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Trotz PersonalabbauSchoeller will in Hellenthal hohe Summen investieren

Lesezeit 5 Minuten
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Eingang zum Firmengelände von Schoeller

  1. Das Hellenthaler Unternehmen will ab 2020 ein Viertel seines Personals abbauen.
  2. Am Ende könnten bis zu 250 Beschäftigte ihren Job verlieren.
  3. Trotzdem will Schoeller viel Geld investieren. Wie passt das zusammen?

Hellenthal – Die Gerüchteküche brodelte seit Wochen, vor wenigen Tagen stellte die Geschäftsführung ihr Zukunftskonzept für die Schoeller Werk GmbH & Co. KG vor. Zwei Punkte stachen heraus: Dass ab 2020 bis zu 25 Prozent des Personals – bis zu 250 Stellen – abgebaut werden sollen, und dass man Investitionen im zweistelligen Millionenbereich tätigen will.

Warum das kein Widerspruch ist und welche Faktoren eine Rolle spielen, erläuterten die Geschäftsführer Frank Poschen und Michael Gottschalk sowie Stefan Mager, Leiter Personal und Organisation. Als eine Art Neuanfang bezeichnet Poschen das, was sich in den kommenden Jahren verändern soll – und betont: „Wir machen kein Harakiri.“

Der Markt

Schlagzeilenträchtige Themen wie Brexit, Strafzölle und selbst der Dieselskandal seien nicht das Entscheidende, sagt Geschäftsführer Poschen, sondern: „Der Markt hat sich – in den vergangenen acht bis zehn Jahren verstärkt – verändert. Es herrschen ein Verdrängungswettbewerb und hoher Preisdruck.“ Vor allem in Südeuropa und Asien sitzen die Konkurrenten.

„Wir müssen nun klug überlegen, wie wir uns aufstellen wollen, und beschäftigen uns mit zukunftsträchtigen Branchen“, so Poschen. Als Beispiele nennt er die Pharma-, Bio- und Medizintechnik- sowie Kälte- und Klimatechnik-Industrie. Wie sich die Automobil-Industrie entwickelt, die rund 50 Prozent der Schoeller-Kunden stellt, sei dagegen unklar.

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„Wenn Sie zur Entwicklung der E-Mobilität zehn Leute befragen, erhalten Sie elf Meinungen. Wir gehen zunächst von einer starken Hybridisierung aus“, so Poschen. Auch wenn das Massengeschäft bleiben wird, will man sich stärker auf den Premiumsektor konzentrieren, der etwa hochwertigere Materialien und sehr geringe Fehlertoleranzen verlange.

Der Prozess

Vor gut einem Jahr wurde der Strategieprozess gestartet, bei dem von eigenen Kompetenzen über Produkte und Kunden bis hin zu den Märkten alles auf den Prüfstand kam. Die erste Analyse, die laut Poschen auch zeigt, wie das künftige Schoeller-Werk aussehen könnte, ist fertig. Nun wird die Detailanalyse gestartet, die in einem halben Jahr in einem umsetzungsreifen Plan münden soll. Für die Realisierung sind ab 2020 zwei bis drei Jahre vorgesehen.

Das Werk

1827 wurde die Firma Schoeller in Hellenthal gegründet. Im Laufe der Jahre wurden die Mannesmann- und Himmermann-Hallen übernommen, Kundenwünsche und Produktionserfordernisse führten ebenso zu Erweiterungen. Quer durch Hellenthal ziehen sich vom Ortseingang aus Blumenthal kommend bis zum gut zwei Kilometer entfernten Ortsausgang Richtung Hollerath die Schoeller-Hallen. 21 – teils sehr alte – Betriebsteile sind es insgesamt.

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Frank Poschen, Michael Gottschalk und Stefan Mager (von links)

„Wie ein Flickenteppich“ präsentiert sich laut Gottschalk auch die Anlagentechnologie: An mehr als 300 Produktionsanlagen wird gearbeitet. Teils sind die laut Gottschalk derart spezialisiert, dass beispielsweise zehn Zieh-Anlagen optisch gleich aussehen, technologisch aber vollkommen unterschiedlich sind.

Die Knackpunkte

Bedingt durch die räumliche Aufteilung des Unternehmens sei man in der Analyse immer wieder zum hohen Logistik-Aufwand, schlechten Materialfluss und dadurch ineffizienten Produktionsprozessen gekommen, sagt Poschen: „Die vielen Transporte durch Wind und Wetter dankt Ihnen das Rohr nicht.“ Auch in der Automatisierung hinkt man laut Gottschalk teils hinterher. So gebe es in Hellenthal noch Glühöfen, die von Hand beladen werden – bei den Konkurrenten seien die vor 20 Jahren ausgemustert worden.

In der Analyse wurden laut Poschen Referenzfertigungswege betrachtet, mit denen 90 Prozent der Produkte erfasst wurden. Daraus habe sich eine künftig benötigte Mitarbeiterzahl ergeben, die 20 bis 25 Prozent unter dem jetzigen Bestand liege.

Der Plan

„Auf der grünen Wiese würden Sie eine riesige Halle mit optimalem Materialfluss bauen“, sagt Poschen. Doch das ist in Hellenthal nicht möglich. Auch wenn in der Analyse die Standortfrage diskutiert worden sei, haben die Eigentümer laut Frank Poschen ein klares Signal gesendet, am Standort festzuhalten und viel Geld in die Hand nehmen zu wollen.

Dass die Wege verkürzt und die Automatisierung erhöht werden müssen, steht für Poschen und Gottschalk fest. Allerdings sei es auch nicht möglich, von heute auf morgen alles umzukrempeln, denn, so Poschen: „Wir sind kein Sanierungsfall. Die Bude ist voll, wir haben eine zufriedenstellende Auftragslage.“ Daher wird zu den Umstrukturierungen in bestehenden Hallen auch ein Neubau in Betracht gezogen: Im Gewerbegebiet Kröpsch in Richtung Blumenthal besitzt das Unternehmen bereits ein Grundstück, auf dem sich laut Poschen eine bis zu 12000 Quadratmeter große Halle bauen lässt.

Die Mitarbeiter

Bis zu einem Viertel kleiner soll die Schoeller-Mannschaft in Zukunft sein. Die Geschäftsführer und Personal-Chef Mager sind zuversichtlich, das Gros der bis zu 250 Stellen über natürliche Fluktuation mit Ruheständen und Eigenkündigungen der Mitarbeiter zu erreichen, damit es so wenig wie möglich zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.

Ob der Personalabbau bis 2023 komplett zu realisieren ist, ist laut Mager nicht in Stein gemeißelt: Da viele Mitarbeiter im Alter zwischen Ende 40, Anfang 50 und den 60ern seien, ergebe sich bis 2027 eine „riesige natürliche Fluktuation.“ Genaue Zahlen dazu nannte er indes nicht. Laut Mager geht es nicht ums reine Abbauen von Stellen, da man schließlich immer qualifiziertes Personal benötige.

In Hellenthal heißt es jedoch, dass die Firma keine Auszubildenden mehr übernehme. „Nein, das ist nicht korrekt“, sagt Mager: „Grundsätzlich werden gute Auszubildende in der Regel in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und anschließend auf einer freiwerdenden Planstelle unbefristet eingestellt. Auch in Zukunft möchte das Schoeller Werk eine qualifizierte Ausbildung anbieten, um auf diese Weise hervorragend qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen.“

Der Tarif

Die Tarifbindung – Schoeller hat seit 2006 einen Haustarifvertrag, erkennt die Flächenverträge aber an – stellt Poschen nicht infrage. Gemeinsam mit Betriebsrat und der IG Metall werde man jedoch in den kommenden Wochen darüber reden, an welchen Stellschrauben gedreht werden könnte. Poschen zeigt sich zuversichtlich, das Unternehmen in Hellenthal in die Zukunft führen zu können. Er macht aber auch keinen Hehl daraus, dass eine Verlagerung von Kapazitäten weg aus Hellenthal denkbar sei, wenn der angestrebte Zukunftsvertrag nicht zustande komme.