Modenschau in der SakristeiKinder können in den Ferien Steinfelder Basilika erkunden
Kall-Steinfeld – Aufgeregt schnatternd kommt die Gruppe um die Ecke der Steinfelder Basilika, um Pastoralreferentin Alice Toporowsky zu treffen. Die Gemeindemitarbeiterin der Pfarrgemeinde St. Potentinus will Kindern und Jugendlichen die Besonderheiten der mächtigen Basilika erklären. Sie sieht sich neben den 13 Ganztagsschülern aus Blankenheim mit Leiterin Christine Litsch und vier weiteren Betreuerinnen noch dem zehnjährigen Leonard aus Weilerswist und seiner Großmutter Hedwig Schumacher gegenüber.
Toporowsky weiß, wie man die Neugier von Jungen und Mädchen weckt und die Aufmerksamkeit fesseln kann. Sie lässt die Kinder den Höhenabstand zwischen zwei Fenstern schätzen und verrät, was sich dort hinter den dicken Kirchenmauern befindet: „Ein Geheimversteck!“ Der Entdeckergeist von Daniel, Niklas und den anderen ist spürbar. Alle wollen wissen, wo das Versteck ist.
Kinder können Verstecke erkunden
Diesem Wunsch folgt Alice Toporowsky und führt die Gruppe durch das kleine Nebenportal ins Kircheninnere, um in einen Nebenraum zu gelangen, von dem aus eine enge Wendeltreppe in einen Turm hinaufführt. Die Kinder sind aufgeregt. In dem Treppenaufgang ist es mal hell, mal dunkel. Nach drei Umdrehungen stehen alle wieder in einem lichtdurchfluteten Raum, aus dessen Fenster man das Friedhofsareal der Klosteranlage überblicken kann.
Bauarbeiter haben dort gearbeitet und ihre Spuren hinterlassen. Ein staubiger Stuhl steht mitten im Raum. Doch von dem Versteck ist nichts zu sehen – vorerst. Bis Alice Toporowsky an einer Wand eine Bretterverkleidung hochhebt. „Seid vorsichtig, hier ist ein tiefes Loch. Aber ihr könnt mit einer Taschenlampe hineinleuchten. Ich habe die Lampe extra mitgebracht.“ Das lassen sich die jungen Entdecker nicht zweimal sagen und drängen sich um die dunkle Öffnung, um mit der kleinen Lampe selbst die hintersten Winkel des Raumes auszuleuchten.
„Wofür war dieser Raum?“, will eines der Kinder wissen. „In diesem Raum wurden die wertvollen, bleiverglasten Fenster versteckt, damit das Blei im Kriegsfall nicht zu Kugeln eingeschmolzen wurde“, verrät die Pastoralreferentin.
Geschichte der Heiligen zum Leben erwecken
Die kleinen Entdecker lassen noch ein letztes Mal den Lichtkegel der Taschenlampe durch den dunklen Raum huschen, dann folgen sie ihrer ortskundigen Referentin.
Im prächtig ausgestatteten Kirchenschiff führt Alice Toporowsky die Gruppe zunächst zum Standbild eines Ritters. „Warum steht der wohl hier?“, fragt sie die Kinder, um ihnen dann die Geschichte vom heiligen Potentinus zu erzählen. Der habe keine Lust mehr gehabt, in den Krieg zu ziehen und stattdessen mit seinen Söhnen eine Pilgerreise unternommen. Er sei der Schutzpatron der Steinfelder Basilika, seine sterblichen Überreste werden hier aufbewahrt. „Ist der schon mal runtergefallen?“, will Daniel wissen. Die übermannsgroße Figur weist schließlich einige Kratzer und Sprünge auf. Alice Toporowsky muss passen: „Das weiß ich nicht. Vielleicht ist das auch einfach während der langen Zeit passiert, in der die Statue schon hier steht.“
Führungen
Jeden Sonntag findet um 14 Uhr eine öffentliche Führung durch die Steinfelder Basilika statt. Diese Führungen sind eher für Erwachsene gedacht.
Kinder haben jedoch ganz andere Fragen als die Erwachsenen. Und in der Basilika gibt es richtig viel Spannendes zu entdecken. Daher bietet die Pfarrgemeinde in den Sommerferien die Führungen an, in denen speziell Kindern und ihren Familien das jahrhundertealte Gotteshaus erklärt wird. So manche sonst verschlossene Tür wird zu diesen Führungen geöffnet. Am 30. Juli und am 13. August (jeweils dienstags) bietet die Pfarrgemeinde um 10.30 Uhr die Führungen besonders für Kinder an. Treffpunkt ist vor der Basilika. Um einen Teilnehmerbeitrag von drei Euro pro Person wird gebeten. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Für Gruppen von Kindern werden diese Führungen auch außerhalb der Ferien angeboten.
Weitere Informationen gibt’s bei Pastoralreferentin Alice Toporowsky unter Telefon 0171/ 9 56 47 23 oder per E-Mail:
alice.toporowsky@bistum-aachen.de
kirchenfuehrungen-steinfeld@web.de
Dass sich die Geschichte vom Heiligen auch anders erzählen lässt, zeigt die Pastoralreferentin den Kindern an einem Gemälde im Kirchenschiff. Da wird der junge Potentinus, der Christ werden wollte, von seiner Familie ermordet, weil sie nicht wollte, dass ihr Sohn sich dem christlichen Glauben widmet. „Das war im Mittelalter so. Da wollten die Menschen, dass ihre Heiligen etwas ganz Besonderes getan haben. Und so gab es eine Frau, die erzählte, sie habe die Geschichte des Heiligen geträumt. Der sei wegen seines Glaubens und weil er Diakon werden wollte, von seiner heidnischen Familie umgebracht worden.“ Die Kinder sind beeindruckt vom Schicksal des Märtyrers.
Im Chorgestühl stehen wie die Mönche
Mitten im Kirchenschiff ist der heilige Hermann-Josef begraben. Auf seinem Grabmal haben Kirchenbesucher Äpfel abgelegt. „Warum liegen die Äpfel hier?“, wollen die Kinder wissen. Das sei so, so die Pastoralreferentin, weil der heilige Hermann-Josef in Köln an einer Muttergottes vorbeigekommen sei und gesehen habe, dass das Christkind nichts zu essen gehabt habe. Da habe er einen Apfel für das Christkind abgelegt. Dieser Brauch habe sich auf die Menschenübertragen, die heute die Basilika im Kloster Steinfeld besuchten.
Weiter geht es in den Altarraum. Die Kinder dürfen sich ins Chorgestühl setzen und erfahren, dass die Klappsitze an der Unterseite durch Schnitzereien verziert sind. Auf einem etwa findet sich ein Fuchs, der wie ein Pfarrer in einer Kanzel sitzt und predigt. Unter einem anderen ist ein streitendes Ehepaar verewigt. Und die Kinder hören, wie einfallsreich die Mönche waren, die während eines Gottesdienstes lange stehen mussten. Deshalb dienten ihnen die hochgeklappten Sitzflächen als Stehhilfe. „Wegen der Soutanen konnten die Gläubigen nicht sehen, dass sich die Ordensbrüder stehend an die Sitzkanten gelehnt haben“, so Toporowsky.
Modenschau in der Sakristei
Was danach folgt, ist für die Kinder der Höhepunkt der Führung: Modenschau in der Sakristei. Toporowsky erzählt, dass sich die Pfarrer nicht willkürlich ihre Messgewänder auswählen, sondern dass für bestimmte Tage bestimmte Farben vorgesehen sind. So tragen die Pfarrer die Farbe grün an normalen Tagen, weiß ist festlichen Anlässen wie Hochzeiten vorbehalten, lila steht für die Fasten- und die Adventszeit, schwarz wird bei Beerdigungen angelegt und Rot an den Tagen, an denen Märtyrer wegen ihres Glaubens gestorben sind. Die Kinder finden es aufregend, die Messgewänder mal anlegen zu dürfen und staunen, wie leicht oder wie schwer die Stoffe sind.
Bei einem kurzen Besuch der Kreuzgänge des Klosters erwähnt Toporowsky die dunklen Seiten der Klostergeschichte: Dort waren im Zweiten Weltkrieg um die 1000 Zwangsarbeiter untergebracht und haben kleine Hakenkreuze in die sandsteinernen Fensterrahmen geritzt. Später lebten hier Kriegswaisen, während ein übergroßes Bild von Adolf Hitler den Führer verherrlichte. Doch das ist Vergangenheit.
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Leonard ist sichtlich beeindruckt, zuckt aber erst mal mit den Schultern, als er gefragt wird, wie es ihm gefallen habe. Dann aber sagte er: „Die Kirche ist viel größer, als ich sie mir vorgestellt habe.“ Der Junge kennt vor allen Dingen die Pfarrkirche St. Mauritius in seinem Heimatort Weilerswist.
Die 13 Schüler aus der Offenen Ganztagsschule Blankenheim freuen sich nach eineinhalb Stunden Besichtigung auf eine Wanderung auf dem Eifelsteig in Richtung Urft. Unterwegs wollen Christine Litsch und ihre Truppe noch ein Picknick machen.