Nicht überall im Kreis Euskirchen ist der Schulweg sicher. Als ein negativer Hotspot hat sich die Franziskusschule herausgestellt.
Zu viele Elterntaxis, fehlende AmpelnDiese Schulwege im Kreis Euskirchen bereiten Sorgen
Fehlende Fußgängerampeln, fehlende Straßenbeleuchtung, fehlende Zebrastreifen. Von zu vielen Elterntaxis mal ganz abgesehen. Die Gründe, warum Schüler und Eltern das subjektive Sicherheitsgefühl des Schulwegs als schlecht empfinden, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Manchmal ist es auch eine Kombination aus mehreren Faktoren. Zahlreiche Leser sind dem Aufruf dieser Zeitung zusammen mit dem Recherchenetzwerk Correctiv gefolgt und haben ihre subjektiven Gefahrenpunkte auf dem Schulweg gemeldet.
Dabei haben sich drei Hotspots herauskristallisiert: die Franziskusschule in Euskirchen, der Bahnübergang in Stotzheim und die Grundschule in Ülpenich. Während an der Franziskusschule in der Euskirchener Südstadt vor allem Elterntaxis für Gefahrensituationen sorgen, ist in Stotzheim der aus Sicht vieler Eltern fehlende Zebrastreifen ein Gefahrenpunkt. In Ülpenich fehlt hingegen ein Gehweg.
Stotzheim: Bahnübergang aus Sicht der Eltern ein Problem für Schulkinder
„Die gesamte Situation rund um den Bahnübergang ist für Kinder nicht ideal gelöst“, sagt Marc Olligschläger. Er ist Stotzheimer und sein Sohn geht jeden Morgen von der Jakob-Brücker-Straße zur Grundschule an der Merkurstraße.
1,7 Kilometer sind das – mitunter setzt auch Olligschläger seinen Sohn ins Auto und fährt den Nachwuchs zur Schule. Die Sorge um sein Kind sei zu groß. Der Vater wünscht sich an der L119 einen Zebrastreifen oder gar eine Bedarfsampel für Fußgänger. Beides scheint derzeit aber ausgeschlossen.
Nach Angaben der Stadt Euskirchen kann ein Zebrastreifen nicht eingerichtet werden, weil der Straßenquerschnitt zu gering und die rechtlichen Grundlagen dazu nicht erfüllt seien.
Nach Angaben von Susanne Aleksander, Leiterin des Straßenverkehrsamtes, kommt die Einrichtung der Fußgängerüberwege grundsätzlich nur dann infrage, „wenn es auch erforderlich ist, dem Fußgänger Vorrang zu gewähren, weil er sonst nicht sicher über die Straße kommt“.
Dies sei jedoch nur der Fall, wenn es die Fahrzeugstärke zulasse und es das Fußgängeraufkommen nötig mache. Diese Kriterien werden in einer entsprechenden Richtlinie genauer definiert. Danach kommt eine Anlage eines Fußgängerüberwegs nur dann in Betracht, wenn ein Fahrzeugaufkommen von mindestens 200 bis 300 Fahrzeuge je Spitzenstunde und 50 bis 100 Fußgänger in der gleichen Spitzenstunde verzeichnet werden.
Der Mühlenberg in Schleiden ist für Schulkinder eine Gefahr
Laut Olligschläger kommen in Stotzheim aber einige Aspekte zusammen, die die Situation gefährlich machen. So halten sich aus Sicht des Stotzheimers viele Autofahrer nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung, wenn sie aus Richtung Stadtwaldkreuzung kommen. Zudem gebe es entlang der Stotzheimer Straße nur einen Gehweg, um zur Stotzheimer Grundschule zu kommen. Zwar sei die Geschwindigkeit auf 120 Metern auf 30 km/h begrenzt, doch dabei handele es sich nur um graue Theorie, so der Stotzheimer. „Und dann kommt hinzu, dass die Verkehrsinseln, die die Querung erleichtern sollen, außerhalb der Tempo-30-Zone liegen“, sagt er: „Die ganze Situation ist nicht durchdacht.“
Laut Franz Küpper, Pressesprecher der Euskirchener Polizei, ist der Bereich statistisch kein Gefahrenpunkt. Lediglich vor einigen Jahren sei es mal zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen. Damals sei ein Fußgänger auf die Fahrbahn getreten, ohne auf den Verkehr zu achten, und dabei von einem Auto erfasst worden.
Auch der Weg zur Grundschule in Ülpenich ist aus Sicht einiger Eltern problematisch. Das sieht auch Verkehrsexpertin und Oberkommissarin Julia Braun so: „Eine Schule, die einen suboptimalen Schulweg hat, ist die Grundschule in Ülpenich. Dort fehlt ein Gehweg für die Schüler.“
Zülpicher Experten hat sich Situation an der Ülpenicher Grundschule genau angeschaut
Wie Torsten Beulen, Pressesprecher der Stadt Zülpich, berichtet, sei ein bautechnischer Eingriff am Eulenweg in Ülpenich aufgrund der beengten baulichen Gegebenheiten nicht möglich. Ob beispielsweise die Aufbringung einer optischen Abgrenzung eines Fußgängerweges möglich sei und ob diese zu einer Verbesserung der Sicherheit führen kann, wäre im Rahmen einer Verkehrsschau zu klären. Schulleiterin Jutta Sina machte sich im Gespräch mit dieser Zeitung für eine Einbahnstraßenregelung stark.
Die Fachabteilung der Stadt Zülpich plädiert laut Beulen aber dafür, es beim jetzigen Zustand zu belassen. „Eine Einbahnstraßenregelung würde zu einer erheblichen Verschlechterung insbesondere für die Anwohner führen. Das Verkehrsaufkommen würde insgesamt auch nicht reduziert. Gegebenenfalls wäre sogar zu befürchten, dass der Verkehr auf dem Eulenweg zunimmt, weil die Anfahrt über den Finken- und Falkenweg nicht mehr in Anspruch genommen werden könnte“, heißt es aus dem Rathaus.
„Zudem würde im Kreuzungsbereich Falkenweg/Eulenweg eine Wendemöglichkeit fehlen. Das heißt, diese geänderte Verkehrsführung würde die Verkehrsströme in angrenzenden Bereichen negativ beeinflussen.“ Die angespannte Situation an der Schule sei zeitlich auf die Bring- und Abholzeit von insgesamt etwa 30 Minuten am Werktag beschränkt. Das stehe nicht in angemessener Relation zu der übrigen Zeit der Verkehrsnutzung.
Vor einiger Zeit sorgten auch die zahlreichen Elterntaxis vor der Chlodwigschule in Zülpich für Ärger. Die Stadt richtete im Bereich des Sportplatzes eine Hol-und Bringzone ein – mit Erfolg. „Die Einrichtung der Hol- und Bringzone im Zülpicher Schulzentrum hat sich auf jeden Fall gelohnt. Jedes Auto weniger im Kettenweg ist ein Gewinn für die Schulwegsicherheit in dieser Straße“, sagt Beulen: „Natürlich wäre es toll, wenn noch mehr Verkehr aus dem Kettenweg herausgehalten werden könnte. Dies ist aber nur möglich, wenn die Eltern diese Notwendigkeit auch erkennen.“
Polizei hat einige Parameter, um einen Schulweg als sicher einzustufen
Was macht aus Sicht der Polizei einen sicheren Schulweg aus? „Ein guter Schulweg ist gegeben, wenn auf dem gesamten Weg ein Gehweg für die Schüler vorhanden ist oder an stark befahrenen Straßen Fußgängerüberwege oder Ampeln beim Überqueren helfen“, sagt Polizistin Braun.
Genau das fehlt aus Sicht von Christina Bollig in Schleiden am Mühlenberg. Dort seien weder ein Zebrastreifen noch irgendeine andere Hilfsmöglichkeit für die Kinder gegeben, sagt die Schleidenerin. „Sämtliche Verkehrsteilnehmer fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit durch die Kurve. Anhalten, um die Kinder drüber zu lassen? Fehlanzeige!“, so Bollig. Das Problem bestehe seit vielen Jahren, passiert sei bisher nichts. „Ein Zebrastreifen würde das Problem definitiv lösen. Ist aber anscheinend für Stadt und Schule nicht wichtig genug“, ärgert sich die Mutter.
Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings sagt: „Wir werden das gerne prüfen. Jeder konstruktive Vorschlag wird von der Verwaltung, aber auch von der Schule gerne angenommen.“ Pfennings gibt zu, dass er bisher eher den Ruppenberg als Gefahrenstelle im Kopf gehabt habe.
Der Kreis Euskirchen erklärt zur Situation am Mühlenberg, dass im Verlauf der Arenbergstraße wegen des Schulzentrums bereits eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h für die Zeit des Schulbetriebes bestehe. Der Bereich sei weder „unfallauffällig“ noch als Unfallhäufungsstelle identifiziert. „Die Verkehrsführung innerhalb des Schulzentrums war in den vergangenen Verkehrsschauen immer wieder ein Thema. Der Wunsch nach einem Fußgängerüberweg ist bislang noch nie an die Verkehrskommission herangetragen worden“, so Susanne Aleksander, Leiterin des Straßenverkehrsamtes.
Kreis Euskirchen macht wenig Hoffnung auf Zebrastreifen in Schleiden
Viel Hoffnung macht sie der Schleidenerin Bollig aber nicht. Der von ihr skizzierte Bereich liege in einer Kurve, sodass ein Fußgängerüberweg von Autofahrern erst spät zu erkennen wäre. „Auch hierzu macht die Richtlinie Vorgaben zur ausreichenden Sichtbarkeit des Fußgängerüberweges“, so Aleksander. Nicht zuletzt gehe die Kreispolizeibehörde inzwischen davon aus, dass zu wenig frequentierte Fußgängerüberwege auf wenig Akzeptanz bei den Autofahrern stießen und vielmehr zu neuen Gefahrensituationen führten.
Zurück zur Franziskusschule an der Uhlandstraße in Euskirchen: Wie an den wohl meisten Schulen im Kreis Euskirchen gibt es dort Eltern, die ihre Kinder am liebsten in den Klassenraum fahren würden. „Parkende Autos zwingen die Kinder dazu, auf die Straße auszuweichen. Sie geraten so gefährlich nahe an rangierende Autos anderer Eltern“, sagt der Euskirchener Heiko Slomka, der die Stelle bei dieser Zeitung als Gefahrenpunkt gemeldet hat.
Viele Elterntaxis vor der Franziskusschule in Euskirchen
Die Situation werde aufgrund des unbefestigten Straßenrandes noch verschärft, sodass „die Kinder auch bei ungehindertem Weg den Autos gefährlich nahe kommen können. Gerade in der dunklen Jahreszeit entsteht so jeden Tag eine vor allem für Kinder kaum zu überblickende Verkehrssituation direkt vor dem Schuleingang.“
Dieser Zustand existiere so schon seit Jahrzehnten, ohne dass es eine Initiative der Stadt Euskirchen gegeben habe. „Dabei ließe sich dieser gefährliche Abschnitt des Schulweges in zwei Stufen sehr effektiv entschärfen: Halteverbot entlang der Schule zugewandten Straßenseite und ein Bürgersteig mit hohem Bordstein mindestens entlang des gesamten Schulgrundstückes, um Autos auch physisch daran zu hindern, dort zu parken und stattdessen die Parkbuchten auf der schulabgewandten Straßenseite zu nutzen.“
Ein befestigter Bürgersteig würde den Kindern hinter der Franziskusschule mehr „exklusiven Straßenraum“ zugestehen und das Chaos beim fließenden und gehenden Verkehr reduzieren. Laut Slomka wäre dies durchaus möglich, „da ein schmales Flurstück in der Abmessung eines Bürgersteiges bereits herausparzelliert worden ist.“
Tim Nolden, Pressesprecher der Stadt Euskirchen, sagt, dass die Vorschläge geprüft worden seien. Die Errichtung einer schulseitigen Halteverbotszone komme zwar grundsätzlich infrage, löse aber nach Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde das Problem nicht, so Nolden: „Einerseits werden Eltern dies nach allen bisherigen Erkenntnissen ignorieren. Und zum anderen besteht die Gefahr, dass durch wahrscheinlich zunehmende Rangiervorgänge die Schulkinder noch einmal zusätzlich gefährdet werden.“
Im Übrigen ergebe eine solche Beschilderung nur Sinn, wenn sie auch entsprechend engmaschig kontrolliert werde. Dies werde mit Blick auf die vorhandenen personellen Ressourcen der Verkehrsaufsicht nur mit Einschränkungen möglich sein.
Mit Blick auf die anstehenden Baumaßnahmen an der Schule erscheine es derzeit nicht sinnvoll, einen Gehweg anzulegen, heißt es aus dem Rathaus. Nolden zufolge werden aber weitere Findlinge entlang des Wiesenstreifens vom Technischen Dienst platziert.