KallHohe Bleibelastung auf Spielplätzen
Kall – Die Zahlen, die am Dienstagabend im Rahmen einer Zoom-Konferenz zur Bleibelastung auf den Kaller Spielplätzen präsentiert wurden, sind alarmierend: Auf 16 von 36 Spielplätzen in der Gemeinde Kall liegt die Bleibelastung bei mehr als 1000 Milligramm pro Kilogramm Boden. Dort besteht dringender Handlungsbedarf. Bei weiteren neun Anlagen ist die Belastung nicht ganz so hoch, getan werden muss aber auch dort etwas. Die höchsten Werte wurden in Kall, Keldenich und Wallenthal gemessen.
Mehr als zwei Stunden diskutierten rund 50 Teilnehmer über die Ergebnisse des Bodengutachtens, das die Gemeinde im vergangenen Jahr beim Institut für Umwelt-Analyse in Auftrag gegeben hatte. Zum Einstieg meinte Professor Jens Utermann vom Landesumweltministerium in Düsseldorf: „Es geht im Kern um die seit Jahrzehnten bekannte geogene und bergbaubedingte Bleibelastung der Böden und hier in erster Linie um den Schutz von Kindern als die empfindlichste Bevölkerungsgruppe.“
Keine akute, sondern chronische Gefährdung
Die Gesundheit von Kindern werde gefährdet, wenn sie beim Spielen im Freien mit bleibelastetem Boden in Kontakt kommen, und zwar hauptsächlich durch die Aufnahme solcher Böden durch den Mund. Es gehe dabei nicht um akute Gefährdungen, sondern um chronische Anreicherungen von Blei im Körper und deren Auswirkungen auf das Nervenzentrum. „Eine Gefahr ist nicht gleichbedeutend mit dem Risiko, dass auch ein Schaden eintritt“, betonte er: „Mit Blei belastete Böden stellen grundsätzlich eine Gefahr für die Gesundheit von Kindern dar. Wie hoch das Risiko aber letztlich ist, hängt davon ab, wie sehr die Kinder dem Blei ausgesetzt sind.“
Die in der Bodenschutzverordnung vorgesehen Werte seien keine Grenz-, sondern Prüfwerte. „Das heißt, dass bei einer Überschreitung der Werte untersucht werden muss, ob eine Gefahr besteht.“ Der Prüfwert für Spielflächen liegt bei 200 Milligramm Blei pro Kilo Boden.
Gerald Krüger und Monika Machtolf vom Institut für Umwelt-Analyse gingen anschließend auf die Ergebnisse des Gutachtens ein. Neun Spielflächen an Kindergärten, drei an Schulen und 24 Spielplätze waren untersucht worden. Dabei wurde berücksichtigt, dass Teile des Gemeindegebietes innerhalb des Mechernich-Kaller Bleibelastungsgebietes liegen. „Untersucht wurden die Metalle, die in diesem Gebiet am häufigsten auftreten. Das sind Arsen, Blei und Cadmium“, sagte Krüger. Blei sei der Hauptbelastungsparameter.
Kall: Auf 27 von 36 Spielplätzen schädliche Bodenveränderungen
Die Cadmiumgehalte lägen alle unterhalb des Prüfwertes von 10 mg/kg. Bei Arsen gebe es nur bei drei Entnahmebereichen eine Überschreitung des Prüfwertes von 25 mg/kg. In den drei Fällen liege aber die Belastung der Flächen mit Blei bei mehr als 8200 mg/kg, sodass ohnehin Maßnahmen ergriffen werden müssten. Insgesamt seien bei 27 der 36 Kinderspielplätze schädliche Bodenveränderungen bedingt durch Blei festgestellt worden. Für die 16 Spielplätze der Priorität 1 (siehe Kasten) sollten Schutzmaßnahmen in sechs bis zwölf Monate umgesetzt werden. Bei Flächen der Priorität 2 seien 18 und 24 Monate bei der Priorität 3 anzusetzen.
Belastete Spielflächen
Flächen mit einer Bleibelastung von mehr als 1000 mg/kg (Priorität 1): Kall: Kindergärten Hüttenstraße und Leiengarten, Spielplätze Akazienstraße, Zum Ostlandkreuz, Kropelspfad sowie der Mehrgenerationenplatz und die Spielflächen an der alten und neuen Grundschule in der Auelstraße. Keldenich: Kindergarten Klein-Köln, Spielplatz Römerstraße. Golbach: Kindergarten Oberstraße, Spielplatz Mittelstraße. Scheven: Spielplätze Im Klausental und Furtstraße. Dottel: Erlenweg, Wallenthal: Bürgerhaus.
Bleibelastungen zwischen 500 1000 mg/kg (Priorität 2) wurden auf folgenden Flächen gemessen: Kall: Kindergarten Kallbachstraße und Spielplätze Auf der Natzen und Knoppen III. Spielplätze am Dorfplatz in Golbach, am Sportplatz in Sötenich und in Wallenthal Siebertzfeld.
Unter 500 mg/kg (Priorität 3) liegen die Werte bei den Kindergärten in Sistig, Krekel, Scheven und Sötenich sowie auf dem Spielplatz Bachweg in Kall. (wki)
Als Sanierungsmaßnahmen komme der Austausch des Bodens bis in eine Tiefe von mindestens 35 Zentimeter in Betracht. Alternativen seien die Abdeckung belasteter Bereiche mit anderen Böden und eine Kombination beider Maßnahmen. Schließungen von Plätzen seien nicht nötig.
Ines Rick von der Unteren Bodenschutzbehörde des Kreises erklärte: „Um zu verhindern, dass die Kinder mit dem belasteten Boden in Kontakt kommen, hat man entschieden, als Sicherungsmaßnahme auf den am stärksten betroffenen Anlagen eine zehn Zentimeter dicke Schicht aus Holzhackschnitzeln zu verteilen.“ Ein Austausch des Bodens sei dort aber trotzdem nötig, weil sich die Schnitzel mit der Zeit auflösten. Die weiteren Sanierungen müssten mit dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AVV) geplant werden.
Auch private Gärten sollen untersucht werden
Nach einer Frage aus dem Plenum zum weiteren Vorgehen meinte Utermann: „Die Spielplätze waren erst der Anfang. Sie dürfen davon ausgehen, dass in Mechernich auch private Gärten untersucht werden.“ Kritisiert wurde von einer Kallerin, dass Untersuchungsergebnisse zentral erfasst würden und man deshalb nur ein lückenhaftes Bild habe. Bürgermeister Hermann-Josef Esser erklärte, dass der Kreis eine neue Bleibelastungskarte in Auftrag gegeben habe: „Die alte ist nur wenig aussagekräftig. Es gibt bei aktuellen Messungen zum Teil große Abweichungen bei den Ergebnissen.“
Esser riet Privatleuten, selbst Untersuchungen in Auftrag zu geben und die Ergebnisse der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Utermann wies darauf hin, dass die Kosten für Untersuchungen von bei der Flut überfluteten Böden vom Land übernommen werden.