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Caritas EuskirchenSo verlief die Sonderimpfaktion für Wohnungslose

Lesezeit 5 Minuten
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Das mobile Impfteam leistete Fließbandarbeit und impfte am Mittwoch 70 Menschen in der Tagesstätte für Wohnungslose.

Euskirchen – Die warme Mahlzeit, die Tasse Kaffee oder das Beratungsgespräch - all das spielte am Mittwoch ausnahmsweise nur eine untergeordnete Rolle in der Caritas-Tagesstätte für Wohnungslose an der Kommerner Straße. Der Andrang war einem anderen Angebot geschuldet, dass der Caritasverband seinen Klientinnen und Klienten erstmals machte: Wer wollte, konnte sich von einem mobilen Impfteam des Impfzentrums Marmagen gegen Covid-19 impfen lassen.

Martin Jost, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes für das Kreisdekanat Euskirchen, und seiner Stellvertreterin Maria Surges-Brilon, die auch Bereichsleiterin für die Fachambulanz „Sucht und Hilfen für Wohnungslose“ ist, war die Freude über die gelungene Impfaktion deutlich anzumerken.

Kaffee und Kuchen für Impflinge

„Der Caritasverband hat sich auf Diözesan-Ebene starkgemacht, die hoch vulnerable Gruppe der Wohnungslosen nicht zu vergessen“, sagte Jost, der gemeinsam mit Surges-Brilon anpackte und den Impflingen nach dem Pieks in den Oberarm die 15 Minuten Beobachtungszeit mit Kaffee und Kuchen versüßte. Umso erleichterter sei man gewesen, als vergangene Woche vom Kreis die Meldung kam, dass man am Mittwoch mit dem Vakzin von Johnson & Johnson Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen impfen könne.

Alle der rund 100 Klientinnen und Klienten, die in der Tagesstätte ein Postfach besitzen, wurden über das Impfangebot informiert. „47 haben zugesagt und sich einen festen Termin gesichert“, so Maria Surges-Brilon. Schnell wurde am Mittwochmittag deutlich, dass es dabei nicht bleiben würde: In die Schlange derjenigen, die im 30-Minuten-Takt einbestellt worden war, mischten sich immer neue Menschen, die sich eine Impfung abholen wollten. Zuvorderst waren aber jene an der Reihe, die auf der Straße leben und keine eigene Wohnung haben.

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„Wir sind froh um jeden Einzelnen, der sich impfen lässt“, meinte Maria Surges-Brilon. In den letzten 14 Monaten habe man in der Tagesstätte und der angeschlossenen Notschlafstelle viel Vorsicht walten lassen, jede Maßnahme zur Senkung der Ansteckungsgefahr eingehalten. Trotzdem habe auch eine große Portion Glück dazu gehört, dass es keine Ausbrüche vor Ort gab. „Zu unserer Klientel zählen Menschen, die oftmals viele Vorerkrankungen haben und damit besonders gefährdet sind, trotzdem haben viele keine Anbindung an einen Hausarzt, der sie impfen könnte“, so Surges-Brilon.

„Wir sind positiv überrascht, wie viele heute zugesagt haben“, meinte auch Sozialpädagoge Markus Niederstein. Anfang des Jahres sei die Skepsis unter den Wohnungslosen noch groß gewesen bezüglich der Impfung. „Viele meinten, sie wollten keine Versuchskaninchen sein. Umso schöner ist es, dass sich die meisten nun anders entschieden haben“, sagte Niederstein. Ein Grund für den Wandel sei gewiss, dass viele zwischenzeitlich erlebt hätten, dass Bekannte und Freunde an Corona erkrankt wären. „Die Gefährlichkeit des Virus ist dadurch nicht mehr so abstrakt.“

Nur eine Injektion

Der Impfstoff von Johnson & Johnson ist ein sogenannter Vektor-Impfstoff, genau wie Astrazeneca. Vektor-Vakzine basieren auf einem harmlosen Virus, das mit genetischen Material des Coronavirus ergänzt wird. Nach der Injektion wird das Immunsystem dazu angeregt, Abwehrstoffe zu bilden. Die Wahrscheinlichkeit, nach der Impfung an Covid-19 zu erkranken, sinkt um 66 Prozent. Vor schweren Verläufen ist man zu 85 Prozent geschützt.

Der große Vorteil des Vakzins von Johnson & Johnson ist, dass es nur einmal verabreicht werden muss, um voll wirksam zu sein. Insgesamt geht die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege von 60.000 Wohnungs- und Obdachlosen in NRW aus, die jetzt geimpft werden können. (hn)

Manch einer, der am Mittwoch vor und in der Tagesstätte anstand, um sich die Impfung abzuholen, wusste noch gar nicht, dass es bei einer einzigen Injektion bleiben würde. „Dann ist das ja gar nicht Johnson& Johnson, sondern nur Johnson“, scherzte einer der Besucher, nachdem er erfahren hatte, dass er nur einmal zum Impfen erscheinen müsse.„Ich bin froh, dass ich das jetzt hinter mich gebracht habe“, erzählte Volker Wilke.

War froh, es hinter sich gebracht zu haben: Volker Wilke.

Für den 60-Jährigen, der seit drei Wochen in der Notschlafstelle übernachtet, sei Corona von Anfang an eine erstzunehmende Sache gewesen. „Ich war die ganze Zeit sehr vorsichtig, habe immer lieber alleine im Park gesessen, als mit vielen anderen zusammengehockt, habe immer eine Maske getragen.“ Trotzdem habe auch er überlegt, ob er sich impfen lassen soll; eine Restskepsis gegenüber den neuen Impfstoffen bleibe.

Fließbandarbeit des Impfteams

Das zweiköpfige mobile Impfteam leistete förmlich Fließbandarbeit. Jeder Impfling, der zuvor seine Einverständniserklärung ausgefüllt hatte, erhielt erst die Injektion und dann von Mediziner Dr. Karl Peter Schumacher die Impfbescheinigung überreicht. Wer fertig war, wurde über ein ausgeklügeltes, auf dem Boden markiertes Leitsystem in den hinteren Aufenthaltsraum oder den Pavillon im Hof geführt.

Dort mussten alle die vorgeschriebenen 15 Minuten warten, damit auf etwaige Impfreaktionen sofort hätte reagiert werden können. „Muffins, Brownies oder Schokokuchen?“, brachte Maria Surges-Brilon die selbstgebackenen Leckereien an den Mann und die Frau, die sich über den tollen Rundum-Service des Caritas-Teams freuten.

Verteilten Kaffee und Kuchen an die Impflinge: Vorstandsvorsitzender Martin Jost und Stellvertreterin Maria Surges-Brilon.

Recht schnell wurde deutlich, dass am Mittwochnachmittag weitaus mehr Menschen den Weg in die Caritas-Tagesstätte gefunden hatten, als die angekündigten 47 Impflinge. „Es ist genug Impfstoff da, wir müssen niemanden fortschicken“, war sich die stellvertretende Vorstandsfrau Surges-Brilon sicher.

Und so kam es auch: Am Ende des Tages hatten 70 Wohnungslose sowie andere Klientinnen und Klienten der Tagesstätte ihre Impfung mit Johnson & Johnson bekommen. Sie sind in zwei Wochen zu 75 bis 85 Prozent vor schweren Verläufen und zu 65 Prozent gänzlich vor einer Erkrankung an Corona geschützt.