Schulleiter sprechen von einer „Schulmüdigkeit“. Allein am Aschermittwoch haben in der Gesamtschule Euskirchen 120 von 800 Schülern gefehlt.
„Schulmüdigkeit“Immer mehr Euskirchener Schüler sind unkonzentriert oder fehlen komplett
Schüler, die schneller unkonzentriert sind. Schüler, die im schlimmsten Fall gar nicht mehr in die Schule gehen und damit gegen der Gesetz verstoßen. Teils die Regel, teils die Ausnahme. Aber beides kommt im Kreis Euskirchen vor. „Wir stellen eine gewisse Schulmüdigkeit fest“, sagt Thomas Müller, Leiter der Gesamtschule in Euskirchen. Ob das in direktem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehe, könne er nicht sagen. Dennoch sei es „auffällig“, so Müller.
An der Gesamtschule Eifel mit ihren Standorten in Blankenheim und Nettersheim ist das auch so. „Wir merken eine schnelle Erschöpfung bei Lehrern und Schülern im Schulalltag“, sagt Eva Balduin, Leiter der Gesamtschule Eifel. Allein am Aschermittwoch haben laut Balduin 120 der etwa 800 Schüler gefehlt – wenn auch entschuldigt.
Im vergangenen Schuljahr: Zwölf beantragte zwangsweise Zuführungen im Kreis Euskirchen
Auch das Sozialverhalten habe sich durch Lockdowns, Schulschließungen und Homeschooling verändert. „Ein kleiner Streit kann nicht mehr ausgetragen oder untereinander gelöst werden“, so Balduin. Zudem wollen die Schüler nicht an die frische Luft. „Wir müssen sie regelrecht auf den Schulhof scheuchen“, so die Schulleiterin.
Die Pause auf dem Schulhof zu verbringen ist das eine, erst gar nicht zur Schule zu kommen das andere. Doch auch diese Fälle gibt es. Und das sind gar nicht mal so wenige. Nach Angaben der Landesregierung gab es im vergangenen Schuljahr zwölf beantragte zwangsweise Zuführungen im gesamten Kreis Euskirchen – sieben davon seien durchgeführt worden. Angeordnet wird dieser finale Schritt zur Einhaltung der Schulpflicht von der Bezirksregierung Köln als Schulaufsichtsbehörde. Eine Schule, die davon betroffen war: die Gesamtschule Euskirchen.
„Das hat es auch vor Corona gegeben. Es sind immer absolute Einzelfälle“, sagt Schulleiter Müller im Gespräch mit dieser Zeitung. Es sei jahrgangsstufenunabhängig, dass Schülerinnen oder Schüler dem Unterricht fernblieben. „Wir wissen nicht, ob die Schüler Angst vor der Schule haben oder ob es andere Gründe gibt“, sagt er.
Es sei bei der Zwangszuführung auch schon zu skurrilen Situationen gekommen. So habe das Ordnungsamt als durchführende Behörde schon mal ein Geschwisterpaar im Sekretariat abgegeben. Das jüngere der beiden Kinder sei noch Grundschüler gewesen. Die Schule habe an dem Tag tatsächlich geschlossen gehabt. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes hätten den Ausführungen der Geschwister aber nicht geglaubt und seien zunächst zur Grundschule gefahren. Als diese tatsächlich wegen einer Lehrerfortbildung geschlossen gewesen sei, haben die städtischen Mitarbeiter Müller zufolge einfach beide Kinder an der Gesamtschule abgegeben.
Gründe für Zuführungen immer individuell
„Das Ordnungsamt klingelt grundsätzlich so lange, bis jemand die Tür aufmacht“, erklärt Müller. Schön sei die Situation für alle Beteiligten nicht, stellt er klar. Die zwölf beantragten zwangsweisen Zuführungen haben sich laut Landesregierung im Vergleich zu 2021 verdoppelt. 2018 (22) und 2019 (23) lag die Zahl aber deutlich höher als in den vergangenen beiden Jahren.
Auch an der Gesamtschule Eifel seien Zuführungen von Schülern nötig gewesen, berichtet Schulleiterin Eva Balduin. Die Gründe dafür seien immer individuell. Und ähnlich wie Thomas Müller von der Euskirchener Gesamtschule spricht sie von Einzelfällen. Die zwanghafte Zuführung greift der Schulleiterin zufolge aber erst dann, wenn alle anderen Maßnahmen ins Leere laufen.
Kollege Thomas Müller aus Euskirchen hat ein weiteres Mysterium seit der Pandemie ausgemacht. „Wir mussten unsere Schüler erst wieder an den 45-Minuten-Rhythmus gewöhnen“, sagt Müller. Nach Homeschooling sei die Rückkehr zum gewohnten Unterricht nicht einfach gewesen, weil dann alle 20 Minuten Stoß gelüftet werden musste. Die Unterrichtsstunde sei dadurch zweigeteilt gewesen: 20 Minuten Unterricht, fünf Minuten Lüftungspause, 20 Minuten Unterricht.
Auch Michael Mombaur, Leiter der Euskirchener Marienschule, berichtet von einem Anstieg der Fehlstunden nach der Corona-Pandemie. Viele davon seien unentschuldigt. Zudem sei die Zahl der disziplinarischen und pädagogischen Maßnahmen für das Nichteinhalten von Regeln gestiegen. So gibt es nun in der Marienschulen Zonen, in denen digitale Endgeräte erlaubt sind und in denen nicht.
Dass sich Schüler wieder an Regeln gewöhnen mussten – und auch immer noch müssen –, sagt auch Claudia Arens, Pressesprecherin und Lehrerin an der Weilerswister Gesamtschule. Von einer größeren Anzahl Fehlstunden oder gar zwangsweisen Zuführungen durch das Ordnungsamt, weil der Schulpflicht nicht nachgekommen werde, sei man aber weit entfernt.