Prof. Dr. Frank Günter Zehnder, Ideengeber, Gründer und Leiter der Internationalen Kunstakademie in Heimbach, wird am Sonntag verabschiedet.
Nach 15 JahrenDer Leiter der Heimbacher Kunstakademie Frank Günter Zehner nimmt Abschied
Nur noch wenige Tage bis zum Abschied. „Es geht dem Ende zu“, sagt Prof. Dr. Frank Günter Zehnder und lächelt. Er habe schon seit längerem die Absicht gehabt, die Leitung der Internationalen Kunstakademie in Heimbach abzugeben. Doch es sei dann anders gekommen.
In Zeiten der Corona-Lockdowns habe er die Einrichtung nicht ohne Leitung lassen wollen. Darum habe er immer wieder verlängert. Vergangenes Jahr habe er dann aber endgültig beschlossen aufzuhören.
„Am 14. April ist endgültig Schluss“, sagt der 86-Jährige. Fast zumindest. Denn er habe zugesagt, noch sechs Wochen lang für die Einarbeitung der neuen Leitung bereitzustehen. „Wir haben ja überall Projekte. Wir haben die Graphiksammlung Fiedler übernommen, die Bibliothek, die Kunstroute im Wald, jede Menge also“, zählt Zehnder auf. Das sei zu viel, um es jemandem in zwei Tagen vermitteln zu können. Aber dann, so sagt er, sei endgültig Schluss.
Die Feststellung, dass der promovierte Kunsthistoriker und ehemalige Museumsleiter die Akademie mit seiner unbestrittenen Expertise und seiner interessierten und offenen Art in den 15 Jahren, in denen er sie geleitet hat, maßgeblich geprägt hat, klingt fast schon ein wenig banal. Immer wieder gelang es ihm, namhafte Künstler als Dozenten zu gewinnen, Sponsoren zu begeistern und ambitionierte Amateure nach Heimbach zu ziehen.
Künstler wie Otmar Alt, Walter Dohmen und Herb Schiffer schrieben die Geschichte der Akademie mit
Dass der Erfolg der Akademie auch mit seiner Person zu tun hat, ist ihm durchaus bewusst. „Ich habe eine besondere Art, Künstler zu würdigen“, sagt er. Unter den Kursteilnehmern seien viele künstlerisch hochbegabt. Da sei es wichtig, diese genauso ernst zu nehmen wie die Profis. „Künstlerische Äußerungen sind Botschaften, für die man Kraft aufbringen muss. Das muss man den Menschen vermitteln“, betont er.
Forschung und Vermittlung seien ihm immer wichtig gewesen. Sie blieben auch für die Kunstakademie Heimbach wichtig. Oft sei er, als er das Rheinische Landesmuseum in Bonn geleitet habe, sonntags in Ausstellung gegangen und habe beobachtet, wie lange die Menschen vor den Bildern stehen.
Zehnder: zahlreiche Vorträge übers „Sehen lernen“
Bei manchen Vernissagen habe er sich gewundert, was für ein Blödsinn dort erzählt worden sei. Dabei müsse man doch nur einfach hinsehen. „Darum“, so sagt Zehnder, „habe ich immer wieder Vorträge über das Thema ,Sehen lernen‘ gehalten.“
Die Liebe zur Kunst habe ihn schon als Jugendlichen ergriffen, blickt der scheidende Akademie-Leiter zurück. Sein Onkel, der Priester, Kirchenhistoriker und Archivar beim Erzbistum Köln war, habe an den Wochenenden oft die Ateliers Kölner Künstler besucht und dort auch immer etwas erworben.
„Da er wusste, dass ich mich für Kunst interessiere, hat er mich immer wieder mitgenommen“, berichtet Zehnder. Er habe auch zunächst versucht, etwas zu malen, habe aber schnell gemerkt, dass das nicht seine Begabung sei, gesteht der 86-Jährige.
„Ich wollte dann in die Forschung und Vermittlung und habe Kunstgeschichte, Archäologie und Geschichte in Bonn, Freiburg und München studiert“, berichtet er. Von 1972 bis 1996 leitete er die Abteilung für mittelalterliche Malerei am Wallraf-Richartz-Museum in Köln, bevor er die Leitung des Rheinischen Landesmuseums in Bonn übernahm, die er bis zu seiner Pensionierung 2004 innehatte.
Dass Zehnder danach eine zweite Karriere als Akademiedirektor starten würde, war vielleicht nicht geplant, eine logische Entwicklung war es dennoch. Im Rheinischen Landesmuseum habe er nach dem Umbau eine Ausstellungsreihe initiiert: „Kreise zu Besuch“.
Der Kreis Düren nahm Zehnders Idee für eine Internationale Kunstakademie als erster auf
Als erster habe der Kreis Düren dieses Angebot angenommen. Dessen Landrat Wolfgang Spelthahn habe er kennen- und als Macher schätzen gelernt, so Zehnder. Mit den Künstlern Otmar Alt, Walter Dohmen und Herb Schiffer habe sich dann ein Kreis gebildet, der sich Gedanken darüber gemacht habe, wie Kunst anderen Leuten besser zu vermitteln sei.
„Daraus ist die Idee entstanden, eine Kunstakademie für ambitionierte Laien einzurichten, die dort von absoluten Profis unterrichtet werden“, erinnert sich Zehnder. Mit dem damaligen Heimbacher Bürgermeister Bert Züll sei die Idee entstanden, die leerstehende Burg Hengebach als Standort zu nutzen.
Allerdings war ein massiver Umbau nötig. „Mir war ganz wichtig, dass die Akademie barrierefrei ist, alle Wände verputzt und weiß sind, es eine ordentliche Beleuchtung gibt, eine Druckwerkstatt, eine Dunkelkammer und ein Labor“, zählt Zehnder auf.
Landrat Wolfgang Spelthahn und Heimbachs Bürgermeister Bert Züll engagierten sich für die Akademie
Das alles ist selbstredend nicht leicht zu realisieren, wenn das Ausgangsobjekt eine Raubritterburg aus dem 14. Jahrhundert ist. Auch das heutige Verwaltungsgebäude war marode und musste von Grund auf renoviert werden. Zwei Jahre habe es gedauert, bis die Akademie im Sommer 2009 ihre Tore öffnete, so Zehnder. „Wir sind jetzt im 16. Kursjahr und haben aktuell die 91. Werkausstellung mit Arbeiten, die in den Kursen entstanden sind“, sagt er.
Viele Kurse fanden in den 15 Jahren statt, zahlreiche Künstler waren als Dozenten in Heimbach aktiv. Nicht alles lief optimal: Eine ganze Reihe von Gastronomen hat ihr Glück mit unterschiedlichen Konzepten versucht. Sie alle mussten feststellen, dass auf der alten Raubritterburg ein anderer Wind weht als unten im Ort.
Doch die Kunst hat sich mehr und mehr über die Burg ausgebreitet. Das Torhaus ist inzwischen in einen Ausstellungsraum verwandelt worden, in dem Werke von Otmar Alt und Arno Schlader zu sehen sind. Im ersten Stock sind wechselnde Ausstellungen aus der Graphiksammlung Fiedler zu sehen, die der Kunstakademie geschenkt wurde.
James Rizzi, Janosch oder Charles Fazzino stellten in der Akademie in Heimbach aus
Immer noch wächst die Kunstbibliothek, aus der auch Bücher ausgeliehen werden können. Eine ganze Reihe von Ausstellungen von Künstlern wie James Rizzi, Janosch oder Charles Fazzino waren in der Kunstakademie zu sehen. Auch Konzerte und Lesungen fanden hier statt.
Wichtig seien ihm auch die Arbeiten mit Kindern und Schülern aus den Förderschulen der Region gewesen, so Zehnder: „Ich habe beobachtet, wie Menschen mit Behinderungen sich über Erfolge freuten, wenn sie auf großen Flächen mit Farbe arbeiteten, und habe mich gefragt: Wie oft haben sie Erfolgserlebnisse?“
Kunstlabor ist ein Erfolgskonzept
Ein Erfolgskonzept sei auch das Kunstlabor, in dem die Kinder mit fünf Dozenten sich selbst etwas ausdenken könnten. „Bei der Abschlussfeier waren die Tische voller Arbeiten, und die Eltern haben gestaunt“, freut sich Zehnder. Dabei werde den Kindern nicht gesagt, wie man einen Baum zu malen habe. Die Kinder würden vielmehr sagen, wie sie es sähen, und die Dozenten gäben lediglich Tipps für die Umsetzung.
Auch die Kunstroute im Heimbacher Wald, bei der vor Ort Baumstämme in Skulpturen verwandelt werden, zählt Zehnder zu den ungewöhnlichen Konzepten der Kunstakademie.
Die Galerie „Spectrum“ in Euskirchen- Euenheim soll zum Ende des Jahres schließen
Viele Samstage, viele Sonntage habe er in den letzten Jahren in der Kunstakademie zugebracht, blickt der 86-Jährige zurück. Damit solle nun Schluss sein. Seine Arbeit an der Thomas-Morus- und der Karl-Rahner-Akademie habe er ebenfalls eingestellt.
„Ich muss es nicht mehr machen, es gibt auch gute Leute, die das besser machen“, sagt er bescheiden. Nun wolle er die Zeit seiner Familie, besonders den Enkeln, widmen und öfter mal das Haus im Schwarzwald, der Heimat seines Vaters, nutzen. Auch seine Frau Karin wolle die Galerie Spectrum, die sie in Euenheim führt, zum Ende des Jahres schließen.
Dass er sich dennoch Gedanken über die Zukunft der Akademie macht, verwundert nach der langen Zeit seines Wirkens nicht. Es wäre keine gute Idee, sagt Zehnder, einen Künstler zum Leiter zu ernennen, weil der dann seine Konkurrenten propagieren und engagieren müsste. „Deshalb habe ich dazu geraten, dass die Nachfolge einem Kunsthistoriker übertragen wird“, betont er.
Doch wer es wird, wisse er noch nicht. Er habe eine Stellenanzeige aufgegeben, doch die Bewerbungen an den Kreis Düren weitergeleitet. Der müsse nun über die Zukunft bestimmen.
Zehnders Nachfolge in Heimbach soll am Sonntag verkündet werden
Wer demnächst in dem Verwaltungsgebäude an der Hengebachstraße die Geschicke der Kunstakademie in der Hand haben wird, wird noch nicht öffentlich gemacht. Das solle sich aber am Sonntag, 14. April, ändern, wenn Frank Günter Zehnder offiziell bei einem Festakt verabschiedet wird, teilt der Kreis Düren mit.