AboAbonnieren

Denkmal-TagDie Vlattener Oberburg öffnet ihre Tore für Besucher

Lesezeit 4 Minuten
Oliver von Gagern steht auf einer Rasenfläche, die Burg hinter ihm wird von Bäumen flankiert.

Oliver von Gagern im Garten der Vlattener Oberburg.

Oliver von Gagern hat mithilfe der öffentlichen Hand viel für den Erhalt der historischen Anlage in Heimbach-Vlatten getan.

Das Ambiente ist idyllisch und historisch. Fast ein wenig wie ein englischer Landschaftspark in Miniaturausgabe sieht es im Garten der Oberburg in Vlatten aus: Akkurat gemähte Rasenflächen wechseln mit altem Baumbestand, ein Weiher speist einen kleinen Bach, und malerisch von Efeu überwachsene Ruinen deuten die ehemaligen Gebäude der Burg an, die von einem großen Turm gekrönt werden.

Im Jahr 1385 wird die Oberburg zum ersten Mal urkundlich erwähnt, so Theo Schäfer in seinem Standardwerk „Vlatten – Ein Dorf mit großer Geschichte“ von 1979, immer noch eine gute Quelle für die Vergangenheit des Heimbacher Ortsteils. Wo eine Oberburg steht, ist auch die Unterburg nicht weit. Fast genauso weit entfernt von der Kirche wie die Oberburg, liegt sie rund 300 Meter in Richtung Norden am Vlattener Bach. Doch anders als bei der Oberburg sind hier nur noch wenige Mauerreste zu finden.

Möglicherweise war eine Motte der Ursprung der Vlattener Burg

Johann II. von Vlatten habe damals den festen Hof, den Johann I. von Vlatten im Jahr 1331 gekauft habe, in ein „Offenhaus“ mit befestigter Burg umgewandelt, so die Vermutung von Schäfer. Möglicherweise habe sich das Anwesen aus einer Motte, einer Fluchtburg, aus dem 11. Jahrhundert entwickelt. Derartige „Offenhäuser“ hätten dem Herzog von Jülich und seinen Truppen zum Schutz und zur Abwehr feindlicher Truppen zur Verfügung gestanden, erläutert er.

Damals bestand die Oberburg aus der Hauptburg, einem befestigten Teil, der heute noch teilweise als Ruine erhalten ist, und einem Wirtschaftshof, auf dessen Gelände das heutige sogenannte Herrenhaus steht, die Vorburg. Die Hauptburg war von einem Graben umgeben, der mit einer Zugbrücke überwunden werden konnte. Von ihr stehen heute noch einer der vier Ecktürme, zwei Wehrmauern und ein Gebäudetrakt. Neben dem rund 250 Jahre alten Herrenhaus findet sich heute ein historisierender Wohnturm vom Anfang des 20. Jahrhunderts.

Vom Flur aus führt eine Treppe ins obere Geschoss. An einer Wand steht ein aufwendig gestalteter Schrank, an der Decke hängt ein Kronleuchter.

Wie aus einer anderen Zeit wirkt der Flut des Herrenhauses, in dem sich heute Ferienwohnungen befinden.

Dass die Oberburg in dem aktuellen Zustand erhalten ist, ist vor allem Generalmajor Ernst Freiherr von Gagern zu verdanken. Der damalige Besitzer Julius Rüttgers, ein Fabrikant von Eisenbahnschwellen, schenkte sie 1883 seiner Tochter Emilie, die 1877 von Gagern geheiratet hatte. Ab der Jahrhundertwende verlegten die von Gagerns mehr und mehr ihren Wohnsitz auf die Burg.

Von Gagern verpasste dem Anwesen sein heutiges Antlitz. Er ließ unter vielen Maßnahmen auch 1908 den Wohnturm errichten und legte den heute „Rapunzelturm“ genannten, letzten erhaltenen Wehrturm wieder frei, der bis dahin in die Scheune des Gutes integriert war. Außerdem trennte er Burg und Gutshof mit einer Mauer und baute an die Straßenseite des Herrenhauses eine neue Zimmerflucht mit der heutigen Fassade.

Es hat sich viel getan in dem historischen Gebäude

Seit Juli 2020 verantworten sein Ururenkel Oliver von Gagern und dessen Frau Lydia die Geschicke des Anwesens. Über eine Teilungsversteigerung kam die Burg in ihren Besitz, berichtet er, um die in der weitläufigen Verwandtschaft zerstreuten Besitzanteile zu vereinen. „Ich habe mich als Kind in die Burg verliebt“, betont er.

Ein Blick in den zum Teil noch desolaten Innenhof, im Hintergrund ist Wald zu erkennen.

Der Innenhof der ehemaligen Hauptburg soll noch freigelegt werden, damit er für Konzerte oder Lesungen genutzt werden kann.

Es ist nicht zu übersehen, dass mittlerweile einiges geschehen ist. Die Burg soll nicht wieder aufgebaut werden, doch das, was noch da ist, solle gesichert werden, so von Gagern. So sind das Gewölbe des bereits teilweise eingestürzten letzten Gebäudes der Hauptburg wieder saniert, und auch die verfallenden Wehrmauern sind wiederhergestellt worden. Rund 100.000 Euro habe das gekostet, so von Gagern. Die Maßnahme sei zu 90 Prozent durch Bundes- und Landesmittel gefördert worden. „Sonst wäre das auch nicht möglich gewesen“, so Oliver von Gagern.

Auch wurde der „Rapunzelturm“ kernsaniert, von seinem verfallenen Innenleben befreit und ein neues Dach eingezogen. Rund 90.000 Euro an Investitionen seien dafür nötig gewesen, bei einer Förderung von rund 50 Prozent aus Landesmitteln. „Mein Vater berichtete, dass 1945 noch jemand darin gelebt habe“, so von Gagern. Wahrscheinlich sei deshalb der Turm von innen eckig, um den Rundturm zu Wohnzwecken umzugestalten.


Am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, 8. September, kann man die Vlattener Oberburg von 14 bis 20 Uhr besichtigen.