Seit sechs JahrenEuskirchener und Hilfsgruppe Eifel engagieren sich im Nordirak
Kreis Euskirchen/Erbil – „Es ist mir eine Ehre, ein Teil der Hilfsgruppe Eifel zu sein“, sagt Karwan Mohammed aus Euskirchen. Seit elf Jahren engagiert er sich in der Kaller Krebshilfe. In den vergangenen sechs Jahren hat der aus dem Nordirak stammende Geschäftsführer einer Friseursalon-Kette zehn Hilfstransporte in die Flüchtlingslager der kurdische Region Erbil organisiert. Mehrere dieser Transporte hat er mit Mitgliedern der Hilfsgruppe begleitet.
„Wären alle Menschen wie wir, gäbe es keine Kriege.“ Das ist eine Aussage, die man immer wieder von Karwan Mohammed hört, der neben den Salons in Euskirchen und Kall zwei weitere in Mechernich und Zülpich betreibt und der in der Stadt Euskirchen sachkundiger Bürger im Ausschuss für Generationen und Soziales ist.
In seiner kurdischen Heimat seien seit 2011 die Lager in der autonomen Zone um Erbil, Mossul, Dohuk und Sulaimaniya von Geflüchteten überfüllt. Sie stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien und dem Irak, wo sie vor dem Terror des islamischen Staates geflüchtet sind. Wie Karwan Mohammed berichtet, herrschen dort unhaltbare Zustände,
Hilfe sei unbedingt erforderlich. In einer Stadt etwa mit 32.000 Einwohnern lebten 25.000 Flüchtlinge in Lagern. Die Krankenhäuser in der Region seien schlecht ausgestattet, es fehle am Nötigsten. Auch Alten- und Pflegeheime seien völlig überlastet.
„Gott hat uns geholfen, jetzt helfen wir anderen“, ist das Credo von Karwan Mohammed, der seinen ersten Friseursalon in Euskirchen eröffnete und 2011 die Hilfsgruppe Eifel um Hilfe für seine Familie bat. Bei seinem im Nordirak lebenden Bruder war ein Tumor im Gehirn festgestellt worden, der in einer Düsseldorfer Spezialklinik behandelt werden sollte.
Die Hilfsgruppe kümmerte sich darum, dass der Bruder nach Deutschland geholt werden konnte. Zudem – das war eine Voraussetzung für die Einreise und die Therapierung – sicherte der Kaller Verein die Finanzierung der Behandlung ab. Die Operation und die Nachsorge bei Karwans Bruder, der danach in Deutschland bleiben durfte und eine Ausbildung als Friseur abgeschlossen hat, verliefen erfolgreich. Inzwischen hat der junge Mann mit seiner Lebensgefährtin in Schleiden einen eigenen Salon eröffnet.
Karwan Mohammed ist es wichtig, bei all seinem eigenen Glück seine Landleute und die Geflüchteten im Nordirak nicht zu vergessen. Um ihnen zu helfen, hat Mohammed, eines von zehn Kindern seiner Familie, in den vergangenen Jahren viel Zeit und noch mehr Geld investiert. Regelmäßig besucht er dort seine kranke Mutter und seinen fast 80-jährigen Vater.
Auch bei den Brüdern Hubert und Peter Schilles in Floisdorf findet er Unterstützung für seine Hilfe. Sie haben auf ihrem Firmengelände einige ihrer Übersee-Container zur Verfügung gestellt, in denen die Hilfsgüter gesammelt werden, bevor diese mit Unterstützung der Hilfsgruppe in die Region Erbil transportiert werden.
Die Hilfe vor Ort sei auch wichtig, damit die Flüchtlinge nicht weiter in Richtung Europa reisen, weiß Karwan Mohammed. Es gebe viele Möglichkeiten, auch vor Ort zu helfen, etwa, Lebensmittel dort zu kaufen. So ist er zweimal mit Thomas Tampier und Clemens Hellenthal von der Hilfsgruppe und Geld des Kaller Vereins nach Erbil und Mossul gereist. Dort habe man für relativ wenig Geld einen ganzen Sattelzug mit 57.000 Flaschen Wasser sowie einen Lkw voll mit Milch, Kinderwindeln, Schultafeln, Lehrmaterialien und Spielzeug günstig geordert und in die Flüchtlingslager gebracht. 1300 Kinder habe man so unterstützt.
107 Tonnen Hilfsgüter
Die Bilanz dieser Flüchtlingshilfe kann sich sehen lassen. In sechs Jahren wurden zehn Lkw-Transporte mit 107 Tonnen Hilfsgüter in die Region Erbil organisiert, wo die Eifeler mit der kurdischen Hilfsorganisation „Barzani Charity Foundation“ (BCF) zusammenarbeiten. Auch mit dem Gesundheitsministerium seiner Heimat steht Mohammed in ständiger Verbindung, von Minister Dr. Rekawt Hamarashid wird er regelmäßig vor Ort empfangen.
Auch unzählige gut erhaltene Krankenhausbetten, Einrichtungen für Altenpflegeheime, medizinische Geräte und mehr als 1500 Rollstühle und Rollatoren, die besonders dringend benötigt werden, sind in den sechs Jahren aus der Eifel nach Erbil gebracht worden. Unterstützung dabei erhält Mohammed von Krankenhäusern und Altenpflegeheime im und außerhalb des Kreises Euskirchen. „Die Leute sind dort sehr dankbar“, berichtet Karwan Mohammed. In Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen in der Region Erbil sei das Logo der Hilfsgruppe inzwischen allgegenwärtig.
Einen ganz wichtigen Hilfstransport erledigte der Euskirchener Geschäftsmann im Oktober 2019, als es darum ging, zwei schwer herzkranken Kindern im Nordirak das Leben zu retten. Hilfsgruppen-Vorsitzender Willi Greuel: „Wir haben in Münster spontan für die Kinder neue Herzklappen gekauft.“ Diese habe Karwan auf eigene Kosten in einem Spezialkoffer mit dem Flugzeug nach Erbil gebracht, wo die Kinder von zwei Herzchirurgen der Bonner Kinderklinik erfolgreich operiert worden seien. „Ohne die Herzklappen hätten die Kinder keine Chance auf Überleben gehabt. Schön, dass wir helfen konnten“, so Greuel.