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Biologische StationenGemeinsames Projekt soll Saatgut-Produktion in der Region fördern

Lesezeit 3 Minuten
Eine Gruppe Menschen steht vor einem Baum, in der Mitte halten ein Mann und eine Frau eine Förderurkunde in die Kamera.

100.000 Euro für Regio-Saatgut hatte Harry Kurt Voigtsberger (5.v.r.), Ehrenpräsident der NRW-Stiftung, im Gepäck. Die Förderurkunde überreichte er stellvertretend an die Dürener Biostation-Chefin Heidrun Düssel.

Der Kreis Euskirchen und viele seiner Nachbarn arbeiten an Regio-Saatgut. Ein lukratives Standbein für Landwirte soll sich entwickeln.

Harry Kurt Voigtsberger weiß, was Pferde wünschen – ganz speziell, was seinem Wallach besonders gut schmeckt. Den haben er und seine Frau auf dem Bosselbacher Hof in Vossenack eingestellt. „Und dieses Ross sucht sich sein Heu aus“, erzählte der Ehrenpräsident der NRW-Stiftung Natur, Heimat, Kultur, in der Biologischen Station des Kreises Düren in Nideggen-Brück.

Anlass für Voigtsbergers launige Anekdote war die Überreichung eines Schecks in Form einer Förderurkunde. Denn die Stiftung – an deren Spitze stand der frühere NRW-Wirtschaftsminister im Kabinett von Hannelore Kraft fünf Jahre – unterstützt mit einem Zuschuss von bis zu 100.000 Euro ein Öko-Projekt, mit dem der Anbau von regionalem Saatgut in der Eifel und im Bergischen Land gefördert werden soll.

Harry Kurt Voigtsberger kennt die Eifel gut

Der 74-Jährige, im Allgäu geboren und zum Studium nach Aachen gekommen, empfindet längst das Grenzland als seine Heimat. Er lebt im belgischen Raeren-Eynatten, war viele Jahre (kommunal-)politisch aktiv für die SPD, unter anderem im Aachener Stadtrat. Vor seiner Ministerzeit war er Direktor des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), davor in anderen leitenden LVR-Funktionen. Und eben von 2012 bis 2017 Präsident der NRW-Stiftung. Privat ist er öfters in der Gegend, kreuzte auch schon mal per Kajak auf der Rur – für ihn war der Termin in Nideggen somit ein Heimspiel.

Voigtsberger kennt die Region inzwischen bestens, weiß sogar, wo in der Eifel blaue Enzianblüten wachsen, die ihn an seine bayerische Herkunft erinnern. Und er kennt die Gräser und Kräuter, die typisch für die Region sind – und die seinem Pferd so gut munden. „Gerade Schafgarbe ist Superfood für Pferde, das weiß der Wallach“, sagte Voigtsberger. Dazu Klee, Spitzwegerich und andere Heilkräuter. Sein Vierbeiner knabbere diese Pflanzen gezielt auf der Wiese ab, als wisse er um diese gesundheitsfördernde „Hausapotheke für Pferde“.

Biologische Stationen freuen sich über Geldsegen

Voigtsbergers Geldsegen, den zu 80 Prozent die NRW-Lottogesellschaft West-Lotto aus Spiel-Erträgen beisteuert, traf auf dankbare Abnehmer. Da war zunächst Gastgeberin Heidrun Düssel: Die Biologin ist Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin der Biologischen Station im Kreis Düren.

Sie nahm die Förderurkunde auch stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen der Biologischen Stationen des Kreises Euskirchen in Nettersheim (Stefan Meisberger), der Städteregion Aachen in Stolberg (Dr. Björn Scholz-Starke), zudem aus Bonn/Rhein-Erft-Kreis, Mittlere Wupper, Oberberg, Rhein-Berg und Haus Bürgel (Düsseldorf/Kreis Mettmann) entgegen. Ferner sind die Naturparke Hohes Venn-Eifel und Bergisches Land mit in diesem Projekt vernetzt. Förderer ist auch die Abteilung Kulturlandschaftspflege des Landschaftsverbands Rheinland.

Mit Blick auf das Artensterben ist der Einsatz von regionalem Saatgut bei Ansaaten in der freien Landschaft bereits seit 2020 verpflichtend. Bisher fehlte den professionellen Naturschützern jedoch besonders in der Eifel entsprechendes Saatgut. Die daraus wachsenden Wildpflanzen auf artenreichen und bunt blühenden Grünlandflächen sollen Bienen und anderen Insekten sowie Vögeln als Nahrungsquelle und damit Lebensgrundlage dienen.

Regio-Saatgut soll Landwirten ein lukratives Standbein bieten

Über die Koordination aller beteiligten Partner durch die Dürener Station – hier federführend deren Projektleiterin, die Biologin Astrid Uhlisch – soll erreicht werden, dass weitere Landwirte zum Anpflanzen entsprechender Pflanzenarten motiviert werden. Daraus sollen dann die Samen für künftige Kulturen gewonnen werden. Spätestens bis zum Ende der Projektzeit 2027 sollen die Bauern so ein wirtschaftlich lukratives neues Standbein entwickeln.

Um wertvolle Pflanzen wie die hellblau blühende Rapunzel-Glockenblume erfolgreich ernten zu können, ist jedoch viel Handarbeit nötig. Die Dürener Station verfügt über einige Maschinen zum Ausleihen wie einen speziell hergerichteten Claas-Mähdrescher oder ein ähnlich einsetzbares „Schätzchen aus DDR-Zeiten, einen Hamster“, wie es hieß, die bei der mühsamen Feldbestellung hilfreich sind. Solche „Reihenfräsen“ sollen dabei unterstützen, unerwünschte Pflanzen, die sogenannten Beikräuter, mechanisch zu beseitigen.

Schließlich soll auf den aufgebrochenen Öko-Wiesen keinerlei Dünger oder Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Etwa zehn Kilogramm des geernteten Samens reichen für einen Hektar.