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Hilfe im Haus und GartenTaschengeldbörse des Euskirchener Vereins ist gut angelaufen

Lesezeit 4 Minuten

Schüler Marcel Peitsch hilft dem Ehepaar Hoffmann bei der Gartenarbeit. Für Gespräche bleibt dabei ausreichend Zeit.

Euskirchen – „Ich wollte mein Taschengeld ein bisschen aufbessern, aber nicht mit einem Job, der mich total einbindet oder zu dem ich mich hinquälen muss“, erzählt Celine Breuer. Die Schülerin am Füssenicher St.-Nikolaus-Stift möchte nach dem Abitur Medizin studieren, die Schule hat für sie deshalb Vorrang.

Als sie Anfang des Jahres von der Taschengeldbörse des Vereins Feder (Forum Ehrenamt der Euskirchener Region e.V.) hörte, wusste sie, dass das passen könnte: „Mit meinem Berufswunsch ist es für mich natürlich ideal, mit Menschen zu tun zu haben, die eingeschränkt sind und Hilfe brauchen.“

Einmal die Woche besucht die Schülerin die Seniorin

50 Jugendliche

Eine Brücke zwischen Jung und Alt will die Taschengeldbörse Euskirchen schlagen. Das Projekt des Vereins Feder ging Anfang des Jahres an den Start. Rund 50 Jugendliche, die unterschiedlichste Dienste und kleine Arbeiten übernehmen wollen, sind in der Kartei gelistet.

Mitmachen können Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren. Das Team der Taschengeldbörse vermittelt an ältere und/oder mobilitätseingeschränkte Menschen, die Hilfe benötigen. Gezahlt wird ein Taschengeldzuschuss von mindestens fünf Euro pro Stunde.

Der gewünschte Nebeneffekt: Die Generationen kommen sich näher, der Austausch fördert das gegenseitige Verständnis, das Zusammenleben in den Quartieren wird positiv beeinflusst. Weitere Infos erhält man unter Tel. 01 78/4 18 11 34 oder per E-Mail. (hn)

TGB@forum-ehrenamt-eu.de

Vermittelt wurde sie an Jutta Kniebel (Name geändert), eine 67-jährige Euskirchenerin, die nahezu erblindet ist. „Celine ist eine große Hilfe für mich“, so Kniebel begeistert, „sehr zuverlässig und freundlich.“ Einmal die Woche besucht die Schülerin die Seniorin und liest ihr die Post vor, lässt sich Antwortschreiben diktieren und bringt diese zur Post.

Und natürlich ist auch immer Zeit für ein Schwätzchen: „Das ist schon sehr persönlich, mittlerweile sind wir sogar per Du“, berichtet die Jugendliche.

Es wird eine Menge Vertrauen vorausgesetzt

Celine erinnert sich, dass sie vor ihrem ersten Besuch etwas verunsichert war, weil sie nicht wusste, wie man einem sehbehinderten Menschen begegnen sollte. „Aber mit Jutta kann ich offen über alles reden. Ich verstehe ihre Welt jetzt viel besser. Ich weiß zum Beispiel, dass alle Dinge an ihrem Platz liegen müssen, damit sie sie auch wiederfinden kann.“

Celine zeigt der 67-Jährigen auch, wo sie bei Briefen oder Formularen unterschreiben muss. Was eine Menge Vertrauen voraussetzt, und das weiß die 17-Jährige auch zu schätzen: „Einmal hat mir Jutta aus Versehen 50 statt fünf Euro gegeben. Klar, dass ich ihr das sofort gesagt habe“, so Celine. Ihr Resümee nach über einem halben Jahr in der Taschengeldbörse: „Ich finde es super, ich lerne hier sehr viel fürs Leben.“

Endlich einen passenden Nebenjob gefunden

Auch Marcel Peitsch ist zufrieden mit seinem Nebenjob: „Das ist eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen und auch noch Spaß dabei zu haben“, so der 16-Jährige. Länger habe er nach einem passenden Schülerjob gesucht, aber nichts gefunden. Schließlich habe er in der Schule von einer Taschengeldbörse in Rheinbach erfahren und kurz darauf, dass ein solches Projekt auch in Euskirchen existiert.

Seit Februar besucht er nun wöchentlich Bernadette und Karl Heinz Hoffmann in ihrem Haus in Kuchenheim. „Für uns stand in erster Linie der Austausch mit der jüngeren Generation im Vordergrund“, so der 75-Jährige, der sich aber auch sehr darüber freut, eine helfende Hand bei der Gartenarbeit zu haben. Zwischendurch gibt Marcel dem Ehepaar auch mal „Nachhilfe“ im Umgang mit Handy und Computer, wenn es da hakt.

Nach der Arbeit Zeit für Gespräche

„Nach der Arbeit ist eigentlich immer Zeit für ein Gespräch“, erzählt der Jugendliche aus Dom-Esch. „Marcel bringt neue Themen in unseren Alltag, er zeigt uns, wie die Jugend tickt“, erklären Bernadette und Karl Heinz Hoffmann, deren eigene Kinder „auf die 40 zugehen“. Der gewünschte Austausch der Generationen – hier findet er statt.

Natürlich würden nicht alle Vermittlungen so wunderbar funktionieren wie bei Celine und Marcel, räumt Hans Schmatz vom Orga-Team der Taschengeldbörse Euskirchen ein. „Manchmal kommen die Partner einfach nicht zueinander. Schwierigkeiten im menschlichen Miteinander können vorkommen.“

Ältere und Jüngere nähern sich an

Jobanbieter und Jugendliche sollten die Probleme möglichst mit gegenseitigem Respekt und Verständnis füreinander selbst regeln. „Und wenn keine Lösung gefunden wird, kann man uns natürlich einschalten“, so Schmatz.

Alles in allem aber scheint das Konzept der Taschengeldbörse gut zu funktionieren. Ältere und Jüngere nähern sich an, tauschen sich aus und helfen einander – auch bei der Erfüllung von Träumen. „Das Geld, das ich hier verdiene, spare ich“, verrät Marcel. Und irgendwann kann er sich dann das lang ersehnte Leichtkraftrad kaufen.