bescheinigungen auszufüllen hätten. „Vor dem langen Wochenende wird die Nachfrage sicher hoch sein“, sagte Szczekalla, und er behielt recht.
In puncto Verantwortung hält er das Ausstellen der Bescheinigungen nicht für problematisch, schließlich führten die Lehrkräfte bei der vorgegebenen Durchführung der Selbsttests Aufsicht und könnten anhand des Kontrollstreifens erkennen, ob diese richtig ausgeführt wurden. Zwar falle durch die Testzeit Unterricht aus, doch die Tests seien notwendig. „Die Bescheinigungen sind noch mal so ein anderes Thema“, fügte er hinzu. Das sei „schon auch logistisch nicht so ganz einfach“.
Auch an dem anderen Gymnasium der Kreisstadt hielt sich die Nachfrage nach Bescheinigungen über die negativen Testergebnisse in Grenzen. „Ich habe sogar eine Durchsage gemacht, um auf die Möglichkeit hinzuweisen“, so der Schulleiter der Marienschule, Michael Mombaur. Die Vorgabe des Ministeriums habe zunächst einmal Kopfschütteln ausgelöst, da man schlimmstenfalls mit Tausenden von Zetteln bis zu den Sommerferien hätte rechnen müssen. Die ersten Tage zeigten aber, dass aus der Schülerschaft der Marienschule nur wenige nach der Bescheinigung verlangten. „Schwierig finde ich, dass dem Sozialraum Schule insgesamt immer mehr abverlangt wird“, so Mombaur, der aber gleichzeitig zufrieden darauf verweist, dass man bislang alle Herausforderungen gemeinsam gut gemeistert habe.
Aufgabe der Schulen oder der Eltern?
Ganz weit entfernt von möglichen 1300 auszugebenden Bescheinigungen pro Woche ist nach erster Einschätzung auch das Franken-Gymnasium in Zülpich. Hygienemaßnahmen sowie Testungen in der Schule seien richtig und nachvollziehbar, betont Schulleiter Joachim P. Beilharz. Kritisch sehe er aber, dass „keine neuen Ressourcen geschaffen werden und Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitende immer mehr über ihr Maß hinaus belastet sind“.
Am St.-Angela-Gymnasium in Bad Münstereifel kümmert sich eine Kraft, die sich im Freiwilligen Sozialen Jahr befindet, federführend um die Vorbereitung und sorgt dafür, „dass der Vorrat an vorbereiteten Bescheinigungen nicht abreißt, auf die nur noch der Name des Schülers und die Unterschrift des Lehrers kommt“, sagt Schulleiter Bernhard Helfer.
Grundsätzlich sei er nicht der Meinung, dass Testungen Aufgabe der Schule seien, sondern viel besser unter Aufsicht der Eltern durchgeführt werden sollten, sodass eventuell positiv getestete Schülerinnen und Schüler gar nicht erst in den Schulbus steigen. „Aber der politische Wille ist ein anderer, und das haben wir zu akzeptieren“, so Helfer.
Schulleiter reagiert mit bissigem Humor
Wiete Dunker, Leiterin des Grundschulverbunds Erft-Swist, hält das Ausstellen der Bescheinigungen für „aufwendig, aber nur konsequent“. Die Maßnahme sei gut für die Familien und die Kinder, da dadurch keine weitere Testung – unter Umständen mit Nasen-Rachen-Abstrich – nötig sei. Wie viele der rund 420 Schüler des Verbunds sich das Testergebnis bescheinigen lassen, konnte sie am Mittwoch noch nicht sagen. Die Lehrer hätten damit kein Problem.
An den beiden Standorten des Grundschulverbunds Hellenthal in Hellenthal und Reifferscheid mit insgesamt 1700 Schülern wurden bisher fünf Bescheinigungen ausgefüllt. „Ich finde das ausgesprochen praktisch. Wir haben die Atteste für Kinder ausgefüllt, die damit in die Musikschule oder zum Schwimmtraining gegangen sind“, so Schulleiterin Gaby von der Heydt. So könnten die Kinder wieder mehr am normalen Leben teilnehmen.
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Erst am Donnerstagabend sei er über die neue Verordnung des Ministeriums informiert worden, teilte Stephan Steinhoff, Schulleiter der Gesamtschule Weilerswist, mit. Durch das mündliche Abitur zu Beginn der Woche standen erst am Mittwoch wieder regulär Testungen in der Schülerschaft an. „Ich hoffe, dass nicht alle 1147 Schüler der Gesamtschule am Donnerstag ins Kino oder ins Schwimmbad wollen“, so Steinhoff. Anderenfalls wären zwei von drei Schulsekretärinnen ausschließlich mit dem Ausstellen der Bescheinigungen beschäftigt.
Mit bissigem Humor konterte ein weiterer Schulleiter aus dem Kreis, der namentlich nicht genannt werden will, die Verordnung aus dem Schulministerium. Er sei versucht gewesen, folgenden Deal vorzuschlagen: „Anstatt der üblichen 18 Euro pro Bürgertest könnte das Land zwölf Euro an unseren Förderverein überweisen“, so der Schulleiter. „Wir würden auch garantiert nur jene abrechnen, die tatsächlich einen Test durchgeführt haben.“
Harsche Kritik
Der Philologen-Verband NRW, die Rheinische Direktorenvereinigung und die Westfälisch-Lippische Direktorenvereinigung der Gym-nasien kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme das Ausstellen von Testnachweisen durch die Schulen. Dies bedeute einen „erneuten großen zeitlichen und organisatorischen Aufwand für die Schulen“.
Bisherige Maßnahmen in Schulen hätten darauf abgezielt, den Präsenzunterricht sicherer zu machen. „Ein Nachweis über einen negativen Selbsttest unter Aufsicht kann aber doch ausschließlich dazu dienen, außerhalb von Schule verwendet zu werden. Ein Nutzen für die Sicherheit in der Schule kann nicht erkannt werden“, heißt es in dem Schreiben.
„Unverantwortlich, Schulen als Test-Dienstleister zu instrumentalisieren“
„Zusätzlich geht wieder wertvolle Unterrichtszeit durch das Ausfüllen, Einsammeln und Verteilen der Testnachweise verloren. Gerade in der jetzigen Zeit wäre eine Konzentration auf den Unterricht sehr wichtig“, sind sich die drei Verbände in ihrer Stellungnahme einig.
Unter anderem schlagen die Verbände vor, dass Eltern in einer Rundmail aufgefordert werden sollten, die Schulen durch diese Nachweise so wenig wie möglich zu belasten und die Bürgertestungen in Anspruch zu nehmen.
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Der Lehrerverband NRW äußerte ebenfalls harsche Kritik an der Neuerung und nannte es „unverantwortlich, die Schulen als Test-Dienstleister zu instrumentalisieren“. Ähnlich äußerte sich auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. (hn)