Das Leid der Menschen in Polen erinnert die Helfer an die Hochwasserkatastrophe im Kreis Euskirchen im Juli 2021.
Flut in PolenHelfer aus dem Kreis Euskirchen berichten von herzzerreißenden Szenen
Eine Straßenlaterne steht fast vollständig im dreckigen, schlammgrauen Wasser. Nur das Leuchtmittel samt Fassung schaut noch heraus. Für die Menschen im polnischen Klodzko sei die Laterne zu einem Symbol der Stärke und der Hoffnung geworden, sagt Malgorzata Chrostowska. „Die Lampe hat bis zuletzt gekämpft, um weiter zu leuchten – auch, um Mut zu machen“, berichtet die Flamersheimerin. Die gebürtige Polin hatte vor wenigen Wochen mit ihrem Mann Emil Hilfsgüter für die Hochwasserregion gesammelt und diese nun nach Polen gefahren.
Was die Flamersheimer zurück in ihre neue Heimat gebracht haben? Eindrücke, die sie nach eigenen Angaben noch einige Zeit begleiten werden. „Die Zerstörungen sind enorm und die Menschen sind verzweifelt“, so Malgorzata Chrostowska: „Wir haben nach der Flut hier ebenfalls viel Leid und Zerstörung gesehen. Wir waren selbst betroffen. Aber das in Polen ist ein Alptraum.“
Zwar seien die Hilfslager gut gefüllt, aber was die finanzielle Unterstützung seitens des Staates angehe, sehe es schlecht aus. „Viele Menschen haben noch keine Hilfe erhalten, da dies mit langen bürokratischen Verfahren verbunden ist – was ich für eine Tragödie halte. Hier in Deutschland ging das viel, viel schneller. Leider habe ich damit gerechnet, dass es so kommen wird“, berichtet die 32-Jährige.
Es sei offensichtlich, wie die Katastrophe in ihrem Heimatland die Gesellschaft gespalten habe. Entsprechend groß seien die Gegensätze bei den bisher erhaltenen Hilfsgütern. Immer wieder seien sie mit Tränen und Verzweiflung, gar Hoffnungslosigkeit konfrontiert worden. „Ich habe mich oft in Ecken versteckt und geweint, denn schließlich war ich dort, um diese Menschen zu unterstützen, und nicht, um von ihnen getröstet zu werden“, sagt Malgorzata Chrostowska.
Flut in Polen: Diskussion über mögliche Schuld ärgert Helferin
„Die Menge an Häusern, die abgerissen werden müssen, ist unvorstellbar. Ich war Zeugin des Abrisses eines Hauses, als ich am Straßenrand eine Mutter mit ihren Kindern sah, die sich an den Händen hielten und zusahen, wie ihr Haus dem Erdboden gleichgemacht wurde. Es war ein Alptraum“, so die Flamersheimerin weiter.
Viele Menschen, deren Häuser abgerissen werden mussten, wüssten nun nicht, wohin. Zwar könne der eine oder andere bei Freunden unterkommen, aber auf lange Sicht mangele es gefühlt an allem. „Ich könnte so viel berichten. Es ist aber vor allem eins: der blanke Horror“, so die 32-Jährige: „Ich weiß nicht, wann Polen sich von dieser Katastrophe erholen wird.“
Sie habe mitbekommen, dass eine politische Diskussion darüber entbrannt sei, wer Schuld an der Flutkatastrophe habe. Für solche Diskussionen sei doch keine Zeit, sagt die Flamersheimerin: „Es ist passiert und niemand kann es rückgängig machen. Jetzt muss man die Ärmel hochkrempeln und arbeiten.“
Aktuell habe sie nicht geplant, eine weitere Lieferung von Hilfsgütern nach Polen zu fahren. Ausgeschlossen sei es aber auch nicht. „Wir sind immer noch sehr bewegt von der Situation. Vielleicht sammeln wir erneut Kräfte, um weiterzuhelfen.“ Derzeit brauchen die Menschen der Flamersheimerin zufolge vor allem Trocknungsgeräte, Maschinen zum Abschlagen von Putz und Baumaterialien.
Fortuna hilft schickt aus Gemünd drei Hilfstransporte in Flutregion
Das berichtet auch Rebecca Müller, die aus Gemünd mithilfe ihres Vereins „Fortuna hilft“ drei Hilfstransporte nach Polen organisiert hat. „Die Zerstörung ist schon enorm. Der Wiederaufbau wird viel Zeit in Anspruch nehmen“, berichtet sie: „Und wie das nach einem solchen Katastrophenfall häufig der Fall ist, war man an einigen Orten mit der Gesamtsituation auch noch überfordert.“
Im Gepäck hatten die Vereinsmitarbeiter auch viele Hilfsgüter für Tiere. Entsprechend habe man bewusst Tierheime angesteuert, von denen man wusste, dass sie Hilfe benötigten. Einige Tierheime seien evakuiert und die Tiere auf andere Einrichtung verteilt worden. „Ein riesiges Thema bei den betroffenen Tierheimen ist die Lagerung des Futters – vor allem mit Blick auf den Winter“, berichtet Müller.
Man stehe diesbezüglich in Kontakt mit einem Netzwerk vor Ort und mit anderen Hilfsorganisationen. Erste Ideen seien bereits vor Ort geäußert worden. Aber, so die Eifelerin: „Das sind alles Dinge, die gestemmt, organisiert und finanziert werden müssen.“ Zudem fehle es derzeit vor Ort beispielsweise an wärmenden Hütten für die Tiere in den Wintermonaten. „Wir sind im Austausch und schauen, was wir tun können. Wie und wo wir mit unseren Erfahrungen aus der Eifel und der Flut weiterhelfen können“, sagt Müller.
Man habe sich an einigen Orten ein Bild von der Lage gemacht. Das einhellige Motto danach lautet: Wir machen weiter. Müller: „Wir haben in Gemünd schon wieder neue Spenden gesammelt und werden zeitnah einen weiteren Transport auf die Reise schicken. Bei Bedarf auch in Kooperation mit anderen Hilfsorganisationen.“
Aktuell habe man den Spendenaufruf aber zunächst auf Eis gelegt, um später gezielt aufrufen zu können. „Wir möchten uns erstmal absprechen, was konkret bevor Ort gebraucht wird und womit wir den Menschen in den Flutgebieten am besten helfen können“, sagt Rebecca Müller.
Fortuna hilft ruft nach Hilfe
Das Hilfslager am Malzirkus in Gemünd für die Hochwasseropfer in Polen ist nach Angaben von Rebecca Müller vom Verein „Fortuna hilft“ wieder gut gefüllt. Weitere Hilfsgüter werden aus organisatorischen Gründen derzeit nicht angekommen. Aber, so Müller, bestehe auch auf anderen Wegen die Möglichkeit der Unterstützung für die Flutopfer in Polen.
„Wir haben die Möglichkeit eingerichtet, dass Geld gespendet werden kann. Das Geld kommt auf jeden Fall und zu 100 Prozent den Menschen vor Ort zugute“, so Müller: „Wir haben zudem auch die Möglichkeit, Spenden- und Sachspendenquittungen auszustellen.“ Die Finanzierung der Hilfstransporte sei ein großes Thema – beispielsweise, weil Benzinkosten oder Fahrzeugmieten anfielen.