Musikschule KalimbaInterkulturelle Trommel-Band wird vom Land unterstützt
Kall – Über eines sind sich die zwölf „Stammspieler“ der interkulturellen Band Kalimba aus Kall einig: „Es macht Spaß mit Herrn Reiner.“ Herr Reiner ist Reiner Klein. Der 54-jährige Musikpädagoge lebt in Stadtkyll und betreibt in Prüm die Musikschule Kalimba – daher auch der Name des Percussion-Ensembles.
In Prüm ist Klein auch im St.-Joseph-Krankenhaus aktiv: Dort zieht er seit rund zwei Jahren mit seiner Gitarre durch die Zimmer der Palliativ- und Schmerzpatienten.
Entwickelt hat sich die Band auf Initiative von Hartmut Kieven von der Flüchtlingshilfe Kall aus Trommelsessions mit Reiner Klein während der monatlichen Begegnungs-Cafés im Pfarrheim. Unterstützt wurde die Gruppe dann vom Caritasverband. Seit Kurzem steht Klein bei diesem Projekt auch Monika Mikolajczyk-Steffen aus Keldenich zur Seite.
Kürzlich trafen in Kall erfreuliche Nachrichten ein. Der Landesmusikrat NRW fördert Kalimba mit Mitteln des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport für ein Jahr. Die Kaller Verwaltung hatte stellvertretend für die Flüchtlingshilfe einen Antrag eingereicht. Jetzt übernimmt das Landesministerium Honorar und Fahrgeld von Reiner Klein.
Einmal in der Woche, mittwochs von 18.30 bis 20 Uhr, probt er mit den zwölf Stamm-Trommlern aus Syrien, Mali, dem Irak und Deutschland im Caritashaus in Kall. Der Verband stellt die Räume unentgeltlich zur Verfügung. Julian Esser aus Voißel besucht als einziger Deutscher regelmäßig die Musikschule.
Die Mitglieder der Truppe wechseln. Die Stamm-Spieler haben sich herauskristallisiert, immer wieder stoßen neue Musikfreunde dazu, andere springen wieder ab. Neue Mitspieler sind willkommen, ob Flüchtlinge oder Deutsche.
„Es ist eine sehr schöne Arbeit“, sagt Reiner Klein über seine Tätigkeit in Kall und Prüm. „Seitdem sehe ich einige Dinge gelassener. In Kall arbeite ich mit Menschen, die vieles oder alles verloren haben und gerade ihr Leben retten konnten. In Prüm trete ich sterbenden Patienten gegenüber. Über Kleinigkeiten reg’ ich mich nicht mehr auf. Ich sage mir immer. »Was hast du es doch gut.« Das Musizieren in Kall ist für mich eine große Bereicherung und hat neue Horizonte eröffnet.“
Wie sieht es in der Arbeit mit Menschen aus so vielen Ländern mit der Sprache aus? „Die Musik ist unsere Sprache“, antwortet Klein. „Die baut alle Sprachbarrieren ab. Aber mittlerweile sprechen die Kinder und Jugendlichen so gut Deutsch, dass es da keine Barrieren mehr gibt.“
Kalimba entwickele sich mehr und mehr zu einem homogenen Klangkörper, sagt Klein: „Wir freuen uns sehr, wenn wir gemeinsam musizieren können und unsere Rhythmen der Öffentlichkeit präsentieren dürfen.“ Gerne erinnert sich Dorothea Muysers von der Caritas an eine Session in der Eisdiele gegenüber des Caritashauses: „Als Gage gab es Eis.“
„Wir freuen uns, dass wir einen Teil dazu beitragen konnten, ein so tolles Projekt zu realisieren“, sagt der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Michael Heller, der den Förderantrag mit der Integrationsbeauftragten Alice Gempfer auf den Weg gebracht hatte. „Mit Kalimba konnten wir einen spielerischen Beitrag zum Kennenlernen der Kulturen leisten“, ergänzt Kieven.
Kalimba könnte weitere Percussions-Instrumente brauchen. Wer spenden will, kann sich bei der Gemeinde unter Tel. 0 24 41/88 80 melden. Wer mitspielen will, kommt mittwochs um 18.30 Uhr ins Caritashaus nach Kall.
Sie musizieren und lernen dabei deutsch
Die zwölf festen Mitglieder der Gruppe Kalimba im Alter von elf bis 28 Jahren haben Spaß an der Arbeit mit ihrem Musiklehrer Reiner Klein, der von allen „Herr Reiner“ genannt wird. Zurzeit wird das Repertoire erweitert, es werden Noten gelernt. Was fasziniert die Spieler an der Musikschule?
Oumar Kone aus Mali ist mit 28 Jahren der älteste Teilnehmer. Er beginnt am 1. September in Kommern eine Ausbildung als Bäcker: „Nur zu Hause herumzusitzen, geht nicht. Es ist schön, hier mit den Kindern zusammen zu musizieren und zu sprechen. Und wir haben viel Spaß.“
Mohammad Ali aus Syrien, ein zwölfjähriges Fußball-Talent, freut sich darüber, dass er in der Gruppe seine Deutschkenntnisse verbessern kann und neue Freunde gefunden hat: „Herr Reiner macht das gut. Ohne ihn als Trainer könnten wir nix machen. Er ist sehr nett.“
Die 17-jährige Jumna Al Merei aus Syrien besucht die Berufsschule in Kall. „Es macht Spaß, das Spielen auf dem Cajon zu lernen.“ sagt sie. Sie spielt aber nicht nur auf dem Cajon, sondern auch Geige. Ihr musikalisches Talent hat Reiner Klein schnell erkannt. Und so machte er sie auch zur ersten Solistin der Band: „Sie kann super trommeln. Wir haben auch ein Stück im Repertoire, das heißt ,Jumna’.“
Bei den Proben geht es oft so zu, dass einer aus der Gruppe beginnt, ein Thema zu improvisieren. Das macht Jumna relativ häufig. Die anderen steigen dann später ein, wie Reiner Klein erklärt. Auf diese Weise entstand „Jumna“.
Mayssan Al Merei ist ihre zwölfjährige Schwester. Die Familie kam vor anderthalb Jahren nach Kall. Mayssan sprach damals noch kein Wort Deutsch. Aber sie lernte schnell. Heute besucht sie das Clara-Fey-Gymnasium in Schleiden. Sie ist ganz stolz darauf, dass sie auf dem Zeugnis ein Gut in Deutsch mit nach Hause bringen konnte. Sie ist musikalisch ähnlich talentiert wie ihre ältere Schwester Jumna und spielt neben Percussion auch Gitarre: „Deutsch lernen wir auch während des Spielens. Wer lernen will, der lernt.“ (bk)
Daumenklavier
Kalimbas sind Musikinstrumente, die ursprünglich in Afrika gespielt wurden. Kalimba stammt aus der Bantu-Sprache und bedeutet „kleine Musik“. Das leicht spielbare Instrument besteht aus einem Holz-Kästchen als Resonanzkörper. Auf ihm befinden sich mehrere schmale Lamellen oder Zungen aus Metall, mit denen man eine Melodie spielen kann.
Im deutschen Sprachraum wird die Kalimba auch Daumenklavier genannt. „Sie fällt unter die Kategorie Schlaginstrumente“, erklärt Reiner Klein. Und: „Als wir vor 22 Jahren die Musikschule Kalimba in Prüm eröffneten, waren Schlaginstrumente und ein Klavier unsere ersten Instrumente. Daher der Name.“ (bk)