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Euskirchener Ärzte geben TippsWarum sogar Botox gegen chronische Migräne helfen kann

Lesezeit 4 Minuten
Dr. Bauer Dr. Nolden-Hoverath

Klärten Betroffene bei einem Vortrag auf: Chefarzt Dr. Hartmut Bauer und seine Kollegin, Oberärztin Dr. Silke Nolden-Hoverath.

  1. Rund ein Prozent der Deutschen leiden an chronischer Migräne.
  2. Die Euskirchener Ärzte Dr. Hartmut Bauer und Dr. Silke Nolden-Hoverath geben Tipps gegen das Leiden.
  3. Dabei kann in Einzelfällen sogar Botox gegen Migräne weiterhelfen.

Euskirchen – „Ich kann heute nicht, ich hab’ Migräne.“ Diesen Satz haben wohl etliche schon mal von Freunden oder Bekannten gehört. Viele Zeitgenossen leiden unter Kopfschmerzen. „Die Krankheit ist gar nicht so harmlos, wie man vielleicht denken mag“, sagt Dr. Hartmut Bauer, Chefarzt der Neurologie im Marien-Hospital in Euskirchen. Migräne-Patienten hätten zum Beispiel ein höheres Schlaganfallrisiko.

Zehn Prozent der Deutschen leiden laut dem Experten an Migräne. Von einer Migräne spricht man dann, wenn die Kopfschmerzen eine bestimmte Anzahl von Kriterien erfüllen. Zum Beispiel, wenn Kopfschmerzen einseitig und pulsierend auftreten und sehr schmerzhaft sind. Sie stehen oftmals auch in Verbindung mit Übelkeit und Erbrechen und können bei körperlicher Belastung zunehmen. Darüber hinaus reagieren viele Betroffene bei den Attacken allergisch auf Licht und Geräusche. Solche Migräne-Attacken dauern zwischen vier und 72 Stunden. Es kann auch sein, dass damit verbunden eine Seh- oder Sprachstörung oder ein Taubheitsgefühl auftritt. Auch Kinder können schon unter einer Migräne leiden.

Ein Prozent leidet an chronischer Migräne

Ein Prozent der Deutschen leiden an chronischer Migräne, so Bauer. Dies bedeutet, dass die Patienten mindestens 15 Tage im Monat an Kopfschmerzen leiden, davon mindestens acht Tage an Migräne. „Die chronische Migräne kann das Leben der Betroffenen erheblich einschränken“, so der Experte.Die Migräne gehört zur Gruppe der primären Kopfschmerzen. Das heißt, dass der Kopfschmerz nicht wie bei den sekundären durch eine andere Erkrankung verursacht wird.

Viele Patienten, so Bauer, nehmen bei einer Migräne-Attacke Schmerztabletten gegen Kopfschmerzen ein. Darüber hinaus gebe es Betroffene, die eine prophylaktische Therapie machen, um den Kopfschmerz zu bekämpfen. Dies bedeutet, dass sie regelmäßig Medikamente dagegen einnehmen und nicht nur, wenn die Attacke sie lähmt. Bauer spricht von Betablockern, Calcium-Antagonisten oder zum Beispiel Antiepileptika.

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Bei einer chronischen Migräne gibt es darüber hinaus eine Behandlungsmöglichkeit mit Botox, die in den letzten Jahren Erfolg gezeigt hat. „Meines Wissens sind wir im Kreis Euskirchen die Einzigen, die eine Behandlung mit Botulinumtoxin A anbieten“, berichtet der Neurologe. Bei dieser Therapie wird den Patienten Botox unter die Kopfhaut gespritzt, das sowohl die Häufigkeit der Attacken als auch deren Intensität lindern kann: „Als wir die Therapie vor etwa vier Jahren hier begonnen haben, war ich sehr skeptisch, allerdings liegt die Ansprechrate laut Studien bei 70 bis 80 Prozent – auch bei unseren Patienten“, so der 55-Jährige.

Etwa 30 Patienten nehmen die Behandlung, die etwa alle drei Monate durchgeführt wird, im Euskirchener Krankenhaus in Anspruch. Eine Sitzung kostet etwa 500 Euro. Die Therapie für Erwachsene werde laut Bauer von der Krankenkasse übernommen. Der Chefarzt stellt klar, dass diese Therapie nur für Patienten infrage kommt, die chronische Migräne haben. Außerdem muss nachgewiesen sein, dass andere Maßnahmen wie eine prophylaktische Therapie nicht angeschlagen haben oder nicht verträglich waren. Erst dann kann ein Neurologe die Patienten an einen Arzt überweisen, der die Therapie durchführt. Wenn selbst die Botox-Therapie nicht hilft, kann auf etwas ganz Neues zurückgegriffen werden: die Behandlung mit CGRP-Antagonisten.

Tipps gegen Kopfschmerzen und Migräne

Der Chefarzt weist darüber hinaus auf Lösungen hin, Kopfschmerzen und Migräne zu lindern, ohne Medikamente einzunehmen. Laut Studien hätten sich Entspannungsverfahren wie Yoga, Ausdauersport oder eine psychologische Betreuung der Betroffenen bewährt.Der Neurologe selbst nimmt direkt eine Schmerztablette, sobald sich eine Migräne-Attacke anbahnt. „Ich merke das oft schon vorher, dann sollte man sofort reagieren“, erklärt er.

Oberärztin Dr. Silke Nolden-Hoverath vom Euskirchener Marien-Hospital ist Spezialistin auf dem Gebiet der sekundären Kopfschmerzen. Sie erklärt, dass diese zum Beispiel die Folge einer Hirnblutung sein können und ganz plötzlich und unerwartet auftreten. So gebe es beispielsweise einen Kopfschmerz, der durch die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln entstehe. Sekundäre Schmerzen sollten immer sofort medizinisch abgeklärt werden.

70 Prozent der Menschen leiden allerdings an einem primären Kopfschmerz, der nicht mit anderen Erkrankungen in Verbindung steht. Dazu gehören zum Beispiel auch Spannungs- und Cluster-Kopfschmerzen. Der Spannungskopfschmerz tritt meist beidseitig auf und ist drückend. Der Cluster-Kopfschmerz, an dem häufig junge Männer in der Nacht leiden, tritt einseitig in Intervallen auf und kann sehr schmerzhaft sein.

Im Marien-Hospital in Euskirchen finden regelmäßig Vorträge über Krankheiten, auch über die der Neurologie hinaus, statt. Die Termine stehen online unter „Veranstaltungen“.