Bücherpremiere für zwei Kaller Autoren„Wir erfinden unser Leben und schreiben es auf“
- Während Scheuers Buch „Winterbienen“ mehrfach in den Feuilletons der Republik vorgestellt wurde, ist Breuers neuer Band „Winterbienen im Urftland“ der öffentlichen Aufmerksamkeit weitestgehend entgangen.
- Am Donnerstag, 29. Juli, veranstalten die beiden Autoren eine Premierenlesung mit Diskussion.
- Wir haben uns vor ab mit den Norbert Scheuer und Theo Breuer über ihre Bücher und ihre Jugend unterhalten.
Kall-Sistig – Ein besonderer Abend erwartet die Literaturfreunde am Donnerstag im Kunstforum Eifel in Gemünd. Mit einer Doppelpremierenlesung stellen die Autoren Norbert Scheuer und Theo Breuer ihre neuen Bücher vor. Neben so mancher Kostprobe aus den neuen Werken werden sie auch über die Texte diskutieren.
Tatsächlich sind beide Bücher am gleichen Tag, dem 18. Juli, erschienen. Während Scheuers Buch „Winterbienen“ mehrfach in den Feuilletons der Republik vorgestellt wurde, ist Breuers neuer Band „Winterbienen im Urftland“ der öffentlichen Aufmerksamkeit weitestgehend entgangen. Doch beide Bücher gemeinsam vorzustellen, ist nicht nur wegen der Ähnlichkeit der Titel konsequent. Denn die Autoren sind befreundet und tauschen sich immer wieder intensiv aus.
Beide Autoren kommen aus Kall
Es ist kühl im Prosazimmer von Breuer. Auch wenn in der Eifel Gluthitze herrscht, ist es im Keller seines Hauses gut auszuhalten. Auf der anderen Seite des Korridors ist das Lyrikzimmer. Beide Räume sind voller Bücher, voller Gedanken und Worte. Damit haben sie Ähnlichkeit mit den Autoren, die sich an dem großen, runden Tisch treffen. Beide wohnen in der Gemeinde Kall und schätzen gegenseitig ihre Arbeit. Immer wieder treffen sie sich, diskutieren miteinander und tauschen auch ihre Bücher untereinander aus.
Schnell kommt das Gespräch auf den Begriff Heimat und schweift ab in Kindheitserinnerungen. Breuer erzählt über seine Erinnerungen an Bürvenich. „Wir kommen beide aus einfachen Verhältnissen“, sagt er über sich und Scheuer. Mit drei Jahren sei er immer mit einem Koffer durch die Gegend gezogen, in dem die in Frakturschrift geschriebenen Bücher seiner Großmutter gewesen seien. „Das war der Beginn meines Lebens“, sagt er. Ob das nun stimmt oder nicht, das sei ganz egal. „Wir sind als Schreibende Extrembeispiele. Wir erfinden unser Leben und schreiben es auf“, konstatiert Breuer.
Eine andere Jugend erlebte Scheuer in der Gaststätte seiner Eltern. „Ich habe eine Lausbubenjugend erlebt“, berichtet er. Züge habe er angehalten, dann sei am nächsten Tag die Polizei in die Schule gekommen. „Ich war immer der Anführer...“ Jede Freiheit habe er von seinen Eltern aus gehabt. So habe er solange wegbleiben dürfen, wie er wollte.
Buch innerhalb weniger Wochen fertiggestellt
Lesen habe er dagegen spät gelernt. „Es wurde schon befürchtet, ich würde es nie lernen“, erzählt der Autor und lacht. Erst im Alter von etwa 17 Jahren habe er seine Einstellung zum Leben geändert und sei ruhiger geworden. „Was will man erzählen, wenn man nie draußen war?“, fragt er.
„Urftland ist ein tolles Wort, das er da für diese Gegend gefunden hat“, sagt Breuer. In wenigen Wochen hat er sein Buch verfasst und druckfertig gemacht. Die Lektüre der Bücher Scheuers habe ihn zu einem Essay inspiriert, doch schnell habe der Text den Umfang gesprengt. Von 30. April bis 10. Juli habe er von morgens um 7 bis nachts um 2 Uhr geschrieben, sagt Breuer. „Ich habe immer behauptet, Leute, die das sagen, bauen einen Mythos über sich selbst auf“, scherzt Scheuer voller Anerkennung.
Illustrationen
Wie bereits in Norbert Scheuers Roman „Die Sprache der Vögel“ hat Erasmus Scheuer, Sohn des Autors, die Illustrationen geliefert. Er hat Kunst studiert und arbeitet als Kunstlehrer. Er hat die im Text vorkommenden Flugzeuge gezeichnet und dargestellt. „Im Laufe des Buches werden die Bilder immer organischer, bis das Flugzeug fast wie ein Insekt wirkt“, so Norbert Scheuer. (sev)
Ursprünglich habe das Buch über „Auf dem Grund des Universums“ gehen sollen, doch dann habe Scheuer ihm die „Winterbienen“ zukommen lassen. „Das Buch hat mich mitgerissen“, ist Breuer immer noch begeistert. Dreimal habe er es gelesen, berichtet er. Da sei sein Essay eigentlich bereits fertig gewesen, eine halbe Seite habe noch gefehlt. „Und dann ging es los“, berichtet Breuer schmunzelnd. 24 Kapitel hat sein Buch nun, der Teil über Winterbienen ist das längste.
Gegenseitiges Lob der Autoren
Auch wenn der zum Buch mutierte Essay von Breuer sich der Analyse von Scheuers literarischem Werk widmet, ist es keine Sekundärliteratur. Fast erinnert es in seiner Art, mit Assoziationen und Zitaten zu spielen, an Arno Schmidt. Wie eine Montage wirkt der Text, dessen Layout mit verschiedenen Typen spielt und mit den Fußnoten fast wie eine Parodie auf einen literaturwissenschaftlichen Text wirkt. „Ich bin ein begeisterter Leser, und dies ist ein Buch der Lesebegeisterung“, sagt Breuer selbst.
Die gegenseitige Wertschätzung beider Autoren ist groß. „Im ersten Kapitel vom Steinesammler ist jedes Wort blank geputzt. Das ist Literatur“, schwärmt Breuer über Scheuers Sprache. Der gibt das Lob zurück: „Er hat die Fähigkeit, Gelesenes zu assimilieren und damit neue Literatur zu machen“, sagt Scheuer über Breuer.
Eine gemeinsame Lesung bieten Scheuer und Breuer am Donnerstag, 29. Juli, 19 Uhr, im Kunstforum Eifel in der Alten Schule in Gemünd an. Was dabei passieren wird, sei noch nicht ganz sicher, gestehen die beiden. „Wir stellen zwei Bücher vor“, schlägt Scheuer der Einfachheit halber vor.