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Industriebrache in HellenthalIn Blumenthal sollen Betriebe angesiedelt werden

Lesezeit 4 Minuten

Auch die ehemaligen Büroräume des 1845 von Peter Jacob Poensgen in Blumenthal gegründeten Unternehmens befinden sich auf der Brachfläche, die sich über 330 000 Quadratmeter erstreckt.

Hellenthal-Blumenthal – „Die Gemeinde ist seit vielen Jahren unzufrieden mit dieser Gewerbefläche“, sagte Manfred Schmitz (SPD). „Es dürfte bekannt sein, dass es unser Wunsch ist, aus diesen Flächen etwas zu machen.“ „Da muss dringend etwas geschehen“, schloss sich Norbert Trösch (UWV) an.

Beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen gibt es ein Förderprogramm, Flächenpool NRW genannt. Sinn und Zweck des Programms ist es, brachliegende oder zu wenig genutzte Gewerbegebiete neu zu beleben.

Die Gemeinde Kall ist über dieses Programm beispielsweise dabei, den Standort „Am Hallenbad“ in Kall zu attraktivieren. Nach den Auftaktgesprächen mit allen Eigentümern und einer Bestandsaufnahme vor Ort hat der Flächenpool mit den kooperationsbereiten Eigentümern und der Verwaltung jetzt die weitere Strategie erarbeitet. Der Flächenpool NRW ist inzwischen an 195 Standorten in 50 Städten und Gemeinden des Landes tätig, um Entwicklungsmöglichkeiten zu prüfen.

Freie Gewerbeflächen in Tallage gibt es nicht mehr

Die Gemeinde Hellenthal verfügt auch über ein zumindest teilweise als Industriebrache zu bezeichnendes Gebiet, und zwar über die Fläche unter halb der Schleidener Straße in Blumenthal. Dort befinden sich unter anderem Grundstücke der ehemaligen Drahtzieherei Poensgen und der Holz verarbeitenden Firma Stems.

Dieser Fläche neues Leben einzuhauchen ist für Rat und Verwaltung vor allem auch deshalb interessant, weil in der Tallage von Hellenthal und Blumenthal keine gewerblichen Flächen, insbesondere für kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe mehr zur Verfügung stehen.

Teamleiter Henk Brockmeyer vom Flächenpool stellte das Projekt im Bauausschuss vor. Die Politiker hielten es alle für sinnvoll, sich am Bewerbungsverfahren zu beteiligen. Dem Hauptausschuss wurde empfohlen, bei einem positiven Bescheid den Finanzierungsanteil von 9520 Euro bereitzustellen.

Kommune und Grundstückseigentümer müssen mitmachen

Voraussetzung für das Projekt ist nämlich eine Mitwirkung von Kommune und Grundstückseigentümern. Für die rund einjährige, vielleicht auch längere Projektdauer tragen die Beteiligten rund 25 bis 30 Prozent der Kosten, auf das Land entfallen also rund 70 bis 75 Prozent.

„Brachflächen sind kein Problem für die Stadtentwicklung, sie sind ungenutztes Potenzial“, sagte Brockmeyer. Der größte Teil der rund 330 000 Quadratmeter großen, teils brachliegende Fläche in Blumenthal gehört sechs Eigentümern, darunter einer, der mehr als die Hälfte der Flächen besitzt. Von Letzterem ist schon Mitarbeit signalisiert worden. „Von diesem ausgehend würden wir auf die anderen Eigentümer zugehen“, so Brockmeyer.

Teile der jetzt noch vorhandenen Betriebshallen werden als Lager genutzt, es gibt in dem Bereich noch einen Stuckateur, einen Antiquitäten-Laden und einen Kfz-Zubehör-Handel.

Vernünftige Zufahrt müsse erst geschaffen werden

Norbert Trösch merkte am, dass eine vernünftige Zufahrt geschaffen werden müsse, wenn die Fläche für neues Gewerbe aktiviert werden soll. Das sei eine der Frage, der sehr früh nachgegangen werde, sagte Brockmeyer. Auch in vielen anderen Projekte arbeite der Flächenpool eng mit dem Landesbetrieb Straßen zusammen. Brockmeyer: „Der Flächenpool ist da der richtige Mittelsmann.“

Wenn es gelinge, die Fläche in Blumenthal zu reaktiveren, verfüge die Gemeinde auf diesem Areal über ein gutes „Gewerbepolster“, so Armin Holzem (CDU).

Ausschussvorsitzender Ulrich Hoffmann (CDU) wollte wissen, was bezüglich möglicher Altlasten auf die Eigentümer zukommen könnte. Es liege bereits ein Altlastengutachten vor, informierte Bürgermeister Rudolf Westerburg, das im Zuge des Verfahren aktualisiert werden könne. Für die Eigentümer besteht bezüglich der Altlasten-Entsorgung die Möglichkeit einer Anschlussförderung, wenn das Projekt umgesetzt werden sollte, erklärte Henk Brockmeyer.

Wenn der Hauptausschuss die 9520 Euro für den Gemeinde-Anteil am 10. April genehmigt, kann die Verwaltung sich um die Teilnahme am Förderprogramm bewerben.

Hintergrund: Ein Relikt der alten Eisenindustrie

Einst war das ganze Schleidener Tal von der Eisenindustrie bestimmt. Ende des 19. Jahrhunderts war deren Niedergang aber nicht mehr aufzuhalten. Dies machte sich auch in Blumenthal bemerkbar.

Der letzte Betrieb aus dieser Ära, der überlebt hatte, war das Drahtwerk Paul Poensgen, das trotz voller Auftragsbücher 1993 wegen des Konkurses der Saarstahl AG schließen musste. Peter Jacob Poensgen, der vier Eisenhütten betrieb, gründete das Unternehmen in Blumenthal im Jahr 1845. Mit dem Niedergang der Eisenindustrie wandelte er einige seiner Hallen in Weiterverarbeitungsbetriebe um und gründete ein Eisenwalzwerk in Blumenthal. Aus ihm ging die Drahtzieherei hervor. Später übernahm sein Sohn Carl das Werk, dann wurde sein Enkel Paul Betriebsleiter. Nach Paul wurde die Firma dann auch benannt.

Um 1900 gliederte Carl Poensgen dem Betrieb ein Kaltwalzwerk an. Dort wurden in erster Linie Korsettstäbe für die Miederindustrie hergestellt. Mit dem Schweizer Eugen Schultheiß baute Poensgen nebenan ein Kabelwerk, das später sein Sohn Carl Gustav übernahm.

Völlige Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Nach völliger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde 1947 wieder mit der Produktion in Blumenthal begonnen. Aus Altersgründen verkaufte Poensgen 1968 den Betrieb an das Drahtwalzwerk Schmerbeck und Kuhlmann aus Iserlohn-Kalthof. Der Betrieb erlebte einen rasanten Aufschwung. Erst als er 1990 an die Saarstahl weiterverkauft wurde, ging es bergab, bis 1993 endgültig Schluss war.

Nachzulesen sind die Informationen über das ehemalige Drahtwerk unter dem Link http://www.hfinster.de/StahlArt2/archive-paul-poensgen-hellenthal-blumenthal-de.html von Harald Finster aus Aachen, der als Quelle Helmut Joisten aus dem Bildband über Blumenthal, Dommersbach und Bruch von Karl Giefer zitiert. (bk)