„Grundton D“Wolf Werth blickt auf beliebte Euskirchener Konzertreihe zurück
Euskirchen-Kreuzweingarten – 1990 hat Wolf Werth, ehemaliger Redakteur und Leiter der Abteilung Musik und Informationen beim Deutschlandfunk, begonnen, Konzertreihen zum Benefit von Denkmälern in der ehemaligen DDR zu organisieren. Jetzt hat er in einem Porträt allen Konzerten bis 2010 ein Buch mit dem Titel „Grundton D“ gewidmet. Einerseits dient es dazu, der Nachwelt einen Eindruck von wichtigen Kulturgütern in den östlichen Bundesländern nahezubringen. Andererseits belegt die Chronik, was auch in schwierigen Zeiten für den Denkmalschutz geleistet werden kann.
Die Konzerte fanden, wenn möglich, direkt in oder an den Denkmälern statt. Die Musiker erhielten ein volles Honorar, auch wenn es sich um Benefiz-Veranstaltungen handelte. „Wir wollten beste Leistungen von den Musikern“, so Werth. Und: „Die Bedingungen vor Ort waren oft schwierig. Viele Denkmäler waren Baustellen – kalt, feucht und staubig. Das ist für Instrumente und Spieler ein Problem. Wir nannten die Veranstaltungen auch Konzertreihe der schmutzigen Schuhe.“
Zusammenrücken
Was Wolf Werth in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz auf die Beine gestellt hat, kann in seiner Wirkung kaum überschätzt werden. Zum einen rückte die Konzertreihe die Kulturgüter der einstigen DDR ins Bewusstsein, die zuvor im Westen wie im Osten kaum wahrgenommen worden waren. Leider befanden sich viele von ihnen in einem beklagenswerten Zustand. Dann rückten durch dieses Projekt der ehemalige Rundfunk der DDR und der Deutschlandfunk enger zusammen.
Diese Reihe war ein politisches Zeichen, das den Bürgern der neuen Bundesländer zeigte, dass man nun zusammengehört und sich gegenseitig unterstützt. (fkn)
Werth bezeichnet das Honorar aus diesen Gründen als Schmerzensgeld. Da die Konzerte im Radio übertragen wurden, durfte dennoch nicht an Qualität gespart werden. Es waren hochkarätige Musiker verschiedenster Stilrichtungen, die gebucht wurden. The King’s Singers, Musica Antiqua Köln, aber auch Konstantin Wecker war dabei.
Eintrittsgelder und Spenden wurden ohne Abzug dem Erhalt des jeweiligen Denkmals zur Verfügung gestellt. Werth erinnert sich: „Einmal kam eine ältere, freundliche Dame nach einem Konzert auf mich zu und sagte: „Ich möchte eine Million Euro spenden. Ich habe das zuerst nicht ernst genommen. Aber ein paar Tage später waren 600.000 Euro eingezahlt worden. Der Rest kam kurz darauf.“ Insgesamt ergaben die Spenden bis 2010 vier Millionen Euro. Bis heute sind es fünf Millionen bei über 300 Konzerten.
Konzert-Annekdoten
Das D im Titel der Veranstaltungsreihe steht entsprechend sowohl für Denkmal als auch für Deutschland. Schon 2009 erhielt Werth für diesen Beitrag für Denkmalschutz und Deutsche Einheit das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik.
Im Buch erfährt der Leser manches über den ehemaligen Zustand der Kulturdenkmäler. „In Görlitz wollten wir in einer alten Synagoge spielen“, erinnert sich Werth: „Die einzige Synagoge Deutschlands, die in der Pogromnacht 1938 nicht niederbrannte.“ Und an den Schrecken kurz vorm Konzert: „Einen Tag vor dem Auftritt kam eine riesiger Brocken Stuck in Form eines Löwen von der Decke herunter und fiel genau auf den Platz, wo die Musiker hätten stehen sollen. Das Konzert wurde daraufhin sicherheitshalber an einen anderen Ort verlegt. Ein Unfall hätte das Ende der Reihe bedeuten können.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Zum Ende ist es glücklicherweise nicht gekommen. Coronabedingt ruhen die Grundton-D-Konzerte aber momentan. Inzwischen werden sie nicht mehr nur in den östlichen Bundesländern durchgeführt. Werth hat nach seiner Pensionierung 2010 seine Kenntnisse und Kontakte auch im Kreis Euskirchen fruchtbar werden lassen. 2003 zog er von Weilerswist nach Kreuzweingarten und leitete bis zum Jahreswechsel das Ortskuratorium Euskirchen/Eifel für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Einschränkungen durch Corona verschafften ihm Zeit, das Buch über die ersten 20 Jahr Grundton D fertigzustellen.