Die Experten vom Bienenzuchtverein Euskirchen haben viel zu tun. Wir haben einen bei der Arbeit beobachtet – aus gebotener Entfernung.
Großer Schwarm12.000 Bienen in Euskirchener Garten – da muss der Experte kommen
„Wir saßen auf der Terrasse im Garten, als wir dieses intensive Turbinengeräusch hörten“, erzählt Gunter Kiphard aus Kirchheim. Kiphard lebt idyllisch. Die Zufahrtsstraße zu seinem Haus führt über eine unbefestigte Straße durch einen Hain, sein Garten ist ein kleiner Urwald.
„Meine Frau vermutete, das Geräusch komme von einer großen Maschine“, sagt er. Er selbst vergleicht es mit „einer Horde von Haartrocknern“. Aus jeder Richtung sei das bedrohliche Summen gekommen. Das habe die Ortung seines Ursprungs erschwert. Die Quelle des Lärms finden die Kiphards schließlich im Vorgarten. Über der Hecke, direkt hinter den Mülltonnen, fliegen unzählige Insekten wild umher: „Es war unheimlich“, sagt Kiphard.
Erst das sirenenartige Summen, dann der riesige Schwarm. „Und bei massenhaft Insekten, die aufeinander rumkrabbeln und umeinander herschwirren, bekomme ich immer so ein komisches Gefühl“, sagt er und schaudert. Ob es sich bei den Tieren um Bienen oder Wespen handelte, wussten die Kiphards zunächst nicht.
Auch wollte Gunter Kiphard nicht näher herangehen, um es herauszufinden, denn mit Wespen hatte er in seinem Garten schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. „Beim Stutzen der Hecke mit der elektrischen Gartenschere schossen sie raus und stachen mich direkt. Mein Gesicht war so dick.“ Er hält seine offene Handfläche etwa fünf Zentimeter vor sein rechtes Auge.
Deswegen wandten sich die Kiphards mit ihrem Insekten-Problem an den Bienenzuchtverein Euskirchen. Kurz darauf meldete sich Imker Alexander Kloster und stellte die Frage, in der sich die Kiphards bisher auch noch uneinig waren: Bienen oder Wespen? Doch Hobbyfilmer Kiphard hatte eine Idee. Er filmte den Schwarm mit einer Kamera mit 300 Millimeter Zoom. So musste er nicht nah an den Schwarm herantreten und konnte auf dem Video doch gut erkennen, dass es sich zweifellos um Bienen handelte.
Sobald man eine Traube erkennt, sollte man Bienenzuchtverein anrufen
„Den Unterschied zwischen Wespen und Bienen zu erkennen, ist ganz einfach“, sagt Kloster. „Wespen sind boshaft“, fährt er fort und lacht. Sie suchten die Nähe der Menschen, setzten sich mit auf den gedeckten Kaffeetisch und reagierten sehr schnell aggressiv auf sämtliche Vertreibungsversuche. Optisch seien sie auch gut daran zu erkennen, dass sie größer seien als Bienen und auf ihrem Körper immer gut erkennbar die Warnfarben Gelb und Schwarz tragen. Bienen seien kleiner, brauner und etwas plüschiger. Und sie suchten für gewöhnlich nicht die Nähe des Menschen, sondern die von Blumen.
Im Garten der Kiphards versuchte sich also ein Bienenschwarm niederzulassen. Die nächste Frage des Imkers: Ob sie denn schon eine Traube gebildet hätten. Kiphard: „Ich wusste gar nicht, was der meint, und antwortete: ‚Nein, die schwirren da rum‘.“ Kloster erklärt, das sei typisch für Bienen, die eine neue Bleibe suchten. Sie „knubbeln“ sich irgendwo, „formen einen Zapfen“.
Drumherum im Umkreis von fünf bis zehn Metern schwirrt es. Einige Späherbienen halten Ausschau nach Unterkünften und Nahrungsquellen. „Sobald man so eine Traube erkennt, sollte man schnellstmöglich jemanden vom Bienenzuchtverein anrufen“, sagt Kloster. Denn es ist ein Spiel auf Zeit. Wenn die Traube noch irgendwo hänge, dann sei sie einfach zu entfernen. Sobald sich das Volk aber eingenistet habe – etwa in einem hohlen Baum oder im schlimmsten Fall in einer Klinker-Fassade oder der Außenwand eines Fachwerkhauses–, dann sei es beinahe unmöglich, es dort wieder rauszuholen.
Lärm macht die Tiere aggressiv, sagt der Bienen-Fachmann aus Euskirchen
„Als Alexander Kloster hier ankam, war er völlig relaxed“, erinnert sich Kiphard. Er habe sein Auto in der Nähe des Bienenschwarms geparkt, habe seinen Schutzanzug angezogen und eine Holzbox herausgeholt. „Den Weg zur Hecke mussten wir aber erst freischneiden“, sagt Kiphard. „Die Brennnesseln standen bis hier.“ Er hält seine Hand an die Taille.
Um den Weg freizumachen, hatte Kiphard Kloster seine elektrische Gartenschere angeboten. Doch Kloster lehnte energisch ab. Lärm mache die Tiere aggressiv. Bienen ebenso wie Wespen. Kiphard erinnert sich an das Vorkommnis an seiner nur zur Hälfte gestutzten Gartenhecke.
Ganz ruhig und langsam ging Kloster vor, als er sich den Weg zur Hecke frei schnitt. „Eigentlich mag ich Bienen in Hecken nicht, denn da kommt man oft nur ganz schwer dran“, sagt er. Trotzdem bahnt er sich Ast für Ast den Weg durch wilden Wein, Brennnesseln und die Äste der Buchenhecke. Bis Kloster und die Kiphards die Traube sehen. Kiphard: „Es waren viele. Es könnten ungefähr ein paar Hundert gewesen sein.“ Kloster: „Ich schätze, es waren zwischen 8.000 und 12.000 Bienen.“
Um das wilde Umherfliegen dieses größeren Volkes einzudämmen, besprüht der Imker die Traube mit Wasser. Trennt akribisch Äste von der Hecke und schüttelt die daran hängenden Bienen vorsichtig in die Holzbox. „Der Trick ist, die Königin in den Schwarmkasten zu bekommen“, sagt Kloster.
Irgendwann wird die alte Königin vom Volk nicht mehr akzeptiert
„Dann folgen die anderen Bienen.“ In dieser Holzkiste sei nämlich ein Loch. Die frei herumschwirrenden Bienen werden von dem Geruch der Bienen im Schwarmkasten angezogen und folgen ihnen dann durch die Öffnung nach innen. Und wo die Königin sei, da sei auch das Volk, sagt Kloster. Und das Volk, das sich im Garten der Kiphards niederlassen wollte, lebt und arbeitet heute neben einigen anderen Völkern bei dem Imker.
„Zurzeit bekommen wir vom Bienenzuchtverein viele Anrufe“, sagt Kloster. „In der vergangenen Woche allein habe ich fünf Schwärme eingefangen – ich finde, das ist extrem viel.“ Kloster vermutet, das kalte Frühjahr könne Grund dafür sein. Durch den späten Frühjahrsstart seien Obst- und Rapsblüte zusammengefallen, so konnte plötzlich extrem viel Nektar eingetragen werden. Zum Brüten sei dann kaum noch Platz geblieben. „Es wird eng in der Bude“, sagt Kloster.
Die Abwanderung sei nötig. Außerdem: „Bienen wollen schwärmen“ – das sei ein Naturtrieb. „Und wenn die Natur explodiert, dann explodieren eben auch die Bienenvölker“, so der Imker. So finde ihre natürliche Vermehrung statt. Ein weiterer Grund für das Abschwärmen: Die Königin wird verstoßen. Je älter sie wird, desto weniger Pheromone gibt sie ab. Irgendwann werde die alte Königin vom Volk nicht mehr akzeptiert. Dann züchteten Ammenbienen aus einer „x-beliebigen Larve“ eine neue Königin. Durch das Füttern mit „Gelee Royal“, dem Königinnensaft.
Zellen, in denen Königinnen heranwachsen, seien größer und speziell verdeckelt, erklärt Kloster. So wisse die alte Königin, dass bald ihre Nachfolgerin schlüpfen werde. Dann flieht die verstoßene Königin, nimmt die Hälfte ihres Volkes mit und lässt sich an einem anderen Ort nieder. Vielleicht in der Hecke eines idyllischen Gartens – gleich hinter den Mülltonnen.
Experte gibt Tipps, wie man richtig mit einem Bienenschwarm umgeht
Was ist zu tun, wenn es im Garten summt? Dass sich ein Bienenschwarm im eigenen Garten niederlassen möchte, erkenne man daran, dass sich die Insekten zunächst an einer Stelle sammeln, erklärt Imker Alexander Kloster. Sobald man dies bemerke, wende man sich am besten an den Bienenzuchtverein (Kontaktdaten online). Die Schwarmmeldung erreicht dann zügig die zuständigen Imker, die schnell zur Hilfe kommen.
„Die Bienen in meinem Garten waren überhaupt nicht aggressiv“, sagt der Kirchheimer und Hobbyfilmer Gunter Kiphard. Obwohl er zunächst großen Respekt vor dem lauten Schwarm hatte, traute er sich sogar etwas näher heran, als er bemerkte, dass die Tiere sich nicht für ihn interessierten und nur um sich selbst kreisten. Wichtig sei nur, keinen Lärm zu machen, ausreichend Distanz zu halten und auch keine hektischen Bewegungen zu machen, erklärt Kloster. Und wenn man doch einmal gestochen werde, helfe nur: „Kühlen, kühlen, kühlen.“
Verein sammelt abgeblühte Blumenzwiebeln auf Friedhöfen
Die größten Fressfeinde der Bienen seien Wespen und Hornissen. „Wespen haben letztes Jahr ein ganzes Bienenvolk geholt. Die fräsen einmal durch das Volk, zerstören die Brut und töten die Bienen.“ Doch der größte Feind der Bienen bleibe der Mensch durch Pestizide und Umweltgifte.
Damit die Bienen weitersummen, sammelt der Bienenzuchtverein abgeblühte Blumenzwiebeln auf Friedhöfen. So werden sie vor dem Wegwerfen gerettet. Im Herbst pflanzen Mitglieder des Vereins die Zwiebeln dann wieder ein. Das Ziel: Zeitig im Jahr schlüpfenden Bestäuberinsekten ausreichend Pollen und Nektar bereitzustellen, damit diese ihren Nachwuchs aufziehen können. (kkr)