Am Samstag findet in der Kreisverwaltung ein Speed-Dating für all jene statt, die in ihren alten Beruf in der Pflege zurückkehren wollen.
Initiative für BerufsrückkehrerKreis Euskirchen lädt zum Speed-Dating für Pflegeberufe
„Bis 2040 brauchen wir 1330 zusätzliche Mitarbeiter in der Pflege – ambulant wie stationär“, sagt Birgit Wonneberger-Wrede, Gesundheitsdezernentin des Kreises. Denn die Menschen würden immer älter und damit einhergehend immer kränker.
Bis 2040 steige die Zahl der Über-80-Jährigen und somit potenziell Pflegebedürftigen um 43 Prozent. Auch im Bereich der 70 bis 79-Jährigen gebe es eine Steigerung von 67 Prozent.
Fachkräftemangel in der Pflege soll durch Wiedereinsteiger gelindert werden
„Wir Babyboomer, wir wissen, bald brauchen wir die Pflege dringend“, sagt die Gesundheitsdezernentin. Doch aktuell stehe es schlecht um die Pflegeberufe. Der Fachkräftemangel bleibt akut. Die Probleme sind vielfältig. Zum einen fehlten Neueinsteiger, zum anderen stiegen viele Pflegekräfte nach einigen Jahren wieder aus dem Beruf aus.
Deswegen ruft der Kreis Euskirchen jetzt ein Speeddating für Pflegeberufe ins Leben. Dieses richtet sich besonders an die Berufsaussteiger, erklärt Wonneberger-Wrede, doch auch Neueinsteiger seien herzlich willkommen. Rund 20 Arbeitgeber aus der Branche beteiligen sich am Samstag, 22. April, an der Aktion im Kreishaus von 10 bis 13 Uhr.
Hintergrund für diese Idee sei eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung gewesen, berichtet Uwe Klein, Abteilungsleiter für Soziales. Ausgestiegene Pflegekräfte bundesweit wurden dazu befragt, unter welchen Bedingungen sie sich vorstellen könnten, in den Pflegeberuf zurückzukehren.
Personalsituation in der Pflege wie ein „Teufelskreis“
Der Name der Studie: „Ich pflege wieder, wenn...“ Das Ergebnis: 60 Prozent der Studienteilnehmer hatten einen Rückkehrwunsch. Aus den Befragungen heraus hat man Potenzial von 300 000 bis 600 000 möglichen Pflege-Rückkehrern errechnet. Uwe Klein: „Bei den Zahlen lohnt sich die Organisation einer solchen Veranstaltung.“
In der Altenpflege blieben Arbeitnehmer im Durchschnitt 13 Jahre. In der Krankenpflege seien es etwas über 18 Jahre, sagt Wonneberger-Wrede. Die Gründe dafür seien häufig eine Unzufriedenheit mit der Personalsituation. „Es ist ein Teufelskreis“, sagt Malte Duisberg vom Evangelischen Altenheim Gemünd.
Es gebe zu wenig Personal. Dadurch bedingt gebe es keine geregelten Arbeitszeiten, was dazu führe, dass mehr Pflegekräfte aus dem Beruf ausstiegen und es somit noch weniger Personal gebe. „Wir brauchen einfach mehr Stellen, damit die Menschen, die in der Pflege arbeiten, entspannter arbeiten können“, sagt Duisberg.
Arbeitgeber kommen Pflegekräften durch neue Arbeitszeitregelungen entgegen
Bei den Gründen für den Ausstieg werde zuerst immer die Belastung genannt, sagt Elisabeth Nosbers von der Caritas – „und entgegen der Gerüchte nicht das Gehalt“, sagt Wonneberger-Wrede. Auch stiegen viele Mitarbeiterinnen eine Weile aus dem Beruf aus, um sich Zeit für die Familienphase zu nehmen, so Duisberg. Einige Mütter fänden nach dieser Phase nicht mehr den Weg zurück in den Beruf. Auch diese Pflegerinnen wolle man mit so einem Event zurück in den Beruf holen.
In der Pflege hätte sich in den vergangenen Jahren bereits einiges geändert. „Das System ist zum Beispiel nicht mehr so starr, wie es einmal war“, sagt Duisberg. Mittlerweile würde eine Vielzahl an Arbeitszeitmodellen angeboten.
Es gebe etwa nicht mehr nur den Früh- und Spätdienst, sondern auch Sonderregelungen. Sei die Arbeitszeit nicht mit den persönlichen Belangen vereinbar, sei es jetzt etwa möglich, morgens später zu kommen oder vormittags früher zu gehen. Es sei auch kein Problem, nur am Wochenende zu arbeiten, weil man unter der Woche keine Zeit finde – oder umgekehrt. Die Bereitschaft der Arbeitgeber, den Pflegekräften entgegenzukommen, sei größer geworden.
Finanzielle Situation in der Pflege habe sich gebessert
Auch die finanzielle Situation habe sich gebessert, sagt Inge Garbes vom Sozialen Informationsbüro Pflege. Seit September vergangenen Jahres bekommen die Pflegeeinrichtungen von den Sozialämtern und Pflegekassen nur dann Geld, wenn sie tarifgebunden seien oder angelehnt an Tarife bezahlten.
In der Altenpflege seien das 3291 Euro brutto, in der Krankenpflege 3578 Euro brutto, informiert Wonneberger-Wrede. Auch der Gehaltsunterschied zwischen diesen beiden Pflegeberufen sei heute nicht mehr so groß, wie er einmal war, sagt Duisberg.
Pflegenotstand gebe es allerdings immer noch, sagt Wonneberger-Wrede. Im Kreis versuche man aber mit Programmen wie diesem alles, um dem von Duisberg erklärten „Teufelskreis“ entgegenzuwirken. Es brauche langfristig aber zusätzlich auch die Unterstützung vom Bund.
Recruitingevent „Wer wird Mamas Chef*in?“
Job-Speeddating ist auch mit Kindern möglich. Das zeigt das Recruitingevent „Wer wird Mamas Chef*in?“. Hier präsentieren sich kleine und mittlere Unternehmen an einem kinderfreundlichen Ort als familienfreundlicher Arbeitgeber.
Am Mittwoch, 24. Mai, findet das Treffen von 9 bis 12.30 Uhr im Indoor-Action-Park Hugodrom in Firmenich statt – und damit bereits zum dritten Mal im Kreis Euskirchen.
Das Format richtet sich an Mütter, die in den Beruf zurückkehren wollen und ein Unternehmen suchen, dass zu ihnen und ihrer familiären Situation passt.
Während sie mit den Unternehmen aus verschiedenen Bereichen ins Gespräch kommen, können die Kinder der Bewerberinnen auf dem Indoorspielplatz spielen. Ziel des Formats ist die konkrete Vermittlung der Bewerberinnen.
Die Teilnahme ist kostenfrei. Aus organisatorischen Gründen ist eine Online-Anmeldung bis zum 21. Mai erforderlich.