394 Notrufe pro TagKreis Euskirchen plant neues Leitstellensystem
Kreis Euskirchen – 143 837 Anrufe gingen im vergangenen Jahr in der Leitstelle im Kreishaus ein. Das sind ziemlich genau 394 pro Tag. Nach Angaben von Julia Baron, Leiterin des Geschäftsbereichs Recht und Ordnung, waren davon etwa 50 000 Notrufe. Abgearbeitet werden die Anrufe im Normalfall aktuell von drei Disponenten im Zwölf-Stunden-Schichtdienst. Ein weiterer Leitstellen-Mitarbeiter koordiniert die Krankentransporte.
Mit dem Umzug der Leitstelle in den Erweiterungsbau soll das Schichtsystem der Leitstellen-Disponenten umgestellt werden. Dann soll auch im Kreis Euskirchen im 24-Stunden-Dienst gearbeitet werden – zumindest wenn es nach Julia Baron und Martin Fehrmann, Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr beim Kreis, geht.
Das sagt die Politik
Ute Stolz, Fraktionschefin der CDU im Kreistag, spricht sich gegen die vorschnelle Verabschiedung des Stellenplans aus. Sie schlug im Kreisausschuss einen Sperrvermerk vor, der bei der ersten Kreistagssitzung im kommenden Jahr im April aufgehoben werden könne und die Stellen sofort freigegeben werden könnten. Die Umstellung auf den 24-Stunden-Dienst sei eine freiwillige Leistung. Deshalb sei die dringende Notwendigkeit nicht gegeben. „Wir möchten uns inhaltlich dem Vorhaben nicht verschließen, brauchen aber Zeit, uns damit auseinanderzusetzen“, sagte Stolz im Kreisausschuss.
SPD-Fraktionschef Thilo Waasem spricht sich aus zwei Gesichtspunkten für eine schnelle Entscheidung aus. „Wir laufen Gefahr, bei Fachkräften in die Röhre zu gucken“, sagt er. Zum anderen könne beim 24-Stunden-Dienst bei Akutlagen besser reagiert werden. „Wer sich dagegen ausspricht, wird zum Sicherheitsrisiko für die Menschen im Kreis“, so Waasem.
Die Fraktion der Grünen will sich ebenfalls für den Stellenplan im Bereich des Fachbereichs 38 aussprechen. Das wurde beim Kreisausschuss deutlich. (tom)
Um die Umstellung im kommenden Jahr – allerspätestens bis zum Jahreswechsel 2022/23 soll die neue Leitstelle bezogen sein – leisten zu können, braucht man Personal. Genau gesagt 12,8 Stellen. So viele Stellen sind im Nachtrag zum Stellenplan der Verwaltung eingepreist. Entschieden werden soll darüber am Mittwoch (ab 17 Uhr im Forum Zülpich) im Kreistag.
„Deutlich attraktiver“
„Der 24-Stunden-Dienst ist deutlich attraktiver“, erklärt Fehrmann. Man arbeite praktisch zwei Tage in der Woche. Dafür nehme man auch gerne mal eine längere Anfahrt in Kauf. So sei ein Disponent, der bis vor wenigen Monaten noch in Euskirchen aktiv war, nach Leverkusen gewechselt. „Ein 24er ist familienfreundlicher“, so Fehrmann. Es sei nicht so, dass man im „24er“ die ganze Zeit am Telefon sitzen müsse. Der 24-Dienst besteht aus einem Wechsel aus Arbeits- und Bereitschaftsdienstzeiten.
Ruhebereiche vorgesehen
Die Disponenten können sich sogar in eigens vorgesehene Ruhebereiche zurückziehen. Die umliegenden Leitstellen haben laut dem Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr bereits auf das „24h“-System umgestellt. Der Dienst habe aber auch intern Vorteile. „Wir können schneller auf Sonderlagen, und damit ist nicht nur die Flut gemeint, reagieren“, erklärt Fehrmann. Man sei im 24-Stunden-Dienst mit fünf Disponenten in der Leitstelle. Nicht alle hätten den sogenannten Tischdienst, sondern eben auch Bereitschaft, aber man müsse auch niemand in die Leitstelle beordern, der vielleicht gerade mit der Familie unterwegs sei.
Nachts von Vorteil
Gerade nachts biete das einen Vorteil, zumal die Anforderungen an die Disponenten zugenommen hätten, so der Experte. Es komme auch immer wieder mal vor, dass man eine sogenannte Telefon-Reanimation durchführen müsse. Dabei leitet der Disponent den Anrufer telefonisch an, bis der Notarzt eingetroffen ist. „In dieser Zeit ist der Disponent im Einsatz gebunden und steht nicht mehr zur Bearbeitung weiterer Einsätze zur Verfügung, die Arbeit für die Kollegen wird dann automatisch mehr“, so Fehrmann.
Disponenten müssen ausgebildet werden
Doch warum muss man jetzt Stellen ausschreiben, wenn erst im zweiten Halbjahr 2022 der mögliche Umzug der Leitstelle ansteht? „Viele Disponenten kommen aus dem Einsatzdienst umliegender Feuerwehren und müssen unter Umständen noch aus- und weitergebildet werden. Das dauert seine Zeit“, so Baron.
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Zudem gebe es einen Fachkräftemangel – auch unter Disponenten. Wenn man nun zehn Stellen ausschreibe, bekomme man nicht automatisch eine hohe Zahl an Bewerbungen. Daher benötige man den Vorlauf, um sich personell auf die Umstellung bestmöglich vorbereiten zu können. Dass die Umstellung sinnvoll sei, sieht laut Fehrmann nicht nur der Fachbereich 38 so, sondern auch ein externer Gutachter, der die Situation im Kreishaus analysiert habe.