„Das ist Wahnsinn!“Die Kallerin Juliane Bischoff spielt im Wolfgang-Petry-Musical mit
Kall/Köln – Juliane Bischoff hat sich einen Traum erfüllt: Sie spielt seit zehn Jahren in verschiedenen Musicals in ganz Deutschland. Gerade erst hat sie in Köln ihre Koffer gepackt: „Das ist Wahnsinn!“, das Musical mit den Hits von Wolfgang Petry, ist nach einem achtwöchigen Gastspiel im Musical Dome nach Bremen weitergezogen. Und Juliane Bischoff ist mitgezogen.
Kurz zuvor in der Domstadt: Dorit Olmert nimmt vorsichtig die dunkelbraune Langhaarperücke vom Ständer, Stecknadeln hat sie sich zwischen die Lippen geklemmt. Sie muss jetzt beide Hände freihaben und es muss zügig gehen. Noch 20 Minuten bis zum Auftritt, andere Schauspieler warten schon. Vor ihr in der Maske des Musical Doms von Köln sitzt Juliane Bischoff im weißen Bademantel. Geschminkt ist sie schon, jetzt wird aus ihr endgültig „Jessica“, die große alte Liebe von „Wolf“. Und in wenigen Minuten wird sie mit ihrem Bühnenpartner Mischa Mang verträumt auf einem Bootssteg am Bühnenrand sitzen. „Sieben Tage, sieben Nächte“ werden die beiden singen – einer der größten Hits des aus Köln stammenden Schlagersängers Wolfgang Petry.
Ein Traumberuf seit der Kindheit
„Jessica und Wolf“ sind eines von vier fiktiven Paaren, die 25 Petry-Hits im Musical singen und spielen. Juliane Bischoff ist für zwei Hauptrollen die Zweitbesetzung, und sie ist „Swing“ im Ensemble: Sie muss etwa im Krankheitsfall einer Darstellerin in jede weibliche Rolle schlüpfen können. Ein Traumberuf?
„Ja, seitdem ich zwölf Jahre alt war“, sagt Juliane Bischoff. Wenige Tage vor dem Auftritt in Köln, es war einer der letzten des Petry-Musicals im „Blauen Zelt“ am Dom, sitzt sie entspannt im Kaller Eiscafé „Cortina“. Bischoff, 32 Jahre alt, stammt aus Kall. Hier wohnt sie auch wieder, hier ist sie nicht die „Jessica“ oder „Gabi“ aus dem Petry-Musical, sondern für ihre Freunde immer noch die Jule.
Hierhin kommt Bischoff – sie ist die Schwester der CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Ute Stolz – immer wieder zurück, wenn sie nicht bei ihrem Partner in Düren ist. „Er und Kall erden mich“, sagt Juliane Bischoff.
„Kann man damit Geld verdienen?"
An bis zu 250 Tagen im Jahr ist sie schließlich ganz woanders – in Hotelzimmern. „Ich finde das nicht schlimm, weil ich so das Gefühl habe, ich bin nur Gast. Mein Zuhause ist es nicht, das ist Kall“, sagt Bischoff. Und ja, sie sei ein „Heimwehkind“ gibt Bischoff freimütig zu, die sich für einen Beruf entschieden hat, der für diese Form der Sehnsucht vielleicht nicht gerade ideal ist.
Dabei war das doch absehbar: Schon als Vierjährige nahm sie Ballettunterricht, seit dem siebten Lebensjahr übte sie am Klavier, mit zwölf kam der Gesangsunterricht dazu. Als sich die Musik schließlich als Berufswunsch herauskristallisierte, hätten ihre Eltern das zunächst eher kritisch gesehen. „Kann man damit Geld verdienen?“ – der Fragen-Klassiker gehörte auch im Hause Bischoff dazu. Und wenn schon Sängerin werden, dann vielleicht wenigstens als Festangestellte an der Oper?
Auf einmal ging es Schlag auf Schlag
Doch das Musicalfach, wo Gesang, Tanz und schauspielerische Begabung gleichermaßen wichtig sind, lag der Tochter näher. Nach einer dreijährigen Ausbildung in Hamburg und Osnabrück ist Juliane Bischoff seit 2009 staatlich geprüfte Musicaldarstellerin. Noch vor ihrem Abschluss hatte sie das erste Engagement in „Mozart“ bei den Freilichtspielen im westfälischen Tecklenburg. Und dann ging es Schlag auf Schlag: 2010 nach Stuttgart und Berlin mit „Tanz der Vampire“, danach zum Beispiel nach St. Gallen und auch für eineinhalb Jahre nach Wien für eine Rolle in „Elisabeth“. Den ganzen Sommer des vergangenen Jahres spielte und sang sie in „Les Miserables“ bei den Tecklenburger Freilichtspielen.
Dazwischen standen immer sechs bis acht Wochen Probenarbeit für das nächste Musical an. Gesangsunterricht und Fitnesstraining kommen natürlich noch dazu. Es ist ein Fulltime-Job – frei ist in der Regel montags, dem üblichen spielfreien Tag oder dem Wechseltag von einem Auftrittsort zum nächsten bei Tournee-Produktionen. Natürlich muss sich Bischoff auch das ganze Jahr über um Folgeengagements kümmern. Seit einigen Jahren hilft ihr dabei eine Wiener Agentur.
„Man braucht auch viel Glück!“
Seit dem 25. Dezember 2017 ist sie beim Petry-Musical dabei, das seit der Uraufführung im Februar 2018 in Duisburg auf Deutschlandtournee ist. Mehr als 120 Mal hat Juliane Bischoff bisher bei diesem Schlagerfest auf der Bühne gestanden, in acht Shows pro Woche. Nach Köln geht es nach Bremen, dann nach Essen, Hannover und München.
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Im heimatlichen Kall, im Eiscafé „Cortina“, will Bischoff das alles eigentlich gar nicht so sehr in den Vordergrund stellen. Der Glamour der Musical-Welt – das ist ihr Beruf. Doch um so weit zu kommen braucht es keine falsche Show-Romantik, sondern: „Viel Fleiß, viel Selbstdisziplin. Man muss wissen: Was kann ich, was kann ich nicht? Und man muss sich ständig weiterbilden.“ Und eines darf nicht vergessen werden: „Man braucht auch viel Glück!“ Im „Musical Dome“ sitzt sie wie schon so oft neben Bühnenpartner Mischa Mang auf dem Bootssteg, der Trockeneisnebel wabert, es ist eine „Sommernacht am See“. Und Jessica und Wolf, die beiden Singles, die sich wiedergefunden haben, singen verträumt „Sieben Tage, sieben Nächte“ – so, wie es einst in ihrer Jugend war.
1000 Fans des Schlagersängers Wolfgang Petry sind ergriffen. Dann geht kurz das Bühnenlicht aus. Bischoff eilt zurück in die Maske, während die Szene auf der Bühne schon wechselt. Sie muss jetzt blitzschnell in die „alte Jessica“ mit gesteckter Blondperücke verwandelt und umgeschminkt werden. Fünf Minuten später ist sie auf der Bühne für ihr nächstes Solo zurück.