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HollerathDas steckt hinter dem illegalem Kunstwerk am Westwall

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Auf dem Westwall „verewigte“ der Stimmkünstler und Philosoph Dr. Ralf Peters die Friedenstheorie des Immanuel Kant.

Hellenthal-Hollerath – Legal war die Aktion nicht. Trotzdem scheint es aber den weißen Botschaften, die nun auf zehn Westwall-Höckern zu lesen sind, nicht an den Kragen zu gehen. Im Gegenteil: Selbst Rudolf Westerburg, als Hellenthaler Bürgermeister Chef der Unteren Denkmalbehörde, zollte dem zunächst noch unbekannten Künstler Respekt: „Hut ab!“

Der Schleidener Autor Franz Albert „F.A.“ Heinen hatte die Kunstaktion auf der Höckerlinie in einem Wäldchen in der Nähe des Hollerather Knies entdeckt. Er erkannte in den aufgesprühten weißen Buchstaben die Überschriften der neun Artikel des Buchs „Zum ewigen Frieden“ des Philosophen Immanuel Kant (1724 bis 1804). Sie sind auf zehn Höckern zu lesen. Unter anderem die Charta der Vereinten Nationen wurde wesentlich von diesem Text beeinflusst, der erstmals 1795 veröffentlicht wurde. Sowohl Westerburg als auch sein Vertreter Wilfried Knips wussten nichts von einer Aktion auf dem eingetragenen Bodendenkmal. Von rechts wegen hätte die Gemeinde als Untere Denkmalbehörde informiert werden müssen, sagte Knips.

Westerburg, der auch erst durch diese Zeitung davon erfuhr, zeigte sich dennoch beeindruckt: „Das Thema Frieden an dieser Stelle passt.“ Ein Kriegsrelikt wie die Höckerlinie sei trefflich geeignet, künstlerisch entsprechend bearbeitet zu werden. Nicht weit entfernt von dieser Stelle sei 2007 bereits ein Gedenkstein als Erinnerung an die Kämpfe im Winter 1944/45 im Beisein vieler deutscher und amerikanischer Veteranen eingeweiht worden. Angeregt wurde diese Aktion damals von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte und dem Kriegsveteran Dr. Wingolf Scherer. Auf die Frage, ob die Gemeinde denn nun dafür sorge, dass die Schrift verschwindet, antwortete Bürgermeister Westerburg klipp und klar: „Ich werde da gar nichts machen!“

Wer aber steckt hinter dieser nicht genehmigten Aktion?

Über einem Mittelsmann outete sich der „Unbekannte“ schließlich. Es handelt sich um den 53-jährigen, freiberuflichen Stimmkünstler und Philosophen Dr. Ralf Peters aus Köln. Und der hat seine Aktion nicht erst kürzlich in die Tat umgesetzt, sondern bereits Ende vergangenen Jahres.

Es lag bereits Schnee, als Dr. Ralf Peters in dem Wäldchen nahe des Hollerather Knies sein Werk vollendete.

Auch geschah das Ganze nicht etwa in einer geheimnisvollen Nacht- und Nebel-Aktion: Am helllichten Tag arbeitete er vier Tage lang an seinem Kunstwerk. Peters reinigte die Höcker vom Moos und trug mittels Schablone die Schrift auf, wobei er die Buchstaben des Textes ohne Leerzeichen direkt aneinanderreihte. Nur einmal, so berichtet er, seien zwei Deutsche und ein Amerikaner vorbeigekommen, die den Gedenkstein besuchten – und sie hätten ihre Bewunderung für sein Werk zum Ausdruck gebracht, so Peters. Da sich die Höcker, die er für Kants Friedenstheorie nutzte, in einem etwas abgelegenen Fichtenwäldchen befinden, ist offenbar kaum jemand darauf aufmerksam geworden.

Angst vor möglichen Konsequenzen hat Peters nicht: „Zur Not müsste ich die Schrift eben wieder abmachen.“ Schon vor zehn Jahren habe er dieses Projekt durchführen wollen – die Genehmigung der Behörden habe sogar vorgelegen. Doch als er mit der Umsetzung beginnen wollte, habe man ihn über eine aktuelle Entscheidung informiert: Am Westwall dürften keinerlei Veränderungen vorgenommen werden.

„Diesmal habe ich nicht mehr gefragt“

Damit war das Projekt zunächst gescheitert – es ließ ihn aber nicht los. „Diesmal habe ich nicht mehr gefragt“, sagt Peters: „Ich dachte: Wenn ich das mache, stört es niemanden. Mal schauen, wie die Öffentlichkeit darauf reagiert.“

Peters stammt aus Kaisersesch. Er sagt, dass er sich schon immer für die „nicht so schöne deutsche Geschichte“ interessiert habe: „Was im Krieg in der Eifel passiert ist, ist unglaublich.“ Die Ardennen-Offensive und Vogelsang ( wo er 2006 eine CD mit Kant-Texten aus „Zum ewigen Frieden“ eingelesen hat) sind für ihn Sinnbild des Kriegsschreckens. Peters: „Das gehört zu meinem Lebensthema. Das geht mir nicht aus dem Kopf.“