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Enkelin berichtetWieso ein Zwangsarbeiter im Kreis Euskirchen untertauchen musste

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Marian Moroz als polnischer Zwangsarbeiter bei der Arbeit an einer landwirtschaftlichen Maschine. Das Bild entstand 1942 in Freilingen. 

Eifelland/Köln – „Ohne die verbotene Liebe meiner Großeltern hätte es meine ganze Familie nicht gegeben“, sagt Mira Moroz. Die 42-Jährige, die in Köln-Nippes lebt, ist die Enkelin eines polnischen Zwangsarbeiters und einer damals jungen Frau aus der Eifel, die sich während des Zweiten Weltkriegs kennen und lieben gelernt hatten. Solche Beziehungen zwischen Deutschen und Polen waren damals unter Androhung der Todesstrafe verboten. Die spannende Geschichte der Familie Moroz ist Teil der Sonderausstellung „Zwangsarbeit im Kreis Euskirchen“, die am Donnerstag in Vogelsang eröffnet wird.

„Mein Opa Marian war nach Kriegsbeginn als Zwangsarbeiter in ein kleines Dorf in der Eifel gekommen, um dort den Mangel an männlicher Arbeitskraft auszugleichen. Arbeit als Kriegsbeute und Überlebensgarantie“, sagt die Enkelin. Weil ihr Opa schon in der Schule Deutsch gelernt habe, habe er sich gut verständigen können. Gearbeitet habe er in Blankenheim-Freilingen in der Landwirtschaft. Dort lernte der Zwangsarbeiter die 17-jährige Katharina kennen, die mit ihrer Familie im Dorf lebte.

Trotz des Verbots trafen sich die beiden immer wieder heimlich im Wald und verliebten sich ineinander. „Das hatte dann zur Folge, dass am 3. Januar 1942 meine Tante Elisabeth zur Welt kam“, berichtet die Enkelin mit einem Schmunzeln. Die Vaterschaft ihres Opas sei stets geheim gehalten und abgestritten worden, obwohl er immer im Zentrum der Spekulationen gestanden habe. „Meine Oma wurde wiederholt von der Gestapo verhört, hielt jedoch eisern an ihrer Version fest, dass ein unbekannter namenloser Wehrmachtssoldat der Vater sei“, erzählt die Enkelin.

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Die deutschen Schwestern mit ihren  Männern: (v.l.) Marian und Katharina mit Tochter Elisabeth sowie Helene und Josef mit Sohn Jürgen.

Am 30. Oktober 1942 wurde den jungen Eltern schlagartig klar, wie groß die Gefahr war. An diesem Tag wurde der Zwangsarbeiter Wladyslaw Staniczewski in Anwesenheit aller Ostarbeiter in Lommersdorf erhängt. Der Grund soll nach Gerüchten eine verschmähte Liaison mit einer Deutschen gewesen sein. Marian Moroz musste danach untertauchen und versteckte sich unter anderem in einem Graben im Wald und einer feuchten Kammer unter den Küchendielen im Haus von Katharina.

„Meine Tante Elisabeth hat mir später davon erzählt. Den Zugang zum Erdloch unter der Küche hatten sie mit einem Teppich abgedeckt“, erzählt Mira Moroz. Im Spätsommer 1944 versteckte sich der Großvater dann auf dem Scheunendachboden von Katharinas Familie. Die Gestapo suchte nach ihm und verhörte immer wieder die junge Mutter.

Besonders brenzlig wurde es, als eines Tages zwei Männer der Gestapo zum Elternhaus von Katharina kamen, während die zweijährige Elisabeth auf dem Hof spielte. „Einer der Polizisten wollte von dem spielenden Kind wissen, ob es wohl einen Vater habe? Elisabeth bejahte dies offenherzig“, so Mira Moroz. Auf die Frage, ob sie wisse, wo er sich aufhalte, habe sie unbekümmert auf den Dachboden der Scheune gezeigt.

„Glücklicherweise hatte mein Opa die ganze Szene beobachtet und begriffen, was die Geste seiner Tochter bedeutete. Geistesgegenwärtig baute er eine Art Tunnel im Stroh, während Katharina wie gelähmt am Fenster stand und den Männern der Gestapo dabei zusah, wie sie mit ihren Bajonetten im Stroh stocherten.“

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Berichtet in der Ausstellung  über  ihrer Familie: Mira Moroz.

Schließlich konnte Marian Moroz fliehen und bis zum Kriegsende am 8. Mai 1945 im Kloster Vellerhof Clemens untertauchen. „Meine Oma und ihre Schwester haben dann nach Kriegsende ihre verbotenen Liebschaften geheiratet.“ Danach bekamen Marian und Katharina noch vier weitere Kinder, darunter auch Roman, der Vater von Mira Moroz.

„Meine Großeltern sind nach dem Krieg wieder nach Polen gezogen und haben in Tschenstochau, der Heimat meines Opas, gelebt“, erzählt die 42-jährige Enkelin. Ihr Großvater habe ihr erzählt, dass er sich in der Eifel nicht willkommen gefühlt habe, obwohl er sich mit einigen Leuten aus Freilingen durchaus gut verstanden habe. Die Großtante blieb mit ihrem Mann in Freilingen. „Ich bin als eines der letzten Enkelkinder von Katharina und Marian in Tschenstochau geboren.“

Präsentationen, Lesungen und Exkursionen

Die Sonderausstellung „Zwangsarbeit im Kreis Euskirchen“ wird am morgigen Donnerstag, 8. September, von NRW-Landtagspräsident André Kuper, Landrat Markus Ramers und Thomas Kreyes, Geschäftsführer Vogelsang IP, in Vogelsang eröffnet. Sie ist täglich von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Auf mehr als 50 Tafeln und Vitrinen mit Originalfotos und -dokumenten wird das Schicksal der Zwangsarbeiter und die Rolle der Ordensjunker, die in Vogelsang ausgebildet wurden, Der Eintritt ist frei. Einige Themen der Ausstellung werden in loser Folge als kleine Serie in dieser Zeitung vorgestellt. Ferner gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm zur Ausstellung mit Präsentationen, Lesungen, Diskussionen, Filmvorführungen und Exkursionen unter anderem mit den beiden Ausstellungsverantwortlichen Heike Pütz, Leiterin des Kreisarchivs, und Franz Albert Heinen, Journalist und Autor. (wki)

Sie habe zwar früh gemerkt, dass ihre Oma polnisch mit einem Akzent sprach. Dabei habe sie sich aber nichts gedacht. Ihre Oma sei als Deutsche in Polen auch beschimpft worden: „Da war sehr viel Wut im Spiel.“ Ab und zu sei die Oma auch von Menschen besucht worden, deren Sprache Mira nicht verstand und die Päckchen mitbrachten: „Die Salami und die Schokolade habe ich geliebt.“ Die Besucher seien Verwandte ihrer Oma aus Freilingen gewesen.

Mira Moroz wuchs in Polen auf, bis Vater Roman und Mutter Eva 1988 mit ihrer Familie nach Deutschland flüchteten. „Wir sind mit dem Auto zur Tante meines Vaters nach Freilingen gefahren. Keiner von uns konnte Deutsch sprechen.“ Die heute 42-Jährige verbrachte ihre Jugend in der Eifel. Sie habe sich dabei manchmal auch fremd gefühlt. „Ich habe schon gemerkt, dass ich nicht aus einem coolen Land komme. Zum Glück hat man mir nicht angesehen, dass ich aus Polen komme.“ Deswegen sei sie froh gewesen, dass zumindest ihre Oma eine Deutsche war. Nach dem Abitur zog Mira Moroz nach Köln, wo sie heute als Designerin arbeitet.

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Als Kind sei sie häufig bei ihren Großeltern gewesen. „Mein Opa war Maler und Grafik-Designer und hat mir immer Tipps gegeben.“ Im Alter von 14 Jahren habe sie im Fernsehen Berichte über einen Gedenktag in Auschwitz gesehen. „Die Bilder haben mich geschockt.“ In den Gesprächen mit ihren Eltern sei dann klar geworden, dass ihr Opa ein Zwangsarbeiter war. „Als ich begriffen hatte, was passiert war, waren die beiden leider schon tot.“ Ihr Opa verstarb 1991, drei Jahre später auch seine Frau. Und als was fühlt sich Mira Moroz heute, als Deutsche oder als Polin? „Ich fühle mich als Europäerin mit deutschen und polnischen Wurzeln.“