Euskirchen – Was ein einziges Fußballspiel ausmachen kann! Als Robin Gosens am Samstag in der 4. Minute das vermeintliche 1:0 gegen Portugal geschossen hatte, ging Manfred Gottschalk nur eines durch den Kopf: „Bei einem Public Viewing wären jetzt alle ausgeflippt.“ Doch es gab kein Public Viewing in Euskirchen. Gottschalk hat das Spiel zu Hause mit der Familie geguckt. „Meinen Enkeln habe ich Deutschland-Hütchen aufgesetzt“, erzählt er lachend.

Rudelschauen auf dem Parkplatz

Bei der WM vor drei Jahren war das anders. Da hat der Bauunternehmer auf dem Gardebrunnenplatz ein Rudelgucken veranstaltet. Dass Deutschland schon in der Vorrunde ausschied, war ärgerlich. Dementsprechend haben Jogis Jungs noch einen gut beim Euskirchener. Und als die deutsche Elf am Samstag Portugal 4:2 besiegt hatte, war Gottschalks Euphorie wieder da – und der Wunsch, Fußball wieder mit Hunderten anderen Menschen zu schauen.

48 Stunden später war die Idee umgesetzt. Dazwischen lagen viele Telefonate. Unter anderem mit Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt, mit dem sich Gottschalk am Sonntagabend noch mögliche Plätze in der Innenstadt angeschaut hat. Weil dort aber allerhand Hürden in der kurzen Zeit zu überwinden gewesen wären, wandte sich Gottschalk an zwei weitere Fußballverrückte: Claus Decker und Marcus Mahlberg, die Investoren und Bauherren des neuen Office Parks an der Ecke Thomas-Eßer-Straße/B 51.

Beim Termin am Montagabend waren sich die drei schnell einig: Der Parkplatz des Bürokomplexes eignet sich perfekt für das Vorhaben.

Der Office Park in Euskirchen

Auf einer Fläche von rund 5000 Quadratmetern entstand in Euskirchen an der Ecke Thomas-Eßer-Straße/B 51 für rund 14 Millionen Euro der Office Park. Er bietet Unternehmen aber auch Selbstständigen Büroräume in einer Größe zwischen 135 und 500 Quadratmetern.

Hinzu kommen anmietbare Konferenzräume für vier bis 60 Personen. Für Tagungen und Feiern können auch ein 160 Quadratmeter großes Atelier im Erdgeschoss oder eine Dachterrasse angemietet werden. Eine Gastronomie wird momentan noch eingerichtet. (ets)

Bis zu 1000 Menschen können dort unter Einhaltung der Corona-Regeln untergebracht werden. Der Aufwand soll wegen der Kürze der Zeit so gering wie möglich gehalten werden, das dritte Gruppenspiel Deutschland gegen Ungarn ist ja schließlich schon am Mittwochabend. Für Gottschalk schied eine Leinwand, die er noch aufbauen musste, von vorneherein aus. „Der Aufbau dauerte damals rund sechs Stunden, das wäre jetzt nicht machbar gewesen“, stellt er fest.

Fünf Euro Eintritt für 20 Quadratmeter Leinwand

Bei einem Veranstaltungsunternehmen in Troisdorf wurde er aber schnell fündig. Die rund 20 Quadratmeter große Leinwand, die er nun gemietet hat, ist auf einem Lastwagen angebracht und kann hydraulisch angehoben und gedreht werden. Da die Leinwand nicht umsonst zu haben war, verlangt Gottschalk fünf Euro Eintritt. „Ich will damit kein Geld verdienen, aber zumindest die Leinwand finanzieren“, sagt der Euskirchener.

Er hat sie übrigens sofort für alle möglichen Deutschland-Spiele in der Endrunde reserviert. „Also gibt es auf jeden Fall noch vier weitere Spiele“, meint ein optimistischer Claus Decker halb ernst, halb scherzend.

Der Laster wird auf der vorderen Hälfte des Parkplatzes am Kopfende aufgebaut, zunächst soll auch nur diese Parkplatzseite genutzt werden. „Die hintere Hälfte ist als Puffer gedacht“, erklärt Gottschalk. Die Leinwand zeigt in Richtung Office Park, auch die Beschallung erfolgt in diese Richtung. So will Gottschalk eine Belästigung der Bewohner an der Zeppelinstraße so gering wie möglich halten. „Um viertel nach elf wird die Leinwand runtergefahren“, verspricht Manfred Gottschalk.

Bierwagen und Stehtische sind vorhanden

Am Dienstag wurde der Parkplatz, der während der Bauphase zum Teil auch als Lagerfläche genutzt wurde, freigeräumt. Die Mieter wurden von Marcus Mahlberg informiert, dass der Parkplatz am Mittwoch nicht zur Verfügung steht, weil Gottschalk und Co. aufbauen müssen. Unter anderem wird der Platz komplett eingezäunt. „Da müssen wir den anderen Mietern Dank aussprechen, dass sie problemlos mitspielen“, sagt Claus Decker, der selbst einer der Mieter ist.

Der Bierverlag Meyer aus Satzvey stellt zwei Bierwagen zur Verfügung. Ausgegeben werden nur Flaschen, auch aus Hygienegründen. Die Stehtische müssen in drei Meter Abstand aufgestellt werden, sodass genug Abstand besteht. Am Stehtisch selbst dürfen die Besucher ihren Mund-Nase-Schutz ablegen, ansonsten ist er aber zu tragen.

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Parkplätze stehen an der Otto-Lilienthal-Straße zur Verfügung. Ob eventuell auch hinter dem Office Park geparkt werden kann, stand am Dienstag noch nicht fest. Gottschalk hat aber auch ein Taxiunternehmen informiert, das nach Spielende verstärkt den Office Park anfahren wird.

Beim Personal kann Gottschalk unter anderem auf die Familie zurückgreifen. „15 bis 20 Leute helfen unentgeltlich beim Aufbau, etwa meine Tochter, mein Sohn, meine Frau und mein Schwiegersohn“, freut er sich über diese wertvolle Unterstützung.

Claus Decker rechnet mit einem vollen Erfolg, unter anderem auch wegen der monatelangen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie: „Wir sind doch alle wie ausgetrocknet, was das Feiern angeht.“