Anders als in Köln oder anderen Kreisen in der Region ist die Situation im Kreis Euskirchen vergleichsweise entspannt.
Kita-PlätzeKreis Euskirchen muss Eltern wohl keine Entschädigung zahlen
Der Kreis Euskirchen wird wohl auch weiterhin keine Entschädigungen an Eltern zahlen müssen, weil er deren Rechtsanspruch auf eine Betreuung nicht hätte erfüllen können. Das ergibt sich aus dem Bericht zum Kita-Jahr 2024/2025.
Insgesamt rund 8250 Kinder im U3-und im Ü3-Bereich werden demnach ab Sommer in den 163 Kindertagesstätten und 89 Tagespflegestätten im Kreis betreut. 2175 von ihnen sind dann neu dabei.
Haben alle Eltern den gewünschten Platz erhalten? Nicht jeder Wunsch auf eine bestimmte Kindertagesstätte konnte erfüllt werden. „1244 Eltern haben in der gewünschten Kita kein Platzangebot erhalten“, teilt die Kreisverwaltung mit. Diese Eltern wurden vom Kreis angeschrieben mit der Nachfrage, ob ein dringender Betreuungsbedarf bestehe.
119 Eltern haben laut Kreis bis Dienstag diesen Bedarf bekundet und den meisten habe bereits ein entsprechendes Angebot vermittelt werden können. „Ich gehe davon aus, dass dies für alle Eltern gelingt, die sich gemeldet haben“, sagt Martina Hilger-Mommer, Teamleiterin für Frühe Hilfen, Kindertagesbetreuung, Jugendarbeit, Schulsozialarbeit und Prävention beim Kreis Euskirchen. Insgesamt wurde für 3419 Kinder ein Betreuungswunsch geäußert.
Muss der Kreis also keine Entschädigungen zahlen? Aktuell geht die Verwaltung davon aus, dass Zahlungen an die Eltern nicht nötig sein werden. Um zu erkennen, dass das nicht selbstverständlich ist, reicht ein Blick nach Köln oder in andere Kreise in der Region.
Eltern haben laut Bundesgesetz ab dem ersten Lebensjahr des Kindes einen Rechtsanspruch auf eine frühkindliche Betreuung. Den können Eltern gegenüber dem Träger der Jugendhilfe geltend machen, also beim Kreis.
Sollte ein öffentlicher Träger keinen Platz in zumutbarer Entfernung (20 Minuten Fahrzeit) anbieten können, könnte unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung fällig werden. „Der Kreis Euskirchen hat bisher noch keine Entschädigung zahlen müssen“, sagt Hilger-Mommer. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Elternteil erklärt, wegen fehlender Betreuung nicht arbeiten zu können, und dem Kreis den entgangenen Lohn in Rechnung stellt. Das können auch schon mal 5000 Euro im Monat oder mehr werden.
8238 Kitaplätze werden im Kreis Euskirchen ab Sommer benötigt
Wie viele Kita-Plätze werden ab Sommer im Kreis benötigt? 8238,52. Die Zahlen hinter dem Komma muten komisch an, sie berücksichtigt aber, dass einige Kinder erst im Laufe des Kita-Jahres dazustoßen werden. 1822,70 Plätze werden für Kinder unter 3 Jahren benötigt, 6415,82 für über 3-Jährige.
Was bedeutet das für die Städte und Gemeinden? Zuweilen erhebliche Kraftanstrengungen. „In fast allen Städten und Gemeinden sind zusätzliche Plätze in Kitas eingeplant“, bilanziert Hilger-Mommer. Insgesamt werden kreisweit 304 Plätze (plus 3,8 Prozent) mehr benötigt als im derzeitigen Kita-Jahr. Die Kreisstadt Euskirchen muss ihren Bestand um 9,4 Prozent aufstocken: um 230 Plätze auf 2669.
In Dahlem ist ein Zuwachs um 7,6 Prozent nötig, was für die kleine Gemeinde immerhin 14 zusätzliche Plätze bedeutet, um auf die benötigten 198 zu kommen. Bad Münstereifel braucht 39 (plus 6,3 Prozent) und Zülpich 35 weitere Plätze (plus 4,2). Die Steigerungsquoten der übrigen Städte und Gemeinden halten sich im niedrigerem Prozentbereich. Nur Weilerswist, Kall und Mechernich brauchen nicht mehr Plätze als 2023/24.
Wo entstehen neue Gruppen oder Einrichtungen? Angesichts ihrer Steigerungsraten verwundert es wenig, dass die Stadt Euskirchen hier die Spitzenposition einnimmt: Neue Kitas entstehen am Jülicher Ring (6 Gruppen), in Wüschheim (3), hinzu kommt eine Waldkita (1). Im Stadtgebiet Bad Münstereifel kommen zwei Gruppen in Houverath (Container) und eine in der Waldgruppe ebenfalls in Houverath dazu.
Blankenheim richtet eine weitere Gruppe ein. Zusätzlich soll eine fünfgruppige Kita (Familienzentrum) an den Start gehen. Insgesamt entstehen kreisweit vier neue Gruppen und drei neue Einrichtungen mit insgesamt zehn Gruppen.
Unterdessen sind einige Pläne bereits realisiert worden: Die Stepke-Kita in der Straße „In den Herrenbenden“ in Euskirchen startete am 1. August 2023 und geht mit sechs Gruppen ins Kita-Jahr 2024/2025. Die Kita Weiße Erde in Euskirchen ist seit kurzem in Betrieb, ab Sommer gibt es hier sechs Gruppen.
In der Stadt Euskirchen werden 230 weitere Plätze belegt werden
Die Waldkita Kirchheim und die Kita Wüschheim sollen zum 1. August beziehungsweise 1. September 2024 an den Start gehen. Die geplante zusätzliche Waldgruppe der Kita „Magische 12“ in Bad Münstereifel allerdings wurde auch im vergangenen Jahr nicht realisiert.
„Trotz intensiver Bemühungen konnte kein geeignetes Waldstück, das auch die formalen Bedingungen erfüllt, im näheren Umfeld des Kernortes gefunden werden“, heißt es in der Vorlage für den Jugendhilfeausschuss, der sich an diesem Donnerstag mit den Zahlen befasst. „Wir haben in den letzten Jahren einen unglaublichen Ausbau erlebt“, so Hilger-Mommer. Denn zum Rechtsanspruch sei ja auch die Zahl der Kinder im Kreis gestiegen: „Es gab ja einen Bauboom.“
Eine ausreichende Zahl an Kita-Plätzen sei ein klarer Standortvorteil, das hätten die Kommunen frühzeitig erkannt. Die Stadt Euskirchen etwa hat sich 2019 Quoten gesetzt: für 50 Prozent aller Ein- und Zweijährigen soll ein Platz zur Verfügung stehen, bei den Zwei- und Dreijährigen für 80 Prozent und bei den 3- bis 6-Jährigen 105 Prozent (mit Reserve) – und auf diesen Weg hat sich die Kreisstadt dann auch gemacht.
Die meisten Kinder sollen 35 Stunden in der Woche betreut werden
Wie viele Stunden pro Woche werden die Kinder betreut? 5,6 Prozent der Kinder sollen nach dem Willen der Eltern im kommenden Jahr 25 Stunden in der Woche betreut werden, 65 Prozent 35 Stunden und 29,5 Prozent 45 Stunden.
„Man bekommt im Kreis Euskirchen nur eine 45-Stunden-Betreuung, wenn man nachweisen kann, dass man berufstätig ist, oder aus privaten Gründen, beispielsweise wenn man jemanden pflegen muss oder sonstige Belastungen vorliegen“, erläutert Hilger-Mommer. Dass ein Kind neun Stunden am Tag außerhalb der Familie betreut werden soll, bedarf also einer guten Begründung.
Bei dieser Erhebung sei aber auch deutlich geworden, wie viele Menschen viele Stunden am Tage arbeiten, teils in mehreren Anstellungen, aber trotzdem so wenig verdienen, dass sie keine Kita-Gebühren bezahlen müssen, also weniger als 45.000 Euro brutto (Beitragsbefreiungsgrenze) im Jahr.
Welche Rolle spielt die Kindertagespflege? Für manche Eltern eine große. Sie kommt auch als Alternative infrage, wenn es mit der Wunschkita für den Nachwuchs nicht geklappt hat.
Die Zahl der Kinder im Kita-Alter im Kreis hat leicht abgenommen
Können alle Vorschulkinder in die Tagespflege? Nein. Das Angebot steht ausschließlich für 1- bis 3-Jährige zur Verfügung. So kommen zu den 1823 U3-Kita-Plätzen im kommenden Kita-Jahr noch 391 (Vorjahr 387) Tagespflegeplätze. Das liegt weit unter dem Spitzenwert von 431 Plätzen im Jahr 2021. So werden also insgesamt 2214 Kinder betreut, das sind 66,5 Prozent der Kinder im Kreis im entsprechenden Alter. Im laufenden Kita-Jahr liegt die Quote bei 58,5 Prozent. Im neuen Kindergartenjahr werden im Kreis Euskirchen voraussichtlich 89 Tagespflegepersonen tätig sein“, heißt es in der Vorlage.
Wie viele Kinder im Kita-Alter gibt es im Kreis Euskirchen? Zum 1. November 2023 gab es im Kreis 9288 Kinder, die älter als 1 Jahr und jünger als 7 Jahre waren. 5959 im Ü3-Alter, 3329 im U3-Alter. Insgesamt sank die Zahl der Kinder im Kita-Alter um 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 9487. „Noch im vergangenen Jahr gab es einen Zuwachs von 3,2 Prozent“, heißt es in der Vorlage.
Ein deutlicher Rückgang um 7,3 Prozent sei in der Gruppe der unter 3-Jährigen festzustellen. „Dieser Trend ist bundesweit zu beobachten“, so die Verwaltung. Im Kreis Euskirchen könne die Ursache in der Altersstruktur der in den Jahren des „Baubooms“ zugezogenen Familien begründet sein. „Aus den Kitakindern werden Schulkinder“, weist der Kreis darauf hin, dass es auch künftig an Herausforderungen nicht fehlen wird.
Knapp 99 Millionen Euro kostet die frühkindliche Bildung im Kreis
Wie viel Geld wird für die frühkindliche Bildung ausgegeben? Knapp 99 Millionen Euro, die fast zu gleichen Teilen von Land und Kreis getragen werden. Die 46 Millionen Euro Kreisanteil werden nur zu einem geringen Teil durch Elternbeiträge abgedeckt, sodass die elf Kommunen über die Jugendamtsumlage den Großteil dieses Geldes beisteuern müssen.
Geld, das aus Sicht von Martina Hilger-Mommern gut angelegt ist: „Bildungspolitisch ist es dringend geboten, dass alle Kinder frühkindliche Bildung erhalten. Wir sehen doch, wie krass die Bildungsungerechtigkeit für Kinder aus einkommensschwachen Familien ist. Das können wir uns auch als Gesellschaft gar nicht mehr erlauben.“
Gibt es ausreichend Personal für die Kinderbetreuung? Zurzeit ja. Es wird aber schwieriger, ist aus Betreiberkreisen zu hören. Hilger-Mommer lobt die Träger für ihre rege Ausbildungsarbeit: „Es sollte allgemein noch viel mehr betont werden, wie toll der Beruf der Erzieherin oder des Erziehers ist. Man kann Kindern auf dem Weg in ein gutes Leben helfen.“