Klimawandel im Kreis EuskirchenKreis arbeitet an Konzept für Anpassung
- Das Klima im Kreis Euskirchen steckt mitten in einem drastischen Wandel.
- Doch wie mit höheren Temperaturen und längeren Dürreperioden umgehen, wie wirtschaftlich damit zurechtkommen oder vielleicht sogar neue Geschäftsfelder daraus entwickeln?
- Die Kreisverwaltung arbeitet an einer Klimaanpassungsstrategie, die Ende des Jahres vorliegen soll.
Kreis Euskirchen – Wer nach den jüngsten Regenfällen gedacht hat, es sei alles in Ordnung mit dem Klima, der täuscht sich. Nach Angaben des Landes NRW lag die Durchschnittstemperatur im ersten Halbjahr 2020 1,9 Grad über der von 1961 bis 1990.
Mit den Niederschlägen sieht es noch bedenklicher aus. Sie liegen zwar in diesem Jahr durchaus im normalen Bereich. Sie reichen aber nicht aus, die trockenen Böden genügend zu befeuchten – schon gar nicht bis in die Tiefe.
Die ungewöhnlich lange Sonnenscheindauer im Frühjahr in Verbindung mit trockenen Ostwinden hat Niederschläge schnell aufgesogen. So gilt laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) für große Bereiche im Kreis Euskirchen die Kategorie „schwere Dürre“, „extreme Dürre“ und „außergewöhnliche Dürre“.
Mit den Folgen des Klimawandels beschäftigt sich der Kreis seit 2012, um mit einem integrierten Klimaschutzkonzept auf die Veränderungen zu reagieren. In den vergangenen anderthalb Jahren wurde ein Klimafolgen-Anpassungskonzept (KAK) erstellt. Es ist ein Baustein auf dem Weg, den Kreis Euskirchen zu einer „Global nachhaltigen Kommune“ zu entwickeln, so Iris Poth, Stabsstellenleiterin für den Bereich Struktur- und Wirtschaftsförderung des Kreises: „Es soll eine Art Steckbrief zum Handeln werden.“
Anpassung an den Klimawandel in allen Lebensbereichen
Poth hat nach einem Kreistagsbeschluss mit Klimamanager Maximilian Metzemacher das Projekt auf den Weg gebracht. Ende des Jahres wird das Abschlussdokument mit Handlungsempfehlungen vorliegen und im frühen neuen Jahr vorgestellt.
Das KAK wurde unter Mitwirkung von Forst-, Land- und Wasserwirtschaft, Handwerkskammern und Umweltverbänden entwickelt. Darin sollen für möglichst viele Lebens- und Arbeitsbereiche umsetzbare Leitlinien vorgeschlagen werden, um auf den Klimawandel angemessen zu reagieren.
Die Vorschläge sollen so praxisorientiert sein, dass sie von Kommunen, Industrie, Privatleuten oder der Landwirtschaft zügig umgesetzt werden können.
So befasst man sich etwa mit Fragen wie der Unterbringung von Touristen in klimafreundlichen Betrieben. Darunter versteht Poth Unterkünfte, die sich besonders um geringen Energie- und Wasserverbrauch bemühen. Eine andere Frage beschäftigt sich mit technischen Lösungen für Wasserknappheit in einigen Regionen.
Aus solchen Fragestellungen entstehen möglicherweise Aufträge oder sogar neue regionale Unternehmen, so Poth. Sie legt auch dar, dass die Folgen des Braunkohletagebaus für den Wasserhaushalt in der Börde gravierend sein werden und kreative Lösungen notwendig machen.
„Klimaanpassung und Klimaschutz sind zwei verschiedene Dinge“, erläutert Metzemacher. Die Anpassung reagiert mit Maßnahmen auf die Veränderungen, der Schutz ist bemüht, weiteren Veränderungen entgegenzuwirken. Auch wenn beide irgendwie zusammengehören, befasst sich das Konzept überwiegend mit der Anpassung. Dabei stehen Themen wie Dürre, Stürme, Hochwasser und Artenschutz im Blickpunkt.
Wie sieht der Eifeler Wald der Zukunft aus?
Wie sehen beispielsweise die Eifeler Wälder der Zukunft aus? Welcher Baum wird nach der Fichte dort stehen? Mit welchen Maßnahmen können Kommunen, Firmen und Bürger ihre Mobilität verändern, um weniger CO2 auszustoßen?
Wo kommt der Strom für Elektroautos her und ist das überhaupt der Weg der Zukunft? Wie kann Hochwasser durch Renaturierung der Bäche und geeignete Ausweichflächen vermieden werden? Wie können Vorgärten so gestaltet werden, dass heimischen Tieren Lebensraum geschaffen wird und weniger Hitze auf versiegelten Flächen entsteht?
Die Firma Baum Consult GmbH wurde damit beauftragt, die Studie zusammenzustellen und die notwendigen Fakten für die Handlungsempfehlungen zusammenzutragen. Die Palette der Themen ist sehr breit.
Da man den Kreis der Mitwirkenden weit geöffnet hat, entstand eine Fülle von Ideen. „Mit diesen Ideen offenbarten sich jedoch auch die unterschiedlichen Interessenlagen“, so Metzemacher.
Überzeugungsarbeit in den Kommunen nötig
„Klimaschutz ist für Kommunen bisher eine freiwillige Angelegenheit“, so Metzemacher. Daher will man Überzeugungsarbeit in der Politik leisten. „Klimaschutz ist Wertschöpfung“, sagt Poth mit Überzeugung. Der Kreis leistet mit dem Konzept Pionierarbeit, die allen Kommunen zugutekommen soll.
Schon jetzt hat der Kreis einen Energiebeauftragten, der Bürger berät, wie sie ihr Haus energetisch verbessern können. Solche Beratungen sollen auch auf die Industrie ausgeweitet werden. Gleichzeitig werden Aufklärungskampagnen vorbereitet, wie man sich etwa an heißen Tagen gesundheitlich schützen kann oder wie man sparsam mit Wasser umgeht.
Da der Zeitraum von anderthalb Jahren für solch ein Konzept knapp bemessen war, wird man vielen Fragen noch intensiver nachgehen müssen. Fließwege bei Starkregen müssen untersucht werden, die Wirtschaftlichkeit von unterschiedlichen Solaranlagen müsste überprüft werden und vor allem Raum zum Experimentieren geschaffen werden.
Metzemacher wünscht sich daher, dass das neue Konzept eine Grundlage wird für viele weitere Maßnahmen. Ob die Konzepte greifen, wird wesentlich von der Bereitschaft abhängen, bei der Umsetzung mitzuwirken und die Vorschläge zügig in die Praxis umzusetzen.