Der Weiße Stein bei Udenbreth ist für die Wetterbeobachtung ideal. Moderne Messinstrumente sollen von dort mehr als 100 Umweltdaten liefern.
Wetterstation DonnerwetterKünftig wird der Schnee am Weißen Stein in Udenbreth gewogen
Zuverlässigkeit ist eine lobenswerte Charaktereigenschaft, besonders, wenn sie mit Pünktlichkeit kombiniert wird. „Ich habe gesagt, am Samstagnachmittag bekommen Sie Schnee, und ich habe geliefert“, sagt Dr. Karsten Brandt und sieht so zufrieden aus, als hätte er die Schneeflocken persönlich auf den Weißen Stein gefahren.
Hat er natürlich nicht, ein erfahrener Meteorologe und Klimatologe wie Brandt lässt liefern. Denn es gehört zum Berufsbild zu wissen, wann und wo es schneien könnte. Auf seiner Internetseite und für mehrere Radiosender teilt Brand sein Wissen mit der Öffentlichkeit.
Das Landesumweltamt rüstet die Wetterstation in Udenbreth weiter auf
In Zukunft dürften die Daten, die in seinem „Donnerwetter Wetterpark“ am Weißen Stein in Udenbreth von einer Unmenge an Geräten ermittelt werden, noch exakter werden. Denn das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) hat sich bei ihm eingemietet und bereits die ersten Messinstrumente aufgestellt. „Damit wird der Weiße Stein zum bestausgerüsteten Standpunkt des Lanuv mit Hilden und dem Hochsauerlandkreis“, sagt Brandt stolz.
Neben den Daten, die hier oben seit zwölf Jahren erhoben werden, kommt nun eine Vielzahl neuer Geräte auf den Weißen Stein. Dann würden an diesem Standort weit mehr als 100 Umweltdaten ermittelt, so Brandt. „So etwas ist in Deutschland sonst nicht zu finden. Es gibt kaum einen Wert, der nicht ermittelt wird“, ordnet er die Zahl ein.
Auch Radioaktivität und Erdbeben werden am Weißen Stein gemessen
Bereits seit mehreren Jahren misst das Bundesamt für Strahlenschutz im Wetterpark die Radioaktivität, und auch ein Erdbebensensor ist hier zu finden.
Mit dem Standort auf dem höchsten Punkt des Rheinlandes hat der Bonner vor zwölf Jahren eine Marktlücke getroffen. Auch wenn hier besondere Bedingungen vorliegen, fand bis dahin keine Wetterbeobachtung statt. „Der Weiße Stein war total vergessen worden“, erinnert er sich. Der Weiße Stein sei ein extremer Standort, erläutert der Wetterexperte. Hier sei eine der höchsten Regenmengen festzustellen. Und es gebe auch extrem viel Wind. Also ein spannender Standort für jemand, der sich für Wetter und Klima interessiert.
50 Führungen hat er in diesem Jahr bereits durchgeführt, meist für private Gruppen. Doch die Zielrichtung ist eine andere. „Wo wir hinwollen, das ist, noch mehr Fachleute hierherzuholen“, sagt er. Bei derart viel Messtechnik sei der Standort für alle Experten spannend. „Ich sehe da Chancen für neue Entwicklungen, andere Menschen haben andere Ideen“, hofft er.
Es gehe bei dem Einsatz des Lanuv um Hydrologie, also die Wissenschaft des Wassers, nicht um Schneehöhenmessung für Freizeitvergnügen. Gleich zwei verschiedene, spezielle Niederschlagsmesssysteme installieren die Fachleute der Landesbehörde. Dabei wird nicht nur die Menge, sondern auch das Gewicht und die Form des Niederschlags erfasst, also, ob es Graupel oder Regen ist.
Kein Verkehr, keine Industrie, keine Erschütterungen, keine Abgase
Neben Temperatursensoren für Luft und Boden, Messgeräten für Sonneneinstrahlung, Luftfeuchtigkeit und einem Ultraschallwindmesser wird auch eine Schneewaage installiert – eine der wenigen, die es gibt. „Wenn es in eine Schneedecke hineinregnet, dann wird es zwar nicht mehr Schnee, aber er ändert sein Gewicht“, erläutert Brandt die dahintersteckende Idee.
Die Fachleute des Lanuv hätten schnell begriffen, dass es derzeit keinen besseren Standort für ihre Messgeräte gebe. Verkehrsarm, keine Industrie in der Nähe, die mit Erschütterungen oder Abgasen die Werte verfälscht, damit punktet der Weiße Stein. Doch darauf angesprochen, weicht die Begeisterung in Brandts Gesicht der Sorge. „Wir haben noch Ruhe, doch der wachsende Tourismus ist ein Problem“, sagt er. Er selbst betreibt einen Wohnmobilhafen neben der Wetterstation, der Elektromodellautoverein „Eifel Elos“ soll auf dem Sportplatz angesiedelt werden, und ein Wohnpark mit Tinyhäusern wird ebenfalls geplant.
„Die einzelnen Sachen sind nicht das Problem, aber zusammen vielleicht schon“, sorgt er sich. Mit den Tinyhäusern könnte er sich noch anfreunden, wenn die vielleicht zehn Meter zurückgesetzt würden, um seinem Wohnmobilpark nicht die Aussicht zu verstellen. Schwierig habe sich außerdem das Verhältnis zu den „Zugvögeln“ entwickelt. Wegen dieses Events könne sein Wetterpark wegen Auf- und Abbau des Lagers über mehrere Wochen nicht arbeiten.
Verstimmt habe ihn, dass er von allen Planungen nur aus der Zeitung erfahren habe. „Ich bin enttäuscht, dass mit mir nicht geredet wurde“, sagt er. Er habe deshalb einen Brief an die Gemeinde geschrieben. Ein Gespräch sei jetzt vereinbart worden.
Zehn Jahreszeiten auf der Phänologischen Uhr vom Weißen Stein
Eigentlich ist es nur ein Kreis mit farbigen Abschnitten. Doch auf seine Aussage ist Dr. Karsten Brandt besonders stolz. „Das ist die Auswertung von zwölf Jahren Naturbeobachtung am Weißen Stein“, erklärt er den Sinn der Grafik seiner Phänologischen Uhr.
Seit der Wetterpark Donnerwetter sich in Udenbreth angesiedelt hat, hat Brandt akribisch bestimmte, jährlich wiederkehrende Ereignisse festgehalten, mit denen die verschiedenen Jahreszeiten voneinander abgegrenzt werden können. So kündigt die Blüte der Schneeglöckchen den Vorfrühling an, die Blüte des Holunders den Frühsommer und die Verfärbung der Süßkirsche den Vollherbst. Zehn Jahreszeiten gibt es in diesem System.
„Die Jahreszeiten verschieben sich immer weiter auf Kosten des Winters“, hat Brandt beobachtet. So betrage die Winterruhe mittlerweile nur noch rund 100 Tage. Und noch extremer sind die aktuellen Daten aus diesem Jahr, die noch nicht in die Uhr eingearbeitet wurden. „Bisher war der späteste Zeitpunkt für den Beginn der Winterruhe, der durch den Nadelfall der Europäischen Lärche markiert wird, am 7. November. In diesem Jahr haben die Lärchen erst in der letzten Woche begonnen, die Nadeln zu verlieren“, hat Brandt beobachtet.
Alarmierend sind für ihn auch die langfristigen Daten. Da für den Weißen Stein keine vorliegen, hat Brandt sich die Messergebnisse aus dem nahen Botrange in Belgien besorgt, das auf einer ähnlichen Höhe liegt. „Diese Daten zeigen, dass die mittlere Tagestemperatur gegenüber der Periode von 1950 bis 1980 um 2,1 Grad gestiegen ist“, stellt er fest. Da sei es erstaunlich, dass bei der UN-Klimakonferenz in Dubai, die am Donnerstag beginnt, immer noch vom 1,5-Grad-Ziel gesprochen werden soll. „Das haben wir nach diesen Zahlen schon hinter uns gelassen“, sagt der Experte. (sev)