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Wieso nochmal Wahlkampf?Viel Unklarheit wegen Stichwahlen im Kreis Euskirchen

Lesezeit 5 Minuten
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Nun kommt es drauf an: Wer wird Landrat im Kreis und wer Bürgermeister(in) in Euskirchen und Weilerswist? Alle Wahlberechtigten im Kreis Euskirchen werden noch einmal zum Urnengang oder zur Briefwahl aufgerufen.

  1. Am 27. September gibt es im Kreis Euskirchen Stichwahlen um Landrats- und Bürgermeisterposten und die Kandidaten kämpfen derzeit um die Stimmen der Wähler. Doch bei den Wählern herrscht noch viel Unklarheit.
  2. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass es noch eine Stichwahl geben wird“, so Bürgermeisterkandidatin Anna-Katharina Horst aus Weilerswist.
  3. Wie kann gewählt werden und wo finden die Stichwahlen statt? Wir haben die wichtigsten Fragen zu den Stichwahlen beantwortet.

Kreis Euskirchen – Als Anna-Katharina Horst (parteilos) am Wochenende Straßenwahlkampf machte, erntete sie einige verwunderte Blicke. Wieso Wahlkampf? Die Wahl war doch schon. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass es noch eine Stichwahl geben wird“, so Horst. Das wiederum habe sie verwundert.

Dabei wird in Weilerswist nicht nur der Landrat gewählt, sondern auch der Bürgermeister beziehungsweise die Bürgermeisterin. Wie mag das erst in Kommunen aussehen, in denen die Stadt- beziehungsweise Gemeindeoberhäupter mit der Ursprungswahl bereits bestimmt worden sind. Bis auf Weilerswist und Euskirchen stehen alle Bürgermeister im Kreis für die kommenden Jahre fest. Doch die Stichwahl über den künftigen Landrat findet in allen Kommunen des Kreises statt.

In Weilerswist heißt es Anna-Katharina Horst gegen Alexander Welter (unterstützt von CDU, SPD und FDP), in Euskirchen Christian Loeb (CDU) gegen Sacha Reichelt (parteilos, unterstützt von der SPD und inzwischen auch von UWV und FDP) und in allen Kreis-Kommunen Johannes Winckler (CDU) gegen Markus Ramers (SPD).

Viel Unklarheit

Auch die beiden Landratskandidaten haben nach eigenem Bekunden festgestellt, dass in Bezug auf die Stichwahl noch viel Unklarheit herrscht – auch über das Prozedere. „Ich habe vielen Leuten erklärt, wie sie noch wählen können“, so Winckler. Auch Ramers erläutert allerorten, auf welche Weise noch gewählt werden kann: „Am besten ist natürlich, wenn sie sofort ins Rathaus gehen, um Briefwahl vor Ort zu machen.“

Auf diese Möglichkeit weist auch Ralf Claßen hin. Der Mechernicher Wahlleiter erklärt, dass die Stadt auf allen Kanälen auf die Stichwahl um den Landratsposten hinweise: etwa auf der städtischen Homepage und im Gemeindeblättchen „Bürgerbrief“.

Foto-Interviews der Stichwahlkandidaten auf „radioeuskirchen.de“

Das war für alle neu und verlangte von den Kandidaten Kreativität, Spontanität und Interpretationsgabe. Radio Euskirchen hatte alle sechs Stichwahlkandidaten im Kreis Euskirchen zu Videointerviews eingeladen.

Anstatt ihnen Fragen zu stellen, bekamen die Kandidaten jeweils fünf Fotos mit Motiven vorgelegt, die etwas mit ihrem künftigen Job als Landrat beziehungsweise Bürgermeister(in) zu tun haben. Ein Foto mit PC-Kabeln sollte etwa die Landratskandidaten dazu animieren, etwas über den Ausbau des schnellen Internets zu sagen.

Die Euskirchener Bürgermeisterkandidaten sahen sich mit dem Bild eines leeren Ladenlokals konfrontiert und für Weilerswist gab es unter anderem ein Bild mit dem Neubau eines Einfamilienhauses. Es blieb den Kandidaten freigestellt, was sie zu den Bildern sagen wollten. Nur kurz mussten sie sich halten.

„Man merkte allen Kandidaten an, dass sie im Laufe des Wahlkampfes souverän in ihren Auftritten geworden sind“, resümiert Radiochef Norbert Jeub. Seit dem Wochenende sind die Aufnahmen der „Fünf-Foto-Interviews“ online und schon sehr häufig angesehen worden. Einen Link zu allen Interviews gibt es auf der Homepage von Radio Euskirchen und auf der App des Lokalsenders. (sch)

„Mehr können wir nicht tun“, so Claßen. Auch in Hellenthal sollten die Bürger über das Mitteilungsblatt der Gemeinde auf die Stichwahl hingewiesen werden, doch wegen eines Fehlers lag das Infoblatt am Freitag nicht bei. „Der Verlag schickt nun die Träger noch mal heraus, damit der Hinweise in alle Briefkästen kommen“, so Michael Huppertz, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters.

Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Wo finden Stichwahlen statt?

Im kompletten Kreis Euskirchen. Denn der künftige Landrat wird kreisweit gewählt. Zusätzlich werden in Euskirchen und Weilerswist die Bürgermeister beziehungsweise Bürgermeisterinnen gewählt, weil hier niemand der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhielt.

Wie kann gewählt werden?

Wie immer: klassisch im Wahllokal am Sonntag in der Zeit von 8 bis 18 Uhr. Auch die Briefwahl ist möglich. Hier gilt die Wahlbenachrichtigung für die Ursprungswahl. Wer sie verloren hat, kann seinen Personalausweis im Wahlraum vorlegen und nach Überprüfung im Wählerverzeichnis wählen.

Ist Briefwahl möglich?

Ja. „Alle Briefwähler, die am 13.9.2020 Briefwahl gemacht haben und auf ihrem Antrag hierzu nicht bewusst das Häkchen für das Übersenden von Briefwahlunterlagen für eine mögliche Stichwahl gelöscht haben, haben vergangene Woche die Briefwahlunterlagen zugesandt bekommen“, erläutert Marita Hochgürtel, Sprecherin der Bad Münstereifeler Stadtverwaltung, den Vorgang, der in allen Kommunen gilt: „Zusätzlich können natürlich auch noch andere Wähler nur für die Stichwahl online, telefonisch, persönlich oder per Brief Briefwahlunterlagen beantragen.“

Kann jetzt schon gewählt werden?

Ja, der Gang ins Rathaus reicht. Dieses Wahllokal hat bereits geöffnet. Wer mit der Wahlbenachrichtigung, die er oder sie vor dem Ursprungswahlgang erhalten hat, und/oder Personalausweis ins Rathaus kommt, kann sein(e) Kreuzchen diese Woche zu den Öffnungszeiten machen.

Besteht dadurch die Gefahr der Manipulation?

Es könnte ja jemand auf die Idee kommen, unter der Woche im Rathaus mit der Wahlberechtigung zu wählen und sich am Sonntag im Wahllokal mit dem Personalausweis vorzustellen und noch mal wählen.

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„Das wird nicht klappen“, sagt der Mechernicher Wahlleiter Ralf Claßen. Wer schon per Briefwahl gewählt hat, erhalte einen Sperrvermerk auf den Wählerlisten – und die werden erst kurz vor Öffnung der Wahllokale abgeschlossen.

Droht eine niedrige Wahlbeteiligung?

An der Stichwahl nehmen üblicherweise weniger Wähler teil als beim ersten Wahlgang. 2015 lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang bei 40,6 Prozent, zwei Wochen später, als Günter Rosenke (Parteilos) und Manfred Poth (CDU) direkt gegeneinander antraten, nur noch bei 29,2 Prozent. Damals lag Rosenke aber im ersten Wahlgang schon deutlich vorne, sodass vielen die Wahl schon als entschieden schien. Diesmal war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Markus Ramers (SPD) und Johannes Winckler (CDU). Da dürften sich die jeweiligen Anhänger nicht so sicher sein.

Darum besteht ein Hauptteil des Wahlkampfs darin, die eigenen Wähler noch mal zur Wahl zu motivieren. Denn es wäre für den einen wie für den anderen ärgerlich, wenn er nicht gewählt werden würde, weil seine Anhänger vom Wahlrecht keinen Gebrauch machen.