Ein Neustart mit UnsicherheitKirchen im Kreis Euskirchen dürfen ab dem 1. Mai öffnen
- Es war eine Nachricht, die von vielen Gläubigen sehnlichst erwartet wurde.
- Nachdem mehr als sechs Wochen lang keine öffentlichen Gottesdienste veranstaltet werden durften, ist dies ab dem 1. Mai wieder möglich.
- Jedoch haben die Kirchengemeinden dafür zahlreiche Vorschriften zu beachten – ein deutliches Zeichen, dass von Normalität noch lange nicht die Rede sein kann.
Die Kirchen im Kreis Euskirchen dürfen ab dem 1. Mai wieder öffnen: Neben den Abstandsregeln und der Empfehlung, Masken zu tragen, ist auch vorgesehen, dass von der Gemeinde nicht gesungen werden darf. Während etwa in St. Peter in Zülpich am Maifeiertag Gottesdienst gefeiert wird, müssen sich die Gläubigen in anderen Gemeinden noch gedulden.
„Die Gottesdienste werden ganz anders sein“, sagt Euskirchens Kreisdechant Guido Zimmermann. So sollen in den Kirchen in Zülpich Texte gesprochen werden. Auch sollen nur wenige Messdiener mit dabei sein. Die Kommunion wird mit dem vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter ausgegeben. In Weilerswist sollen in der Evangelischen Kirche statt des Gemeindegesangs zwei bis vier Mitglieder des Martin-Luther-Chores eine Liedstrophe singen.
Kontakt zur Gemeinde fehlt
„Jetzt merkt man, dass einem der Kontakt zu der Gemeinde fehlt“, sagt Pfarrer Andreas Züll aus Blankenheim. Vor allem das Osterfest habe den Gläubigen gefehlt. Er konnte anhand der Opfergaben und des Verbrauchs von Kerzen feststellen, dass zwischen Gründonnerstag und Karsamstag viele Menschen in den Kirchen gewesen seien.
In nahezu allen Gemeinden ist eine vorherige Anmeldung zu den Gottesdiensten nötig, teils werden Eintrittskarten ausgegeben. „Heute hat das Telefon nicht stillgestanden“, so Kreisdechant Zimmermann über das Interesse. Gerade in den vergangenen Wochen hätten die Menschen gespürt, was Gottesdienstgemeinschaft bedeute und wie wichtig der Empfang der Sakramente sei.
Kirchen sollen keine Ansteckungs-Hotspots werden
Doch finden die Regelungen nicht nur Applaus. „Manches ist widersprüchlich“, so Pfarrer Erik Pühringer aus Mechernich. So seien getrennte Ein- und Ausgänge gefordert. Doch bei einem Gottesdienst würden die Menschen kommen, bleiben und die Kirche wieder verlassen, ein Begegnungsverkehr finde nicht statt. „Wenn ich aber ein Portal sperre, kommt es doch wieder zu Menschenmengen“, sagt er. „Es gibt jede Menge offene Fragen“, fügt er hinzu. Was sei zum Beispiel, wenn ein Ehepaar in den Gottesdienst komme: Müsse das auch 1,5 Meter Abstand halten? Wie solle das markiert werden?
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Manche Geistliche äußern ein zwiespältiges Gefühl. „Wir müssen uns fragen, ob es für die ältere Generation überhaupt erstrebenswert ist, in die Gottesdienste zu gehen“, sagt Pfarrer Kurt Josef Wecker von der GdG Heimbach/Nideggen. Jede Gemeinde sei in der Verantwortung, ein Konzept zu entwickeln. Es sei nicht gewollt, dass sich in den Kirchen Hotspots der Ansteckung entwickelten. „Wir können nicht so tun, als bewahre uns ein Gnadenbild davor, angesteckt zu werden“, betont er.
Senioren über Youtube nicht gut zu erreichen
Dass die Risikogruppe sich nicht nur auf die Gottesdienstbesucher beschränkt, macht Pater Wieslaw Kaczor aus Steinfeld deutlich. Er sei hin- und hergerissen, da der Schutz der Gesundheit oberstes Gebot sei. „Ich gehöre mit 61 Jahren bei den Jüngeren zu den Älteren“, sagt er auch mit Blick auf das Alter der Priester im Kreis. Die älteren Brüder würden am kommenden Wochenende nicht bei den Messfeiern eingesetzt.
Mit Abstand und ohne Gesang der Gemeinde
Eine Vielzahl an Vorgaben muss von den Kirchengemeinden beachtet werden. So haben die fünf Bistümer in NRW 21 Regeln für die Wiederaufnahme von Gottesdiensten in den katholischen Kirchen aufgestellt, die Evangelische Kirche in Deutschland hat ein Eckpunktepapier erarbeitet. Viele der darin enthaltenen Vorschriften sind allgemeingültig und werden konfessionsübergreifend beachtet.
Wichtigste Maßgabe ist bei fast allen Gemeinden die zwingend notwendige Anmeldung zu den Gottesdiensten. Denn da in der Kirche der Abstand von 1,50 Metern einzuhalten ist, ist die Zahl der Besucher begrenzt. Der Einlass wird kontrolliert. In der Regel erfolgt die Anmeldung über die Pfarrbüros. Das Tragen von Masken wird dringend empfohlen.
Vor den katholischen Kirchen werden Zonen mit Abstandshinweisen markiert, damit der Zutritt geordnet erfolgt. Nach Möglichkeit werden Ein- und Ausgang durch zwei Zuwege zur Kirche getrennt. Die Körbe für die Kollekte werden nicht mehr durch die Reihe gereicht, sondern etwa am Ausgang aufgestellt. Vor der Kommunionausteilung desinfizieren der Zelebrant und alle daran beteiligten Personen sich die Hände.
Der Friedensgruß erfolgt ohne Körperkontakt. Die Gläubigen werden gebeten, ihr eigenes Gebetbuch mitzubringen, auf den Gesang der Gemeinde soll verzichtet werden. Für Trauergottesdienste sollen in den beiden christlichen Kirchen die gleichen Maßgaben gelten wie für Sonntagsgottesdienste. (sev)
Gerade die ältere Generation sehne sich danach, Präsenzgottesdienste zu feiern, sagt der evangelische Pfarrer Erik Schumacher aus Schleiden. Bei den Gottesdiensten über Youtube sehen rund 100 Zuschauer zu, die vor allem der jüngeren und mittelalten Altersgruppe zuzuordnen seien. Senioren seien damit nicht gut zu erreichen.
Dass die augenblicklichen Veränderungen auch eine Chance zur Neuorientierung böten, macht Andreas Züll deutlich: „Gibt es vielleicht Dinge, die nie funktioniert haben, und die wir jetzt ändern können?“ Die Krise gebe Gelegenheit zum Überlegen und für einen Neustart.