Mahnmale in HellenthalWeiter Diskussion um Stolpersteine
Hellenthal – Sieben Worte sind es nur, doch sie hatten eine stundenlange Debatte im Hellenthaler Gemeinderat am Donnerstag zur Folge.
„Soweit die angrenzenden Grundstückseigentümer hiermit einverstanden sind“, diese Passage hatte der Bauausschuss aus der Vorlage gestrichen, mit der der Rat der Gemeinde der Verlegung von Stolpersteinen durch den Kölner Künstler Gunther Demnig zustimmen sollte.
Zustimmung nicht notwendig
Doch der Rat beschloss auf seiner Sitzung am Donnerstag, sie wieder in den Entschluss aufzunehmen, da mittlerweile einer der Anwohner schriftlich seine ursprünglich erteilte Zustimmung zurückgezogen hatte. Dabei ist diese eigentlich nicht notwendig, da die Steine auf öffentlichem Grund verlegt werden sollen.
Trotzdem machte Dr. Armin Haas (CDU) Gründe des Daten- und des Persönlichkeitsschutzes für seine Mitbürger geltend. „Es ist den jetzigen Besitzern nicht angenehm, wenn bekannt wird, dass ihre Häuser früher Judenhäuser waren“, sagte er. Passanten könnten denken, sie hätten die Häuser unter Wert erworben.
„Die Erinnerung kann sich nicht auf Hellenthal und Blumenthal konzentrieren, nur weil hier zufällig die Synagoge war“, fuhr Haas fort. Das erwecke den Eindruck, Nationalsozialisten habe es nur dort gegeben. Die Stolpersteine sollten deshalb über das Gemeindegebiet verteilt werden.
Besonders Margret Felser-Micken (Bündnis90/Die Grünen), Mitglied des Arbeitskreises Judit. H, widersprach dem entschieden. „Die Steine sollen vor den ehemaligen Wohnorten der jüdischen Mitbürger verlegt werden, alles andere ist unsinnig“, stellte sie klar. „Es wäre höchst blamabel, wenn wir die Verlegung der Stolpersteine ablehnen“, mahnte sie.
Die meisten Ratsvertreter waren allerdings frühzeitig willens, auf die Bedenken von Anwohnern einzugehen. Barbara Wand (CDU) sagte für viele, es sei nicht in Ordnung, wenn Hausbesitzer zu Solidarität gezwungen würden. „In der NS-Zeit gab es kein Nein, das will ich für uns nicht“, sagte sie.
„Im falschen Film“
Heinz-Bert Weimbs (SPD) schlug vor, dass Stolpersteine, denen nicht zugestimmt wird, auf öffentlichen Plätzen verlegt würden, eine Anregung, die von der Mehrheit des Rates akzeptiert wurde.
Bürgermeister Rudolf Westerburg teilte mit, er habe im Gespräch mit den Anwohnern versucht, eine Zustimmung zu erreichen, allerdings sei da keine Meinungsänderung zu erwarten. Er erinnerte daran, dass mit den Stolpersteinen nicht nur an Juden, sondern allgemein an Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden sollte.
„Ich dachte, ich bin im falschen Film“, sagte Oliver Joswig, evangelischer Pfarrer in Hellenthal, der der Ratssitzung beigewohnt hatte, am Freitag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wenn ich mir vorstelle, wieviel den Bürgern an anderer Stelle zugemutet wird, fehlt mir das Verständnis“, fuhr er fort. Nun werde es sehr schwierig, wie geplant im nächsten Jahr weitere Stolpersteine zu verlegen.
„Ich habe das Gefühl, da hat keine Auseinandersetzung mit dem Sinn der Steine stattgefunden“, kommentierte er den Plan, die Stolpersteine auf öffentlichen Flächen zu verlegen. Schließlich hätten im Rathaus keine Juden gewohnt.
Demnig selbst, zur Zeit in Berlin, ist diese Diskussion nicht fremd. „Es hat Fälle gegeben, in denen die Bürger protestiert haben und die Aufhebung solcher Ratsbeschlüsse gefordert haben“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bedenken vor Sachbeschädigungen gab er eine klare Absage: „Quatsch! Wenn Aggressionen kommen, dann immer gegen die Steine, nie gegen die Häuser.“
Auf die Pläne, die Steine an anderer Stelle zu verlegen, angesprochen, machte der Künstler deutlich, dass dies nur nach seinen Bedingungen gehe. „So etwas mache ich nur, wenn in einer Inschrift deutlich gemacht wird, wo die Steine eigentlich hingehören“, sagte er. Und abschließend erinnerte er: „Die Stolpersteine sind schließlich kein Vorwurf an die jetzigen Besitzer der Häuser.“