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SozialesCaritas-Kümmerer helfen im Kreis Euskirchen bei Wohnungssuche – mit Erfolg

Lesezeit 4 Minuten
Philip Wiskirchen übergibt einen Schlüssel an Heinz Kesten, der im Rollstuhl sitzt. Kümmerin Anuschka Schwinning-Hess steht daneben.

Feierliche Schlüsselübergabe: Philip Wiskirchen (l.) von der G+S Wohnbau GmbH, Heinz Kesten und Anuschka Schwinning-Hess.

Das Team des Caritasverbandes Euskirchen setzt auf den Dialog mit Vermietern und bleibt auch nach der Vermietung ansprechbar.

Ein Jahr lang hat Heinz Kesten nach einer Wohnung gesucht, nachdem er eine Kündigung wegen Eigenbedarf erhalten hatte. Ein Jahr, in dem der im Rollstuhl sitzende Diplom-Informatiker auf allen Kanälen versucht hat, eine neue Bleibe zu finden, die er sich mit Rente und Grundsicherung leisten kann. „Als der Termin der Kündigung immer näher rückte, habe ich einen ganz verzweifelten Brief geschrieben“, sagt er – an die sogenannten „Kümmerer“ des Caritasverbandes Euskirchen.

Das Kümmerer-Projekt ist an die Wohnungslosenhilfe des Verbandes angeschlossen und Teil der NRW-Landesinitiative „Endlich ein Zuhause!“, aus deren Töpfen auch ein Großteil der Förderung kommt. „Den Rest stemmen der Kreis Euskirchen und der Caritasverband“, sagt Geschäftsführerin Maria Surges-Brilon.

Kreis Euskirchen: Kümmerer beseitigen Bedenken der Vermieter

Das Besondere sei die personelle Konstellation: „Sozialpädagoginnen und -arbeiter sowie eine Immobilienfachkraft arbeiten hier zusammen. Ein interdisziplinäres Team, das unterschiedliche Kompetenzen bündelt“, so Surges-Brilon.

Die Klienten sind Menschen, die entweder wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. „Wir bleiben längerfristig im Boot, helfen Anträge zu stellen und sind bei Problemen ansprechbar“, erklärt Sozialpädagoge Ralf Klaes. Man helfe Menschen, „zurück auf die Handlungsebene zu kommen“ und unterstütze etwa bei Kündigungs- und Räumungsklagen, bei Miet- und Energieschulden oder Konflikten mit dem Vermieter.

Die Teammitglieder haben sich zum Gruppenfoto vor einer braunen Mauer aufgestellt.

Das Team der Kümmerer ist Teil der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes und hat Beratungsräume in der Innenstadt: Pia Schön-Krebs (v.l.), Ralf Klaes, Anuschka Schwinning-Hess, Nora Müller-Strahl und Maria Surges-Brilon.

Der Wohnungsmarkt ist angespannt, vor allem bezahlbarer Wohnraum, der den Vorgaben des Jobcenters entspricht, ist Mangelware, und entsprechend dick sind die Bretter, die die Kümmerer bohren müssen. Allen voran Immobilienfachfrau Anuschka Schwinning-Hess. Seit bald drei Jahren ist sie dabei, ein Netzwerk von Vermietern aufzubauen. „Ich begegne vielen Berührungsängsten und Vorurteilen, zuallererst der Sorge, dass die Miete nicht gezahlt wird“, so Schwinning-Hess.

Hier müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden, die sie als echte Herausforderung beschreibt. Offenbar sind die Bemühungen von Erfolg gekrönt: „Ich baue das Netzwerk kontinuierlich aus und habe bereits viele private Vermieter wie auch Wohnungsbaugesellschaften, die auf mich zukommen, wenn sie freie Wohnungen haben.“

275 Wohnungslose haben die Kümmerer schon beraten

Die Vermieter wüssten mittlerweile, dass die Kümmerer verlässlich Nachsorge betreiben: „Wir bleiben in gutem Kontakt – mit Mietern und Vermietern.“ Für alle Beteiligten sei dies ein großer Schritt: „Für die Klienten, die wieder Vertrauen zu sich selber erlangen können, wie für die Vermieter, die sich darauf verlassen können, dass bei Problemen nach Lösungen gesucht wird“, so Surges-Brilon.

Dass das Konzept aufgeht, zeigen auch die Zahlen: 275 von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen aus 188 Haushalten sowie 515 von Wohnungslosigkeit Bedrohte aus 298 Haushalten wurden seit dem Projektstart 2022 beraten. „200 Menschen aus 115 Haushalten konnten wir in Wohnraum vermitteln“, so Ralf Klaes.

Einer davon ist Heinz Kesten. Sehr spät habe er sich an die Kümmerer gewandt, was die Suche „echt sportlich“ gestaltet habe, wie Schwinning-Hess sagt: „Es blieben nur ein paar Wochen Zeit.“ Dann aber meldete sich die Firma G+S Wohnbau GmbH mit einem Angebot: „Zwei Zimmer, Neubau, Erdgeschoss, barrierefrei, mit Terrasse“, fasst der Rentner überglücklich zusammen.

Am Dienstag wurde ihm der Schlüssel übergeben, jetzt gehts ans Packen. „Ich bin sehr zufrieden, wie mir geholfen wurde“, betont der 68-Jährige: „Ich kann wirklich nur jedem empfehlen, sich bei ähnlichen Problemen an die Kümmerer zu wenden.“


Je früher Hilfe gesucht wird, desto größer ist die Erfolgsaussicht

Die Kümmerer gehören zur Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes, kümmern sich aber nicht nur um Menschen, die obdachlos sind, sondern auch um jene, deren Wohnsituation gefährdet ist, beispielsweise durch Kündigung oder Räumungsklagen.

„Wir sehen uns als Ansprechpartner für die Betroffenen, für Vermieter und alle Akteure, die mit dem Thema beschäftigt sind“, heißt es im Flyer des Kümmerer-Projekts.

Je früher man sich meldet, desto besser, betonen die Kümmerer, die Rat- und Hilfesuchende unbürokratisch, wertschätzend und kostenfrei unterstützen. Die Beratungsstelle des Kümmerer-Projekts findet man auf der Wilhelmstraße 46 in Euskirchen. Offene Sprechstunden finden dienstags von 9 bis 11 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 17 Uhr statt. Termine können vereinbart werden unter Tel. 0 22 51/81 32 70.