Eine etwaige Auflösung des Förderschulzweckverbands Hellenthal-Kall-Schleiden steht weiter im Raum.
FörderschulzweckverbandKaller Schulausschuss debattiert über Astrid-Lindgren-Schule
Das war eindrücklich. Mit einer leidenschaftlichen Ansprache wandte sich Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg in seiner Funktion als Vorsteher des Förderschulzweckverbands Hellenthal-Kall-Schleiden an die Mitglieder des Kaller Schulausschusses, der in der Astrid-Lindgren-Förderschule tagte. Unausgesprochen schwebte das Gespenst der Auflösung des Zweckverbands über der Sitzung.
Virulent geworden war das Thema vor einem Jahr, als die Kaller CDU beantragte, die Gemeinde solle aus dem Verband ausscheiden und die Trägerschaft der Schule auf den Kreis übertragen. Grund seien die stetig wachsenden Umlagekosten für den Verband – 150.000 Euro sind im Etat vorgesehen. Es bestehe eine Ungleichbehandlung der Kommunen, weshalb eine Neuordnung überfällig sei.
Am 8. Mai 2022 plädierte Karl Vermöhlen (SPD) laut öffentlicher Niederschrift im Ausschuss dafür, Blankenheim, Dahlem und Nettersheim zu einer Mitgliedschaft im Zweckverband zu verpflichten. Auch solle eine mögliche Trägerschaft durch den Kreis geprüft werden. Andernfalls solle die Gemeinde Kall aus dem Verband austreten. Dies beschloss der Ausschuss. Doch so einfach ist es nicht, einen Zweckverband zu verlassen. Unter anderem ist in der Abstimmung eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Um das weitere Vorgehen zu beraten, traf sich der Kaller Schulausschuss nun in der Astrid-Lindgren-Schule. Mit einer Führung durch Schulleiter Wolfgang Schmitz begann die Sitzung. Nachdem das flutgeschädigte Erdgeschoss noch für die nächsten drei Jahre Baustelle sein wird, ging Schmitz mit den Politikern durch Klassenräume, das Kunstatelier, in dem der Künstler Adrian Lenz mit den Kindern arbeitet, Handwerksraum, Schulstation, Toberaum und Sporteinrichtungen, während er das Konzept vorstellte.
Neben im Lernen eingeschränkten Kindern werden auch verhaltensauffällige unterrichtet. Diese werden auf den Abschluss 10A und 10B vorbereitet. Das mache eine Differenzierung notwendig und verlange ein besonderes Raumkonzept. Ein wichtiges Element ist laut Schmitz der Sport. Neben diversen Klettergeräten gibt es auch einen Kraftraum, in dem die Kinder unter Anleitung trainieren können. „Das erhöht die Selbstwahrnehmung und das Selbstvertrauen“, so Schmitz. „Wir legen großen Wert auf höfliches Miteinander“, sagte er.
Gerade im Handwerksraum könnten die Schüler mit Konzentration, Sauberkeit und Zuverlässigkeit Schlüsselqualifikationen fürs Berufsleben lernen. „Wir haben hier nicht nur Engelchen, aber es wird bei uns in der Schule wenig kaputtgemacht“, sagte er. Sehr emotional legte Westerburg seine Sicht der Dinge dar. Er verstehe die Diskussion nicht. Es werde immer gesagt, kein Kind solle zurückgelassen werden. Doch wenn die Schule in die Obhut des Kreises komme, liefen viele Dinge nicht mehr, wie sie auf dem kleinen Dienstweg laufen.
„Eine Diskussion über Kosten ist legitim, doch bei der Frage eines Austritts bitte ich persönlich, sorgfältig darüber nachzudenken“, sagte er. Er sei bei den Antragstellern, die eine Kostendiskussion wünschen – und dass Blankenheim, Nettersheim und Dahlem mit gleichen Anteilen zur Kasse gebeten werden. Es sei ein Modell vorbereitet, das in der nächsten Verbandsversammlung vorgestellt werde. „Wir haben hier Kinder mit den größten Problemen, die von den Lehrern angenommen werden“, so Westerburg. Es sei erschreckend, wie viele Kinder auf der Strecke bleiben würden, wenn die Schule nicht da wäre.
Sichtlich beeindruckt rückten die Kaller Politiker deutlich davon ab, einen Austritt im Sinn gehabt zu haben. „Es geht nicht darum, Schüler zu benachteiligen, indem wir den Austritt angeregt haben“, sagte Willi Frauenrath (CDU). Es gehe darum, die Kostensituation auf andere Füße zu stellen. Wenn es gelungen sei, die Sache in Bewegung zu bringen, sei erreicht, worum es gegangen sei.
„Kinder zurücklassen, ist nicht die Diskussion, die wir geführt haben. Wir haben gesagt, dass es einige Kommunen gibt, die Trittbrettfahren“, sagte Karl Vermöhlen (SPD). Eine Mitgliedschaft der anderen Kommunen im Zweckverband sei die sauberste Lösung. Der Verband solle langfristig erhalten werden: „Damit da kein falscher Zungenschlag entsteht: Da wird hervorragende Arbeit gemacht.“
„Ich stimme zu, dass für besondere Aufgaben der kleine Zweckverband das geeignetere Schiff ist als eine kreisweite Einrichtung“, so Dr. Manfred Wolter (FDP). Doch er habe sich, was die finanzielle Situation angehe, als fünftes Rad gefühlt, es sei nie so durchsichtig gewesen, wie er es sich wünsche. „Wir sollten sicher sein: Beim Kreis wäre es nicht preiswerter als hier“, betonte er. Er plädiere dafür, die Kosten durch die Köpfe aus den Kommunen zu teilen.
In nicht-öffentlicher Sitzung wurde die Diskussion weitergeführt. Dabei erteilte das Gremium Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser den Auftrag, in der Verbandsversammlung das Thema Kostenverteilung anzugehen: für die drei Mitgliedskommunen, für Blankenheim, Nettersheim, Dahlem – und für die Nachbarkreise, deren Kinder die Lindgren-Schule besuchen. Mit Blankenheim, Nettersheim und Dahlem sollen Gespräche über die Zusammenarbeit geführt werden. Gesprächsbereit zeigte sich Westerburg: „Ich hoffe, dass diese unselige Diskussion vom Tisch ist.“ Die Regelungen seien nicht intransparent, sie seien klar. Um die Kostenverteilung zu ändern, brauche es einen Antrag in der Verbandsversammlung – der sei aber nie gekommen.
Der Zweckverband
Zwischen den Kommunen, deren Schüler in der Astrid-Lindgren-Schule unterrichtet werden, gibt es verschiedene Zahlungsmodelle. Die drei Mitglieder des Zweckverbands zahlen ein Drittel nach der Steuerkraft gemäß Kreisumlage und zwei Drittel pro beschultem Schüler. Die Kommunen, die nicht Mitglied sind, zahlen laut der Vereinbarung von 2015 zur Hälfte einen Anteil nach den Grundlagen der Kreisumlage und zum anderen nach Schülerzahl.
Im Jahr 2015 war der Förderschulzweckverband von Blankenheim, Nettersheim und Dahlem aufgelöst worden, da die Georg-Schule in Schmidtheim nicht mehr die erforderliche Schülerzahl besaß. In den ersten beiden Jahren wurden beide Standorte in Schmidtheim und Schleiden von dem Zweckverband für die Astrid-Lindgren-Schule mittels einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, die die Beschulung der Kinder sicherte, übernommen. 2017 siedelten die Schüler aus Schmidtheim nach Schleiden um.
186 Kinder und Jugendliche besuchen derzeit die Astrid-Lindgren-Schule. Hier werden Kinder mit besonderem Förderbedarf im emotional-sozialen Bereich, mit Lernschwierigkeiten und Sprachproblemen unterrichtet. Neben Kommunen aus dem Kreis Euskirchen kommen auch Schüler aus Einruhr, Simmerath und Rheinland-Pfalz in die Schleidener Schule.
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