Ein Wolfsexperte rät zur Vorsicht: Vor allem private Tierhalter im Kreis Euskirchen haben beim Thema Herdenschutz oft noch Nachholbedarf.
TierschutzSorge vor Wölfen im Kreis Euskirchen wird größer – Rudelbildung eine Frage der Zeit
Rudelbildung – auf dem Fußballplatz ist dieses Stichwort zumindest für die Zuschauenden oft mit einem gewissen Unterhaltungswert verbunden. Denken Tierhalter hingegen daran, hält sich der Spaß für sie in Grenzen. „Die Frage ist nicht ob, sondern wann sich auch bei uns ein Wolfsrudel bilden wird“, sagt Markus Wunsch, Revierförster im Regionalforstamt Hocheifel – Zülpicher Börde und Wolfsberater. Noch sei es nicht so weit, betont Wunsch: „Aber es wird auch keine fünf Jahre mehr dauern.“
Ein Blick über die Kreisgrenzen macht deutlich, dass sich Isegrim längst heimisch fühlt im Eifeler Wald: Im Hohen Venn bei Monschau wurde im vergangenen Sommer ein Wolfsrudel fotografiert, und auch im belgischen Büllingen soll sich laut Experten des wallonischen Wolfsnetzwerks „Le Réseau Loup“ ein Wolfspaar niedergelassen haben. Man rechne damit, dass das ständig zwischen Belgien und Deutschland pendelnde Paar in diesem Jahr ein Rudel gründen werde.
Im Kreis Euskirchen ist die Zahl nachgewiesener Wolfsrisse bislang sehr überschaubar: Lediglich fünf wissenschaftlich bestätigte Fälle, zwei bei Nutztieren und drei bei Wildtieren, listet das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) in seiner Internet-Datenbank auf. Zum Vergleich: Im Raum Monschau, Simmerath und Roetgen sind seit 2019 insgesamt 15 Fälle allein bei Nutztieren bestätigt. Und auch aus Rheinland-Pfalz werden höhere Zahlen gemeldet. 28 Nutztiere (zumeist Schafe und Ziegen) wurden seit der Rückkehr des Wolfs im Kreis Bitburg-Prüm gerissen.
Kreis Euskirchen Elektrozäune bieten Schutz vor Wölfen
„Sobald sich hier ein Rudel bildet, werden die Zahlen auch im Kreis Euskirchen ansteigen“, prognostiziert Wunsch: „Die jagen in der Gruppe ganz anders.“ Für Tierhalter hat er daher einen eindeutigen Rat: „Investieren Sie in den Schutz der Weidetiere.“ Elektrische Zäune seien ein wirksames Mittel, um den Wolf fernzuhalten. „Wichtig ist, dass die Zäune stabil und vor allem dicht sind“, betont er. Eine Höhe von 1,20 Metern reiche aus, so Wunsch weiter: „Noch besser sind 1,60 Meter, denn in der Regel überspringen Wölfe die Zäune nicht.“
Schafhalter Hermann Vogt aus Schleiden-Morsbach bezweifelt diese Aussage: „Die Wölfe sind lernfähig. Und wenn sie einmal einen Zaun erfolgreich überwunden haben, geben sie dieses Wissen sicher auch an die Jungtiere weiter.“ Der Hobbylandwirt hat sich bereits frühzeitig Gedanken um den Schutz seiner Rhönschafe gemacht, als es bei Betrieben auf der Dreiborner Hochfläche die ersten Zwischenfälle mit Wölfen gab. „Die mobilen elektrischen Hütenetze, die ich jetzt verwende, sind 1,20 Meter hoch – früher hatte ich nur welche in einer Höhe von 90 Zentimetern“, sagt Vogt. Trotzdem: „Richtig sicher kann man sich nie fühlen, wenn die Herde im Sommer nachts auf der Weide ist. Um sie tatsächlich wirksam zu schützen, müsste man sie jede Nacht einstallen.“
Dahlem-Kronenburg: Sorge um die Shetland-Ponys
Auch Sabine Thur aus Dahlem-Kronenburg hat Angst um ihre Tiere. Sie betreibt einen privaten Gnadenhof mit derzeit 32 Pferden, neun Mini-Shetland-Ponys und einem Esel. „Eigentlich will ich die Tiere nicht einstallen, denn sie sollen bei mir möglichst artgerecht gehalten werden“, sagt die Tierschützerin: „Die Großpferde sind nicht das Problem, die können sich verteidigen. Aber um die Ponys mache ich mir Sorgen.“
Emotionale Bindung zum Tier Wolfsberater Markus Wunsch sieht insbesondere bei Hobby-Tierhaltungen Nachholbedarf in Sachen Herdenschutz. „Das ist natürlich problematisch, weil Hobby-Landwirte oft eine viel emotionalere Bindung zu ihren Tieren haben. Aber wenn ich den Kühlschrank offen lasse, dann muss ich mich nicht wundern, wenn der Wolf ihn leer macht“, findet Wunsch ein passendes Bild für unzureichende Weidezäune.
„Wir müssen uns wieder viel klarer machen, dass der Zaun als Schutz gegen Eindringlinge von außen dient und nicht nur den Zweck hat, die Tiere auf der Weide am Weglaufen zu hindern“, betont Wunsch. Sabine Thur sagt, dass es am Willen, etwas zu tun, bei ihr nicht mangele: „Ich will aktiv werden, bevor etwas passiert, denn ich würde krank werden, wenn ich ein gerissenes Tier auf der Weide finden würde. Die sind doch wie meine Kinder“, sagt sie.
Von der Landwirtschaftskammer hat sie sich deshalb zum Thema Herdenschutz beraten lassen – und mit den Fachabteilungen der Kreisverwaltung stimmt sie derzeit ab, was sie baulich auf ihren Flächen zum Schutz der Tiere tun könnte. „Das ist ein Thema, mit dem sich jeder Tierhalter künftig noch intensiver befassen muss“, bestätigt Wolfsexperte Wunsch.