75 Jahre Ardennen-OffensiveBriefe von der Front in Hellenthal ausgestellt
Hellenthal – Was hat der Zweite Weltkrieg für die Bevölkerung bedeutet außer Zerstörung und unendlichem Leid? Was ist von dem Krieg, der weltweit um die 60 Millionen Opfer kostete, übrig geblieben?
Katharina und Dieter Koenn aus dem kleinen Ort Wiesen in Hellenthal haben eine ganze Menge an Gegenständen vom Krieg erhalten. Dieter Koenn sammelt alles, was mit dem Ereignis, das die Welt nachhaltig verändert hat, zu tun hat. Dabei geht es dem Rentner und seiner Ehefrau, der CDU-Gemeindeverbandsvorsitzenden in Hellenthal, nicht etwa um Kriegswaffen oder gar hochexplosive Relikte der Front, sondern vor allen Dingen um Schriftverkehr, um Dokumente und Zeitzeugnisse.
Diese helfen der Nachwelt, das Leben ihrer Vorfahren zu verstehen. Sie erklären auch, wie man damals gelebt hat, welche Einstellung die Menschen zum Krieg sowie zu den heute als Nachbarn und Freunden angesehenen europäischen Staaten hatten. Auch dokumentieren sie, wie die Propaganda der Nationalsozialisten die Haltung der Menschen veränderte und später vor dem Hintergrund der kriegerischen Realität doch nicht mehr zu erreichen verstand.
Feldpostbriefe und Totenzettel
Anlässlich des europäischen Friedensfestes und der zweiwöchigen Ausstellung „75 Jahre Ardennenoffensive – Frieden, wir arbeiten dran“ in der Grenzlandhalle in Hellenthal hat das Ehepaar gesammelte Feldpostbriefe und Totenzettel der Soldaten ausgewählt und stellt die kleine Sammlung der Öffentlichkeit vor. So haben Katharina und Dieter Koenn die Briefe eines Soldaten aus dem damals westpreußischen Marienburg erhalten. Er informiert darin seine Eltern, dass er gerade in München bei seiner Ausbildungseinheit angekommen ist, dass seine Kameraden, mit denen er die Stube teilt, noch nicht angekommen sind und was er am Abend noch vorhat.
Das Feldpostsystem
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde das Feldpostsystem der Wehrmacht eingeführt, damit die Soldaten im Feld Kontakt zu ihren Angehörigen in der Heimat und die Angehörigen in der Heimat Kontakt zu den Frontsoldaten halten konnten. In der Wehrmacht wurden je selbstständiger Einheit wie etwa Kompanie, Batterie oder Bataillon fünfstellige Nummern vergeben, unter denen die Soldaten postalisch erreichbar waren.
Die Soldaten durften Feldpostbriefe nicht mit an die Front nehmen, um geheimhaltungswerte Inhalte nicht versehentlich dem Gegner zu verraten. Die Feldpostnummern und die dazugehörigen Einheiten waren geheim. Es gab eigene Feldpostleitstellen, eigene Feldpostzüge und Sackwagen für Feldpostpäckchen.
Die Feldpost wurde an bestimmte Feldpostämter geleitet, wo Angehörige der Truppenteile die Post für ihre Kompanie oder ihr Bataillon abholten. Dafür gab es spezielle Ausweise.
Es war verboten, auf die Feldpostbriefe die Einheit zu schreiben. Dort durften lediglich der Name, der Dienstgrad und die Feldpostnummer vermerkt werden. So ist es in einschlägigen Veröffentlichungen nachzulesen. (bz)
Noch mehr Dokumente aus dem Nachlass des jungen Soldaten sind erhalten. Unter anderem Briefe der Eltern an ihn und Feldpostbriefe nach seiner Gefangennahme aus einem Kriegsgefangenenlager in Middle East in England. Da tobte der Zweite Weltkrieg noch, und die Briefe des Kriegsgefangenen wurden von der deutschen Wehrmacht gelesen, bevor sie seinen Eltern ausgehändigt wurden. Auch handgeschriebene Briefe an den jungen Mann sind in der Sammlung der Koenns enthalten. Diese sind von den Eltern mit Bleistift auf Papier niedergelegt, was auf den damals bereits herrschenden Mangel an Material hindeutet.
Ausstellung in der Grenzlandhalle
Dieter Koenn hat aber auch Teile seiner Familiengeschichte gesammelt und macht diese so für die Öffentlichkeit zugänglich. So besitzt er etwa die Totenzettel seiner Onkel Wilhelm und Ernst, die in Russland in den Kriegsjahren 1941 und 1942 gefallen sind. Oder die Totenbenachrichtigung seiner Tante Winfriede, die als Rotkreuzhelferin arbeitete und 1947 mit nur 22 Jahren starb, nachdem sie unheilbar erkrankt war. Ganz nebenbei erfährt der aufmerksame Leser, dass die Familie Ferdinand Koenn, die aus der Ehe des Ferdinand Koenn aus Dickerscheid mit Maria Katharina Hupp aus Zingscheid am 5. Juni 1903 hervorging, mit 13 Kindern gesegnet war, von denen fünf schon im jugendlichen Alter starben. Und dass die Mutter von Ernst und Wilhelm Koenn 1940 bei einem Autounfall starb.
Die Sammlung von Katharina und Dieter Koenn ist während der gut zweieinhalb Wochen dauernden Ausstellung in der Grenzlandhalle zu sehen.