Mehr als 100 Tonnen Sojabohnen werden jede Woche im Tofutown-Werk in Gerolstein-Wiesbaum zu Tofu und zahlreichen veganen Fleischersatzprodukten verarbeitet.
Vegane ErnährungTofutown in Vulkaneifel verarbeitet 100 Tonnen Sojabohnen pro Woche
Was ist eigentlich Tofu? Die Frage stellen sich vermutlich vorrangig Vegetarier und Veganer. Im Grunde könne man sagen, Tofu sei ein bisschen wie stark gepresster Sojaquark, erklärt Kai Weltermann, Leiter des Tofutown-Werks in Wiesbaum. Erst seit kurzem verantwortet er den Standort, an dem hauptsächlich vegane Fleischalternativen produziert werden. Es ist einer von drei in Deutschland, einen weiteren Ableger gibt es in Virginia in den USA.
Etwa 350 bis 400 Menschen beschäftigt der Hersteller für vegane Fleischersatzprodukte in Deutschland und den USA, am Standort in Wiesbaum arbeiten Weltermann zufolge etwa 160 bis 180 Menschen. Marken wie Veggie Life oder Kato stehen mittlerweile nicht mehr nur in Reformhäusern, sondern auch in gängigen Supermärkten. Die Erfolgsgeschichte ist ungewöhnlich, immer mal wieder rückt das Unternehmen in den medialen Fokus: Der Gründer ist ein ehemaliger Punk-Musiker, „Tofu-König“ nennt der Stern Bernd Drosihn.
Strenge Hygieneregeln in der veganen Wurstfabrik in Wiesbaum
Von den antikapitalistischen Wurzeln merkt man in dem Werk in Wiesbaum auf den ersten Blick nicht mehr viel. Riesige Maschinen füllen die weitläufigen Produktionshallen, in denen buchstäblich am Fließband formvollendete Tofu-Nuggets, vegane Wiener Würstchen und Blöcke fermentierten Sojas eingeschweißt werden.
Ab und an merkt man aber doch etwas von den Ursprüngen. Etwa, wenn die Frage nach dem Beschäftigungsverhältnis der Mitarbeiter aufkommt. „Unsere Bandmitarbeiter sind eigentlich alle fest angestellt“, sagt Weltermann und hebt die Mundwinkel: „Ja, das ist eher ungewöhnlich.“ Die Mitarbeiter kennt er alle mit Namen, beim Rundgang scherzt er mit ihnen. Er weiß, wer am besten mit dem Gabelstapler fahren kann und „wer wie ein zerstreuter Professor wirkt, aber eigentlich großartig ist“.
Wer die vegane Wurstfabrik betreten will, muss erstmal eine Hygieneschleuse durchqueren: Haare und Schuhe wandern in Stoffüberzieher, über der Straßenkleidung tragen Besucher einen Kittel. Dann wird sich desinfiziert.
Im Werk kommen jede Woche mehr als 100 Tonnen Sojabohnen an
Im Wiesbaumer Werk kann man Weltermann zufolge den „Weg der Bohne“ nachgehen. Los geht es an der Warenannahme: Jeder Lastwagen transportiert laut Weltermann 33 „Big Packs“ mit je 800 Kilo Bohnen zu der Firma, etwa vier Lastwagen pro Woche kommen hier an, also mehr als 100 Tonnen. An der Annahmestelle entlädt einer der Angestellten die Säcke mit einem Gabelstapler und bringt sie ins Lager. Dort müssen die Sojabohnen, die Weltermann zufolge aus Deutschland und Österreich stammen, meist erstmal auf ihren weiteren Einsatz warten. Am Tag könnten die drei großen Maschinen in drei Schichten Bohnen aus 27 der Säcke verarbeiten, so der Werksleiter.
Dazu müssen die Bohnen zuerst aufgeweicht werden, um Sojamilch herzustellen. Anschließend wird die Masse mit Wasser aufgekocht. Beim Abschütten trennt die Maschine die festen Bestandteile der Bohnen, zurück bleibt Sojamilch. Mithilfe eines Gerinnungsmittels erhält die Sojamilch eine feste Form und wird entweder weiterverwertet oder in Quader gepresst.
Die Würzmischungen werden speziell für Tofutown hergestellt
Am Ende werden die Produkte noch erhitzt, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Je nachdem, wie lange die Lebensmittel haltbar sein sollen, werden sie in einem Autoklav auf über 100 Grad erhitzt oder in einem Pasteurisierungsschrank auf weniger als 100 Grad. Dann wird das Ganze eingeschweißt und ins Kühlhaus gebracht, in dem die Halbfertigprodukte lagern, die sich bereits in ihrer Primärverpackung befinden. „Das ist die Verpackung, die mit dem Produkt in Berührung kommt“, erklärt der Werksleiter. Auch Ware, die „verkuttert“ wird, landet hier zur Zwischenlagerung. „Verkuttern bedeutet im Grunde, dass das noch weiterverarbeitet wird“, so Weltermann.
In die Sekundärverpackung gelangen Nuggets, Würstchen und Cevapcici dann wieder durch Mitarbeiter. Sie packen die primärverpackten Lebensmittel händisch in die Papierkartons, eine Maschine druckt dann das Mindesthaltbarkeitsdatum auf. Dann geht es wieder ins Lager, bis die Paletten an den Lebensmittelhandel geliefert werden.
Auch die fertigen Würzmischungen lagern bei Tofutown so lange, bis sie zum Einsatz kommen. „Die werden extra für uns gemischt“, sagt Weltermann.
Die Mitarbeiter sind längst nicht alle Veganer
Um bei Tofutown zu arbeiten, gebe es übrigens keine Pflicht zum Veganismus, erklärt der Werksleiter mit einem Augenzwinkern. „Ich esse selbst wenig Fleisch, aber Veganer bin ich nicht“, sagt er. Tatsächlich seien auch die Maschinen, die in der Fabrik zum Einsatz kommen, zum Teil vergleichbar mit denen aus der herkömmlichen Fleischproduktion, erzählt er. „Die Maschine, die wir benutzen, könnte so auch für normale Würste verwendet werden“, so Weltermann: „Normalerweise wird da echter Darm verwendet; das machen wir natürlich nicht, wir verwenden Kunstdarm.“
Nischenprodukte sind vegane Lebensmittel seiner Einschätzung nach schon lange nicht mehr. „Die Produkte sind mittlerweile sehr, sehr gut. Vor 20 Jahren war man noch froh über jedes vegane Produkt, das es überhaupt gab. Heute sind sowohl Vielfalt als auch Geschmackserlebnis viel besser.“
Das Unternehmen
Seit 1981, also seit mehr als 40 Jahren, gibt es das Unternehmen bereits. Damals noch unter dem Namen „Soyastern“, war der Betrieb nach eigenen Angaben eine der ersten „Tofureien“ Deutschlands. 2001 war das Unternehmen an den heutigen Standort in Wiesbaum gezogen, 2003 folgte die Umbenennung in „Tofutown“. Es folgten weitere Markengründungen wie „Soyatoo!“ und die Eröffnung neuer Standorte in den USA und Lüneburg.
Mit einer „Pflanzenkäserei“ in Neukirchen expandierte das Unternehmen 2013 weiter. 2016 folgte dann die Gründung der Tiefkühlmarke „Käpt’n Tofu“. Anstoß war nach Unternehmensangaben ein Umzug in eine Fischfabrik in Lüneburg, die neue Möglichkeiten zum Herstellen von Tiefkühlprodukten bot. (enp)