700 Siebtklässler durchlaufen den spannenden Parcours bei „komm auf Tour“. Am Ende sind sie sich ihrer eigenen Stärken bewusst.
„komm auf Tour“So entdecken junge Menschen im Kreis Euskirchen ihre Stärken
Klar, dass Leon und Marco (Namen geändert) einen Aufkleber für „Meine Ordnung“ und „Meine Fantasie“ erhalten. Schließlich haben sie in der völlig chaotischen Küche erstmal für Ordnung gesorgt und die Schilder mit den Bildern von Nudeln oder Gemüse so aufgestellt, dass die zwei, wären es echte Lebensmittel, sogleich ihre Kreativität am Herd ausleben könnten. Und schmecken dürfte es am Ende auch.
Ohnehin hätten die jungen Menschen alle Lobeshymnen dieser Welt verdient. Dass 12-Jährige beim Anblick einer sturmfreien Bude zuallererst das Aufräumen in den Sinn kommt, dürfte wohl manch älterem bei der Erinnerung an die eigene Jugend die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Das gilt auch für die Schüler, die nebenan das Bett beziehen. Dass sie sich dabei kurzzeitig mit einer Kissenschlacht ablenken, sollte ihnen nicht zum Nachteil gereichen. Erstens: Arbeit darf auch Spaß machen. Zweitens: Hier geht es um die Stärken der etwa 12-Jährigen – und nur um die Stärken!
Zum 15. Mal findet in diesen Tagen der interaktive Erlebnisparcours „komm auf Tour – meine Stärken, meine Zukunft“ im Kreis Euskirchen statt. Etwa 700 Schülerinnen und Schüler aus den Gesamt- und Hauptschulen werden noch bis Mittwoch nacheinander in der Alten Tuchfabrik zwischen Euskirchen und Euenheim von sogenannten Reisebegleitern durch die vier Stationen Zeittunnel, sturmfreie Bude, Bühne und Labyrinth geführt.
Hier vergeben die Reisebegleiter dann die Stärkepunkte. Für handwerkliche Begabung etwa gibt es den Aufkleber „Meine Hände“, wer's mit Tieren und Pflanzen gut kann, erhält den „tierisch grünen Daumen“, Kreative werden mit „Meine Fantasie“, Sprachgewaltige mit „Mein Reden“, Mathe-Künstler mit „Meine Zahlen“ ausgezeichnet. Organisationstalente erhalten den Aufkleber „Meine Ordnung“ und Helferinnen und Helfer den für „Meine Dienste“.
Da können nach den zwei Stunden einige Aufkleber an den Schultern zusammenkommen, und die Schülerinnen und Schüler sowie deren Erziehungsberechtigten erhalten einen ersten Eindruck, wo es in der Zukunft beruflich langgehen könnte. „Sie erfahren auch, welche Tätigkeiten und Berufsfelder zu ihren Stärken passen“, erläutert Svenja Kormann vom Projektträger Sinus das Vorgehen.
Man sieht es den Kindern an, dass es den meisten Spaß macht. Das könnte auch daran liegen, dass es ausschließlich um die Stärken gehe, sagt Bettina Ismar vom Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum der Euskirchener Kreisverwaltung.
Das stärke das Selbstbewusstsein, während im (Schul-)Alltag ja die Defizite – etwa fehlende Hausaufgaben, schlechte Testergebnisse, Zimmer nicht aufgeräumt – eine große Rolle spielten. Denn am Ende des zweistündigen Parcours haben die Schülerinnen und Schüler eine Reihe von Aufklebern, die in eine eigene Stärkekarte münden.
Agentur für Arbeit bietet jungen Menschen bei Berufswahl Hilfe an
Lukas etwa habe sich entschieden, dass er in seinem nächsten Praktikum nicht seine ihm schon bekannte Stärke „Meine Ordnung“, sondern seinen neu entdeckten „tierisch-grünen Daumen“ ausprobieren möchte, nennt der Projektträger Sinus in einer Beschreibung ein Beispiel dafür, wohin „komm auf Tour“ führen kann.
Denn für die heutigen Siebtklässler gehen im kommenden Schuljahr die Berufsberatungen und Schulpraktika los. Die Stärkekarte gibt ihnen da schon mal Anhaltspunkte, ob sie eher ein Praktikum im Handwerk, in einer Pflegeeinrichtung oder in einem Gärtnereibetrieb anpeilen sollten.
Das hilft dann auch Anja Daub und ihren Kolleginnen und Kollegen bei der Agentur für Arbeit in Brühl (auch für den Kreis Euskirchen zuständig), wenn sie in die Schulen gehen, um den jungen Menschen bei der Orientierung und Vorbereitung auf das Berufsleben mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Schließlich, so Daub, habe sich das Land Nordrhein-Westfalen die Losung „Kein Abschluss ohne Anschluss“ auf die Fahnen geschrieben.
Wohin es die drei Schülerinnen, die gerade mit Tauchflossen an den Füßen einen Tennisball auf einem kleinen Tisch durch ein Labyrinth balancieren, beruflich einmal führen wird, weiß noch niemand. Doch wie sie gemeinsam die Aufgabe meistern, zeugt von einer ausgeprägten Teamfähigkeit – und prompt erhalten sie einen „Meine Dienste“-Aufkleber vom Reisebegleiter. Ach ja, kreativ sind sie definitiv auch.
Doch werden sie später auch den möglichen Arbeitgeber von ihren Stärken überzeugen können? Dann könnten die Tipps von Rolf Bank mal hilfreich sein. Er ist im dm-Verteilzentrum in Weilerswist für die Ausbildung zuständig und berichtet den Schülerinnen und Schülern, wie eine gute Bewerbung aussieht, was keinesfalls fehlen darf – und dass allzu viele Fehlstunden in der Schule sich nicht so gut machen.
Aber heute geht es vorrangig um die Stärken, die hier und dort noch entdeckt werden wollen. Denn so heißt es in der Projektbeschreibung von Sinus: „Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken und eigene Lebensträume.“
Cybermobbing – wie Eltern ihre Kinder vor der Gefahr schützen können
Um das Thema Cybermobbing geht es bei dem Informationsabend für Erziehungsberechtigte der „komm auf Tour“-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer am Mittwoch, 29. November, von 18 bis 19.30 Uhr in der Veranstaltungshalle Wohnraum der Alten Tuchfabrik, Josef-Ruhr-Straße 30 in Euskirchen. Zudem sind die Kommunale Koordinierung „Übergang Schule-Beruf“ und die Agentur für Arbeit mit Infoständen vertreten.
„komm auf Tour“ ist ein Angebot des Kreises Euskirchen, der Agentur für Arbeit und verschiedener lokaler Kooperationspartnerinnen und -partner mit Unterstützung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.