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In Zülpich zu GastPolitiker im Kreis Euskirchen fordern von Minister mehr Tempo im Hochwasserschutz

Lesezeit 4 Minuten
NRW-Minister Oliver Krischer (M.) lässt sich die Hochwasserschutz-Projekte erklären.

In Zülpich und Schwerfen schaute sich Minister Oliver Krischer (M.) mit Landrat Markus Ramers, Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen und dem Landtagsabgeordneten Klaus Voussem den geplanten Hochwasserschutz an.

NRW-Umweltminister Oliver Krischer war in Zülpich zu Gast, um sich über mehrere Hochwasserschutzprojekte zu informieren. Dabei machten die Lokalpolitiker keinen Hehl daraus, dass es ihnen bei der Umsetzung nicht schnell genug gehe.

Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen redete sich förmlich in Rage. „Wir sind darauf angewiesen, dass pragmatisch entschieden wird. Wir haben nichts von Reden. Solche Maßnahmen dürfen keine Jahre dauern. Wir hier vor Ort werden ständig gefragt, wann denn endlich was passiert und wir sind diejenigen, die am wenigsten entscheiden können“, sagte der Verwaltungschef und blickte dabei NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer an.

Der war nach Zülpich gekommen, um sich über aktuelle Hochwasserschutzprojekte zu informieren. Der gebürtige Zülpicher zeigte sich mit Blick oberhalb Schwerfen auf das Rotbachtal einsichtig und entgegnete: „Ich weiß, wie begrenzt die Spielräume bei Gestaltungsmöglichkeiten von Kommunen und Kreisen sind. Ich kann ihnen zusagen, dass wir die Projekte unterstützen und möglich machen – inklusive pragmatischer Herangehensweise.“

Krischer: Hochwasserschutz und Naturschutz schließen sich nicht aus

Zudem sagte Krischer, dass sich Natur- und Hochwasserschutz nicht ausschließen müssten. Mitunter könne sogar eine Win-Win-Situation entstehen. Eine solche Situation, in der es viele Gewinner gibt, plant die Stadt Zülpich mit dem Erftverband im Weingartener Tal vor Schwerfen.

Durch den Bau eines maximal 8,75 Meter hohen und am Fuß 50 Meter breiten Dammes könnten im Bedarfsfall auf einer Einstaufläche von rund sechs Hektar zirka 165 000 Kubikmeter Wasser des Rotbachs zurückgehalten und zeitlich verzögert abgelassen werden, erläuterte Ottmar Voigt, Beigeordneter der Stadt Zülpich dem Minister.

Die Sonne geht über dem Rotbachtal auf.

Im Rotbachtal plant der Erftverband mit der Stadt Zülpich ein Hochwasserrückhaltebecken zu errichten.

Neu ist die Idee nicht. Bereits in den 1980er-Jahren war der Bereich oberhalb der Talmühle für ein Rückhaltebecken im Gespräch gewesen. Die Idee wurde aber unter anderem aus Naturschutzgründen verworfen. Nun ist sie nach der Hochwasserkatastrophe 2021 wieder auf dem Tisch – zumal Schwerfen bereits 2016 von einem starken Hochwasser betroffen war. Und, weil sich die Beteiligten einig sind, dass Naturschutz wichtig sei, aber auch der Hochwasserschutz eine bedeutende Rolle im Leben der Menschen spiele.

Alle Politiker, die bei der Besichtigung dabei waren, hofften, dass nicht wieder Jahre ins Land ziehen, bevor es nun um die Umsetzung des Projekts geht. „Das Rauschen des Wassers in der Hochwassernacht bekommen die Menschen hier, aber auch im gesamten Kreis, nicht mehr aus dem Kopf“, sagte Michael Sita, Ortsvorsteher von Schwerfen. Die Furcht vor einem neuerlichen „Grundrauschen“ müsse man den Menschen nehmen.

Beim zweiten Schritt, Maßnahmen umzusetzen, hängen wir immer hinterher
Ulf Hürtgen, Bürgermeister von Zülpich

Bürgermeister Hürtgen ergänzte: „Menschen und Maschinen zusammenzubringen. Da macht uns in Deutschland keiner was vor. Das hat auch die Flutkatastrophe gezeigt. Beim zweiten Schritt, Maßnahmen umzusetzen, hängen wir immer hinterher. Das ist ein Riesenproblem“, so der Bürgermeister.

Klaus Voussem, Landtagsabgeordneter der CDU, schlug in die gleiche Kerbe: „Schnell und unbürokratisch können wir einfach nicht. Da müssen wir hin.“ Neben dem Hochwasserrückhaltebecken im Rotbachtal streben die Zülpicher eine Lösung für den Vlattener Bach, in unmittelbarer Nähe des Zülpicher Sees an. Geplant ist den Zülpicher Wassersportsee als Abschlagbecken für den Vlattener Bach zu nutzen.

Zülpicher See: 200 Meter lange Schneise nötig

Dafür muss eine Überlaufkante am Vlattener Bach gebaut werden, über die das Wasser im Notfall ablaufen könne. Vergleichbar sei das mit dem Überlauf am Neffelsee. Es sei eine etwa 200 Meter lange Schneise nötig, erklärte Dr. Peter Kramp, Hochwasserschutz-Berater der Stadt Zülpich. Die Schneise sei etwa tennisplatzbreit und einen Meter tief.

Das Wasser des Vlattener Bachs fließe dann bei einer Menge, die etwa einem 100-jährlichen Hochwasser gleichkommen, in den Zülpicher See. „Der ist 85 Hektar groß und hat Platz für mindestens einen Meter Wasser. Wir haben also ganz schnell ein Volumen von bis zu eine Million Kubikmeter Wasser“, erklärte der Ingenieur.

Landrat Markus Ramers fordert mehr Tempo beim Hochwasserschutz

Hürtgen: „Diesen Puffer dürfen wir einfach nicht ungenutzt lassen, zumal der See in den vergangenen Jahren Wasser verloren hat.“ Oberste Ziele des Starkregen- und Hochwasserschutzes, ergänzte Kramp, seien die Minimierung der Schäden an Mensch und Gut.

Landrat Markus Ramers sagte zu den Vorortterminen: „Wir brauchen mehr Tempo beim Hochwasserschutz. Wir bauen in vielen Orten die zerstörte öffentliche und private Infrastruktur wieder auf – auch mithilfe von Steuergeldern in Milliardenhöhe. Doch besser geschützt vor Schäden in einem solchen Ausmaß sind wir bisher nicht.“

Die zugesagte Unterstützung des Ministers und die Botschaft, dass Hochwasserschutz und Naturschutz kein Widerspruch sein müssen, seien ein positives Zeichen gewesen, so der Kreis-Chef.